Auf Kap Drachenstein herrschte bereits seit Wochen ein reges Treiben. Die Festung war gesäubert und geschmückt und für all die hohen Gäste gerüstet worden. Man hatte die Stallungen ausgebaut und Flächen für alle Wagen und Kutschen bereitgestellt, die Arenen für die Turnei und Spiele vorbereitet und Bühnen für Musiker geschaffen.
Auch in der Stadt unterhalb der Festung bereitete sich das Volk auf eine lukrative und amüsante Zeit vor. Waren wurden für die Märkte aufbereitet und in den Stände und Läden dargeboten. Die labyrinthartigen Gassen waren gefüllt mit Kaufleuten, Gaukler aber auch Dieben und Huren. Die Stadtwachen hatte immerzu zu tun und war ständig präsent.
Seit der Ankunft des Königs und dessen Gefolge begann lebhafter Handel. Man hoffte darauf, die für die Nordmänner exotischen Waren, für einen guten Preis anpreisen zu können. Musikanten gesellten sich zu Artisten und füllten die Luft mit Musik und Gesang. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung und am Abend erleuchteten tausende Lichter die Stadt.
Nach ihrer Ankunft hatte Tigran zusammen mit seinem Vater die Vorbereitungen überprüft, überwacht und weitere Aufgaben verteilt. Während König Tilon zunehmend seinen Sohn mit der Verantwortung betraute, nutze dieser die Abende, um mit Ramón und seinen Kameraden in ziviler Kleidung durch die Gassen der Stadt zu ziehen. Es fühlte sich beinahe so an, als müsste er das letzte bisschen Freiheit, dass ihm noch blieb auskosten, bevor es zu spät war.
Sie zogen durch Spelunken und Spielhäuser, verloren Xander unterwegs an ein Freudenhaus und waren auf den Beinen, bis der Morgen graute. In diesen wenigen Stunden konnte er seine Pflichten vergessen und beinahe sorglos sein. Das änderte sich jedoch schlagartig, als die Nordmannen an den Stadttoren eintrafen.
Der Aufmarsch war pompös und von Militärgehabe begleitet. Ihre kleinen Ponys wirkten, im Gegensatz zu den eleganten heißblütigen Pferden des Südens, grobschlächtig und stumpfsinnig. Den Waffen und Rüstungen sah man jedoch die Schmiedekunst und auch den nördlichen Reichtum an. Tigran, war schon gespannt die Kampfstile der Nordmänner in den angesetzten Turnieren zu beobachten und analysieren zu können.
Es dauerte Stunden, bis die Unterbringung der Gäste gelungen war. Man hatte sie in den westlichen Teil der Festung einquartiert, um der Garnison etwas Privatsphäre zu ermöglichen. Das festliche Bankett würde erst am nächsten Tag beginnen und es stellte die Eröffnungszeremonie für die Turnei dar. Bis dahin hatten die Gäste Zeit, sich einzufinden und sich in dem fremden Gemäuer zu orientieren und es war der letzte Tag, bevor Tigrans Rolle als Gastgeber und Prinz des Südens begann.
Er hörte, wie Ramón am nächsten Tag nach ihm suchte, und ging dem Hauptmann geschickt aus dem Weg. Diesen letzten Tag wollte er für sich alleine haben. Frei zu tun, was immer er wollte und ohne dass ihm jemand ins Gewissen sprach. Er schlich sich durch einen geheimen Eingang aus der Festung und kam unterhalb der Burgmauern zwischen den Felsen hervor. Dann folgte er einen Ziegenpfad, bis die Stadtmauern in Sicht kamen und durchschritt sie schließlich mit Schwermut im Herzen.
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Am Morgen erwachte Lanessa bereits im Morgengrauem. Man hatte sie in einem Turmzimmer untergebracht mit Blick auf das Meer. Es war befremdlich und auch ein wenig beängstigend, diese unendliche Weite zu betrachten. Immer, wenn sie hinaussah, fühlte sie sich seltsam klein und so fremd in diesen Mauern.Alles an Drachenstein war imposant. Die Decken ragten so weit in die Höhe, dass der Fackelschein sie am Abend nicht erreichte. Die Fenster waren zahlreich und groß. Spitzbogen an Spitzbogen reihte sich aneinander. Die filigrane Bauart mit ihren hellen und luftigen Räumen stand im grotesken Gegensatz zu den Bauten im Norden.
Der langen Winter mit ihrer andauernden Kälte hatte dazu geführt, dass die Mauern dick und die Fenster klein waren. Es gab sogar Hallen, die bis ins Erdreich gegraben und von den warmen Quellen der Erde aufgewärmt wurden. Licht kam hauptsächlich von den zahlreichen Feuerstellen und Fackeln und um deren Wärme nicht zu verlieren waren die Decken niedrig und die Böden mit Fellen ausgelegt.
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Liebe geht ihren eigenen Weg
FantasyEs sollte eine Verbindung sein, die den Frieden zwischen den Reichen bringt. Doch alte Wunden heilen schlecht. Als Lanessa dem Kronprinzen Tigran - dem Drachenreiter - versprochen wurde, war es für sie nur eine Formalität. Man wusste von den Südländ...