Kapitel 3
Joko wippte ungeduldig mit dem Fuß.
„Hast du meinen grauen Pullover gesehen?", kam Klaas' laute Stimme von oben.
„Schlafzimmer. Neben der Kommode."
Schnelle Schritte. Stille.
„Wo ist meine verdammte Sonnenbrille?"
Schmunzelnd verschränkte Joko die Arme vor der Brust und lehnte sich im Flur an die Wand.
„Hast du auf deinem Kopf nachgeschaut?"
Stille. Undeutliches Brummeln, welches Joko ein Lachen entlockte. Und die Leute hielten Klaas für den Organisierteren von ihnen beiden. Könnten sie ihn in diesen Situationen sehen, würden sie das sicher nicht mehr denken. Doch Joko wollte diese Momente gar nicht teilen. Sie gehörten nur ihm.
„Hast du jetzt alles? Wir wollten schon vor 20 Minuten losfahren."
„Alter, hetz mich nicht!"
„Warum hast du nicht schon gestern Abend alles eingepackt?"
„Weil mich ein gewisser Jemand abgelenkt hat! Schon vergessen?"
Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen lehnte Joko nun den Kopf an die Wand. Natürlich erinnerte er sich. Nach ihrer Badewannen Aktion und dem anschließenden Putzen hatten sie tatsächlich andere Sachen im Kopf gehabt als ihre Koffer zu packen. Gut, dass Joko das vorher schon in Angriff genommen hatte.
„Kann ich doch nix für, dass du so leicht abzulenken bist."
„Alles nur deine Schuld!", sagte Klaas als er endlich die Treppe herunterkam, die gepackte Tasche in der Hand, die Sonnenbrille auf der Nase.
„Hab ich gern gemacht."
Joko ließ seinen Blick über ihn wandern. Angespannte Schultern. Die freie Hand zur Faust geballt. Die Stirn gerunzelt. Klaas mied es ihn anzusehen.
„Hey!", sagte er sanft, als Klaas an ihm vorbeigehen wollte. Er hielt ihn am Arm fest und schob ihm die Sonnenbrille mit der anderen Hand in die Haare. Ihre Blicke trafen sich. „Danke, dass du dir die Woche frei gemacht hast! Ich weiß, du hast im Moment viel um die Ohren und mal eben wegfahren ist sonst nicht drin. Deswegen ... Ich wollte nur sagen, wie viel mir das bedeutet."
Stumm blickte Klaas ihn an. Joko konnte nicht verhindern, dass der Blick ihn nervös machte. Was ging in dem Anderen vor? Klaas' Stimmungen konnten schneller umschlagen, als das Wetter in den Bergen. War er angespannt, weil es heute zurück nach Berlin ging? Bereute er den Urlaub vielleicht schon? Joko rechnete schon nicht mehr mit einer Antwort, als Klaas in seinen Nacken griff und ihn an sich zog, ihre Lippen zusammen brachte.
Überrascht riss Joko die Augen auf. Was sein Verstand noch nicht ganz verarbeitet hatte, nahm sein Körper willig auf. Immer noch an der Wand lehnend, wurde er von Klaas dagegen gedrückt. Ihre Körper wollten sich nah sein, als hätte es die letzte Nacht, die letzten Tage nicht gegeben. Als hungerten sie nach mehr Berührung, mehr voneinander. Joko schloss die Augen und gab sich hin. Nicht wild, nicht leidenschaftlich, eher behutsam, liebevoll war der Kuss.
„Ich hab das hier auch gebraucht. Du ahnst gar nicht wie sehr", hauchte Klaas gegen seine Lippen, als er sich von ihm löste. Nach wie vor lag seine Hand in Joko's Nacken, griff dort leicht in das kurze Haar.
„Okay ...", antwortete Joko leise und lächelte.
„Jetzt lass uns fahren. Sonst kommen wir nie in Berlin an."
Nach einem letzten schnellen Kuss lösten sie sich voneinander und verließen die Hütte. Klaas nutze die Gelegenheit sich den Autoschlüssel zu schnappen, als Joko gerade die Tür abschloss. Einen Protest auf den Lippen drehte er sich bereits zu Klaas um, als dieser nur den Kopf schüttelte.
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Tabula Rasa
أدب الهواة*Wattys Gewinner 2022* *Amby Awards Gewinner 2023* Joko dachte, er hätte alles im Griff. Bis zu dem Tag an dem das Kartenhaus zusammen stürzt. Das Zwei alte Hasen Comeback, Klaas' Beziehung und Joko's Projekte drohen ihn aus dem Gleichgewicht zu bri...