Kapitel 38 - Verfeindete

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Jan konnte gar nicht richtig reagieren, denn Herr Jorski ließ seinem Verfolger keine Zeit, um sich an den neuen Gegner zu gewöhnen.
»Brandon Keerliff«, knurrte der Auror kaum hörbar. »Wäre dein Richter nicht so unfassbar korrupt gewesen, du würdest schon längst in Askaban sitzen.«
Der Angesprochene hob die Hand, um einen Angriff auf Jorski zu starten, doch der ließ Keerliffs Zauberstab mit einem entweder ungesprochenen oder einfach äußerst leisen Zauber aus der Hand in das finstere Gebüsch fliegen.

Jan beobachtete, wie der Mann versuchte seiner Waffe hinterherzueilen, doch mitten im Umdrehen gefror seine Bewegung. Mit einem Fuß auf dem Boden, der andere nur noch auf den Zehenspitzen abgestützt, erstarrte er und erinnerte Jan an einen Schausteller aus einer Fußgängerzone. Der einzige Unterschied war, dass diese Straßenkünstler nur in den seltensten Fällen wirklich Talent besaßen und man nicht lange suchen musste, um ein Körperteil zu finden, dass doch zitterte und ihre Identität als atmender Mensch offenbarte. Keerlif allerdings glich in seiner Bewegungsfähigkeit der Einstein-Statue in Jans Heimatdorf.

Begeistert sah Jan zu Herrn Jorski.
»Ich danke Ihnen«, brachte er hervor. »Sie haben mich gerettet.«
»Auge um Auge, Zan um Zan, nicht wahr?«, erwiderte Herr Jorski schmunzelnd. »Du hast mich schließlich auch schon einmal gerettet.«

Während er das sagte, zog er etwas aus seiner Umhangtasche, das aus der Entfernung wie ein silberner Spielwürfel aussah. Was hatte der Lehrer nur damit vor? Interessiert betrachtete der Junge jede Handbewegung des Lehrers und fühlte sich dabei wie in einen anderen Moment versetzt. Für kurze Zeit vergaß er den Kampf, der vermutlich nur wenige Bäume von ihnen entfernt noch tobte, sondern verfiel ganz seiner muggelhaften Begeisterung für alles Magische. Herr Jorski hielt seinen Stab an den Würfel und zog ihn dann davon weg. Doch als würden Zauberstab und Würfel zusammenkleben, dehnte sich das silberne Gerät aus, je weiter Herr Jorski seinen Zauberstab davon zu entfernen versuchte. Dies führte er so lange durch bis der vermeintliche Würfel um zwei Köpfe größer war als er selbst und auch Jan endlich erkennen konnte, was es war. Vor Herrn Jorski stand eine stählerne Gefängniszelle.

Herr Jorski ließ den erstarrten Keerliff in die Gefängniszelle schweben und versiegelte sie dann mit einem komplizierten Spruch. Zuletzt zauberte er noch den Zauberstab seines Opfers aus dem Gebüsch und verstaute ihn aus irgendeinem Grund in seinem Stiefel. Jan wollte das lieber nicht hinterfragen. Außerdem winkte Herr Jorski ihn bereits zu sich, weshalb der Junge eilig der Aufforderung folgte. In Anbetracht der vielen finsteren Gestalten im Wald fühlte er sich in der Nähe des geschickten Aurors um einiges sicherer als alleine. Auch wenn er vor einigen Wochen so etwas nie gedacht hätte, war er froh, Herrn Jorski jetzt an seiner Seite zu haben.

Der Lehrer hielt gerade seinen Zauberstab senkrecht vor sein Gesicht, die Augen hatte er geschlossen. Jan hätte wirklich gerne gefragt, was er da tat, aber vermutlich führte er gerade einen Zauber aus, bei dem man besser nicht gestört wurde.

»Ich kann dich nicht alleine zu Burg gehen lassen«, meinte er schließlich. »Zu viele Menschen hier im Wald. Du bleibst nah bei mir und dann wird dir nichts passieren. Wir schaffen das gemeinsam.«
Ein kämpferisches Lächeln formte sich unter seiner außergewöhnlich großen Nase. Und Jan konnte nicht anders, als diese Zuversicht zu erwidern. Nachdem er gesehen hatte, wie Herr Jorski seinen Verfolger besiegt und eingesperrt hatte, glaubte er fest daran, dass es ihm auch bei den anderen Gegnern gelingen würde.

Auf einmal ließ Jan aber eine tiefe, bullige Stimme herumwirbeln. In seinem Kopf entstanden bereits Ängste und wirre Schutzreaktionen. Sein Blick fiel aber schließlich auf den Mann, den Herr Jorski eingesperrt hatte. Der Lähmzauber musste nachgelassen haben, denn er begann bereits, seine Arme zu bewegen und Herrn Jorski wüste Verwünschungen hinterherzurufen.
»Jorski, du Aurorenabschaum!«, schrie er. »Du wirst der erste sein. In unserem System...«

Die vergessene Schule - HP FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt