Möglichst sicher ging Jan ein paar Schritte auf die Fremden zu. Er durfte jetzt nicht zu zurückhaltend wirken, sondern musste möglichst glaubhaft mit ihnen gehen.
Wir gehen zu unbedacht vor, hörte er Levis Stimme in seinem Kopf, »Wir müssen verstehen, dass ein falscher Schritt unseren Tod bedeuten kann.
Hatte auch er einen falschen Schritt begangen? Er wusste es nicht.Titus trat noch einen Schritt nach vorne. Er und Jan standen sich nun gegenüber. Jan musste seinen Kopf allerdings nach oben richten, um dem anderen überhaupt ins Gesicht blicken zu können.
»Wie heißt du?«, fragte der Großwüchsige dann, ganz ruhig.
Jans Herzschlag nahm das Tempo auf, das Filios Holzspecht um sechs Uhr morgens an den Tag legte, um die Schüler zu wecken. Was sollte er jetzt nur antworten. Eigentlich wollte er nicht wirklich Titus und seinen Anhängern beitreten. Wenn er ihnen also seinen richtigen Namen, verraten würde, sie später aber verließe, müsste er um das Leben seiner Eltern bangen. Sollte er es aber nicht schaffen, ihnen zu entkommen, dann wusste er jetzt schon, dass er es nicht schaffen würde, einen falschen Namen, glaubhaft zu vertreten.»Man nennt mich den Walisischen Grünling«, versuchte er es dennoch mit einem Decknamenin Erinnerung an die Stunde Zaubertränke, in der er sich seine Haare versehentlich mit demgrünen Lackierungstrank beschmiert hatte und somit diesen Spitznamen von Levierhalten hatte. Angesichts seiner vor Angst unkontrolliert bebenden Finger wäre »Zitternder Ginsterbusch« vermutlich passender gewesen.
Ein Lachen war von einigen Menschen hinter Titus zu hören. Es war ein Lachen, das Jan gar nicht gefiel, nicht amüsiert, nicht glücklich, sondern einfach nur hämisch und grölend, so wie er sich von einer unzivilisierten Piratenbande vorstellte.
»Der Walisische Grünling«, wiederholte Titus, ohne dabei jegliche Emotionen zu zeigen. »Ein schöner Drache. Solche werden wieder öffentlich durch die Lüfte fliegen, wenn wir erst an der Macht sind. Das elende Versteckspiel hat jetzt ein Ende. Was mein Vater wollte, werde ich jetzt tun.«
Jan sah Titus eine Weile lang in die Augen. Dann konnte er das Schweigen nicht mehr aushalten.
»Was ist mit Ihrem Vater passiert?«, fragte er vorsichtig, wünschte sich aber im nächsten Moment wieder, nichts gesagt zu haben. Selbst das unangenehme Schweigen war besser gewesen, als der undeutbare Blick, der jetzt auf ihm lag.»Er war verdammt dazu, 12 Jahre als Ratte zu leben, nur weil er das Richtige wollte«, antwortete er dann. »Wenn man sich für das Richtige einsetzt, muss man heutzutage nach Askaban. Aber die Zeiten wandeln sich. Schon bald wird das, was einst als falsch angesehen wurde, das werden, was es zu sein verdient.«
Mit diesen rätselhaften Worten wandte er sich von Jan ab und sah zu der Frau.
»Hast du uns nur wegen einem Jungen gerufen?«, fragte er kritisch.
Die Frau schüttelte den Kopf.
»Hier sind noch mehr«, erklärte sie. »Mindestens zwei Schüler noch. Der eine ist ein Taugenichts, der andere ein nerviger Bursche, der gerne Bäume fällt.«Jan warf einen unsicheren Blick in die dunklen Büsche. Er vermutete, dass die Leute, denen er sich nun vermeintlich angeschlossen hatte, jetzt von dem Zauber Gebrauch machen würden, der alle Personen in der Nähe anzeigte. Und er konnte nur hoffen, dass Levi und Filio es geschafft hatten, weit genug weg zu laufen.
Zu Jans Überraschung wandte sich die Frau allerdings wieder zu ihm.
»Weißt du zufällig, wo die anderen Kinder hingelaufen sein könnten?«
Jans Gedanken begannen sich wild im Kreis zu drehen, schneller als die Alarmlampe auf Filios Maschine. Was bei Lilienthals Zauberbuch sollte er jetzt tun? Wie konnte er seine Freunde nur am besten schützen? Zum einen musste er seine Rolle möglichst glaubhaft spielen, zum anderen durfte er natürlich nicht ernsthaft verraten, wo Levi und Filio wirklich waren. Aber da fiel ihm etwas ein. Seine Widersacher wussten doch gar nicht, wo die beiden waren. Daher musste er ihre Position nicht ernsthaft verraten, sondern nur glaubhaft vorgaukeln.
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Die vergessene Schule - HP FanFiction
FanfictionDeutschland ist von der Zaubererwelt weitestgehend isoliert. Verschiedene Gründe haben dazu beigetragen, dass Schüler von Hogwarts in ihrer Schullaufbahn nur selten von dem Land hören und die deutsche Zaubererschule Winterfels ihnen größtenteils unb...