Masochistisch

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Kapitel 7

Joko hatte sich in seinen feinsten Anzug geschmissen und war bereit, sich unter die Leute zu mischen. Heute Abend ging es darum Kontakte zu knüpfen. Neue Menschen und deren Projekte kennenzulernen. Es hatte nichts damit zu tun, dass er heute Abend eine Ablenkung benötigte. Ganz und gar nicht.

Andy war bereits dabei neue internationale Kontakte für Sushi Bikes an Land zu ziehen. Wie aufgeregt er gewesen war, als Joko ihm die Einladung zu dieser Veranstaltung gezeigt hatte, schließlich würden sich hier Unternehmer aus der ganzen Welt tummeln. Denn dafür war Joko schließlich da. Neueinsteigern die Welt zu öffnen und neue Möglichkeiten zu bieten. Das machte ihm Spaß. Dafür wollte er seine Reichweite nutzen.

Gedankenverloren trank er einen Schluck von seinem Wein und sah sich um. Seit er zurück in München war, war seine Woche sowohl arbeitsreich als auch entspannend gewesen. Joko mochte seinen Arbeitsalltag. Zwischen Telefonaten, E-Mails und Video-Konferenzen hatte er sich die Zeit genommen aufs Rennrad zu steigen und die Seele baumeln zu lassen. Seinem Knie ging es besser, deswegen konnte er das Rad fahren wieder genießen. Das Geschenk von Klaas immer an seinem Handgelenk. Seit Klaas ihm das Armband am Sonntag umgelegt hatte, war es an seinem Platz geblieben. Nie hatte er es abgenommen. Es war sein ständiger Begleiter. So auch heute.

Sie hatten sich geschrieben. Klaas steckte in den letzten Vorbereitungen für den heutigen Abend. Der Premierenabend der Bühnenshow mit Jan. Deswegen hatten sie nicht telefoniert. Irgendwie hatten sie nie einen Zeitpunkt gefunden, an dem es bei ihnen beiden gepasst hatte. Also schrieben sie sich. Kleinigkeiten. Schickten sich lustige Bildchen hin und her. Teilten kleine Anekdoten miteinander.

Wegen des heutigen Abends verspürte er auch nur leichte Magenschmerzen. Jan und Klaas hatten die ganze Woche bereits aufeinander gehockt. Das konnte er zumindest aus Klaas' Nachrichten schließen. Er versuchte die Eifersucht nicht aufkommen zu lassen. Lenkte sich mit Arbeit oder neuen Hobbys ab. Mal mehr, mal weniger erfolgreich.

Es hatte geholfen, dass Klaas nicht ganz subtil mit seiner eigenen Eifersucht gewesen war. Die heiße Promo Phase hatte begonnen. Noch knapp zwei Wochen bis zur ersten Sendung von Wer stiehlt mir die Show und die Kandidaten wurden nach und nach enthüllt. Klaas hatte versucht, es aus ihm heraus zu kitzeln, aber er war standhaft geblieben. Hatte auch Schmitti und Jakob zum Schweigen verdonnert. Zum Glück erfolgreich.

Dass Jeannine zu den neuen Kandidaten gehörte, war abermals nicht bei jedem gut angekommen. Joko versuchte sich nicht allzu viele Gedanken dazu zu machen. Vielleicht würde die Ausstrahlung etwas daran ändern. Das Video mit Jeannine hatte er bereits vor Wochen aufgenommen. Als sie noch im Studio gewesen waren und die Folgen drehten. Der Teaser auf Instagram war eingeschlagen wie eine Bombe.

„Kann ich Ihnen noch einen Wein bringen?", wurde Joko von einer Kellnerin aus seinen Gedanken gerissen. Überrascht schaute er sie an, bevor sein Blick zum Glas wanderte. Er hatte nicht mal gemerkt, dass es bereits leer war.

„Oh, das wäre super nett. Glaub da ist ein Loch in meinem Glas."

Lachend nahm sie es entgegen und versprach, mit einem neuen Glas schnell zurückzukommen. Joko sah ihr hinterher und horchte in sich hinein. Aber da war nichts. Kein Kribbeln. Kein Zucken. Kein Herzklopfen. Dabei war sie hübsch und schien eindeutig in Flirtlaune. Als sie wenige Momente später mit seinem Wein zurückkam, lächelte sie ihn interessiert an.

„Vielen Dank ..."

„Melissa", bot sie ihm an.

„Ah, Melissa, vielen Dank! Das ging wirklich schnell."

Fast schon schüchtern blickte sie ihn an und drückte das leere Tablett an ihre Brust.

„Dafür bin ich da", sagte sie und biss sich auf die Unterlippe. „Aber ich wollte Ihnen noch sagen, dass ich ein großer Fan bin. Ich freue mich schon sehr auf die neuen Folgen von ‚Wer stiehlt mir die Show?'."

Tabula RasaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt