Allein

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Kapitel 13

Ein kleines Licht erhellte das ansonsten dunkle Zimmer. Das Handy hörte nicht auf zu vibrieren. Eine Nachricht nach der Anderen traf ein. Alle paar Sekunden rief jemand an. Es wollte nicht aufhören. Joko starrte an die Decke.

Keine Ahnung, wie spät es war, aber seit er in seinem Hotelzimmer angekommen war und sich einfach aufs Bett hatte fallen lassen, hatte er sich nicht großartig bewegt. Später hatte er sich das Handy aus der Tasche gezogen und es neben sich geworfen, als es einfach nicht aufhören wollte sich zu melden. Das Geräusch machte ihn so langsam wahnsinnig.

Er wusste nicht, was er fühlen sollte. Ein Gedanke folgte dem Nächsten. Ihr Geheimnis war jetzt da draußen. Jeder wusste von ihrer Affäre. Jeder kannte die bittere Wahrheit dahinter. Einfach jeder. Joko wollte gar nicht wissen, was in den sozialen Netzwerken los war. Die Nachricht hatte sich vermutlich schneller verbreitet, als jemand es hätte stoppen können. Weil niemand so eine Wendung hatte vorhersehen können.

Wieder vibrierte es wie verrückt neben ihm. Langsam drehte Joko den Kopf zur Seite und blickte zum hellen Display. Brachte es aber nicht über sich genauer hinzusehen. Er wollte nicht wissen, was in der Welt draußen los war. Ob die Welt um ihn herum schon in Schutt und Asche lag.

Jahrelang hatten sie das Rivalenimage aufrechterhalten und nun kamen sie mit dieser Affäre um die Ecke. Würde ihnen irgendwer noch das Duell um die Welt abkaufen? Was hielt der normale deutsche Zuschauer davon? Was dachten die jetzt von ihm? Joko und Klaas gegen Prosieben war nicht das Problem, aber wollte er das überhaupt noch? Konnten sie nach allem noch zusammenarbeiten? War das hier das Ende von Joko & Klaas? Was dachte ...

Seine Familie!

Joko riss die Augen auf und schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. Er musste mit seiner Familie reden. Sie durften es nicht aus den Schlagzeilen erfahren. Panik machte sich in ihm breit. Nicht nur seine Familie, auch seine Kollegen, Mitarbeiter, einfach jeder mit dem er jemals zusammen gearbeitet hatte, würde es jetzt erfahren. Was würden sie von ihm denken? Wollte überhaupt irgendwer noch mit ihm zusammen arbeiten? Er musste mit Linda sprechen. Seine Agentin musste wissen, auf was sie sich einstellen sollte. Was sie erwartete.

Wieder fiel sein Blick aufs Handy. Aber nicht heute Abend. Nicht mit diesem Handy. Er schaffte es einfach nicht sich die Nachrichten anzusehen. Er wollte Matthias anrufen. Er wollte Paul anrufen. Aber er konnte nicht. Er würde es nicht überstehen, irgendwas zu lesen. Wie hatte er so dumm sein können?

Joko zuckte heftig zusammen als es an seiner Tür klopfte. Leise. Zaghaft. Und trotzdem hatte er das Gefühl, sein Herz würde aus der Brust springen. Er wollte jetzt niemanden sehen. Mit niemandem reden. War heute Abend nicht schon genug passiert? Langsam setzte er sich auf. Er war erst wenige Schritte gekommen, als die Stimme ertönte.

„Bitte mach auf, Joko!"

Er stand einfach nur da. Bewegungslos. Im dunklen Zimmer. Plötzlich ganz ruhig.

„Bitte! Ich kann das nicht so stehen lassen."

Die Stimme war leise. Eindringlich. Flehend. Und löste absolut nichts in Joko aus. Kein aufgeregtes Herzklopfen. Keine schwitzigen Hände. Ein einziger Abend hatte gereicht, um ihm diese Gefühle zu nehmen.

Also öffnete er die Tür und blickte Klaas an.

„Was willst du?", fragte Joko und fühlte sich plötzlich alles andere als ruhig. Er hielt sich an der Türklinke fest und stützte sich mit der anderen Hand am Türrahmen ab.

Klaas sah gelinde gesagt scheiße aus. Nichts war mehr übrig von dem geordneten und gepflegten Aussehen, welches er früher am Abend an den Tag gelegt hatte. Seine Haare waren zerzaust. Die Krawatte war gelockert. Das Jackett nicht zu sehen. Die Hemdsärmel hochgekrempelt. Er sah fertig aus, aber Joko's Mitleid hielt sich in Grenzen.

Tabula RasaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt