Betrug

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„So eine Tochter bist du, ja? Genau in eine halbe Stunde wirst du heiraten und du knutschst mit deinem besten Freund rum? Seid ihr Geistes gestört?", versucht sie leise auf mich zu schreien. Tränen laufen mir über die Wangen. Und genau, wo ich was sagen will, schneidet sie es mir ab und sagt: „Du gehst jetzt da rein und ziehst dein Brautkleid an. Hast du das verstanden? Niemand erfährt, dass du Niclas betrogen hast!" So zieht sie mich bis zu dem Raum, wo ich mich vor kurzem fertig gemacht habe, und knallt grantig die Tür hinter sich zu. Ich dachte sie würde draußen warten, aber nein sie behält mich jetzt genau im Auge. Die Mutter von Niclas betritt den Raum und kommt mit dem gebügelten Schleier auf mich zu.

„Schau liebes, sieht das nicht wunderschön aus?", fragt sie lächelnd. Als sie mir in die Augen sieht und meine Tränen bemerkt, setzt sie einen besorgten Blick auf. „Wieso weinst du, Aurelia?", fragt sie und wischt mir meine Tränen mit einem Taschentuch weg. Ich blicke kurz zu meiner Mutter die mich warnend anstarrt und ich schaue wieder zu Niclas Mutter Lilly.

„Lilly, vielleicht verstehst du mich...ich möchte nicht heiraten", beichte ich zögernd. „Ich will Niclas nicht heiraten! Es tut mir so leid!", beende ich ängstlich meinen Satz.

Meine Mutter kommt Wut angebrannt uns näher und schreit: „Wir haben wegen dir hier alles vorbereitet! Die Gäste warten da draußen und du willst einfach alles hinschmeißen? Was werden sie alle von uns denken? Du willst uns doch alle nur Blamieren!"

„Aurelia, wieso willst du Niclas nicht heiraten? Hat er was angestellt?", fragt nun die Mutter von Aiden.

„Nein, er hat nichts angestellt, nur fühle ich mich nicht bereit zu heiraten", erkläre ich.

„Und das ist dir erst heute klar geworden?", schreit meine Mutter weiter. Sie war doch diejenige die mich unter Druck gesetzt hatte.

„Aurelia, du musst Niclas nicht heiraten, wenn du nicht willst!", höre ich Elisa sagen.

„Das ist wahr, niemand zwingt dich zu heiraten, wenn du nicht bereit bist", beruhigt mich Lilly und legt behutsam ihre Hand auf meine Schulter.

„Wirklich?", frage ich und wische meine Tränen mit den Handrücken weg.

„Ja, keine Sorge. Wenn du willst, kann ich dich von Karl heimfahren lassen."
Von meiner Mutter kommen weitere Beschimpfungen, während ich meine kleine Tasche mitsamt meinem Handy in die Hand nehme.

„Es tut mir leid, Mama!", sage ich ein letztes Mal mit schlechten Gewissen, weil sie gerade komplett ausrastet und mit Sachen herum schmeißt.

„Geh nur, sie wird sich schon beruhigen", meint Lilly und schickt mich raus. Als ich aus dem Saal rauslaufe, ohne dass mich jemand bemerkt, sehe ich Karl, der eben wegen mir verständigt wurde. Ich setzte mich in seinem Auto und weine durchgehend bei der Fahrt. Ob das alles richtig war? Ob ich wirklich die richtige Entschuldigung getroffen habe, weiß nur Gott allein. Ich bin so eine Enttäuschung für meine Mutter.

Zuhause angekommen verweile ich in der Flur und starre auf mein Handy, wo jede Minute den Namen Niclas erscheint. Er hört gar nicht auf mich anzurufen und ich habe das volle Verständnis, wieso er sich sorgen macht. Ich bin furchtbar, ich bin in der letzten Minute von meiner eigenen Hochzeit entflohen. Niclas hat ehrlich gesagt eine Erklärung wegen meines Verhaltens verdient, aber ich fühle mich eben zu allem unfähig.
Es vergehen keine fünf Minuten, da klingelt es auch an der Haustür. Vor Schreck zuckte ich zusammen als der Klingel ertönt. Nachdem ich mich gefasst habe, gelingt es mir die Tür zu öffnen. Da steht er mit einem Smoking und perfekt gerichtete Frisur.

„Niclas?", frage ich mit zittriger Stimme.

„Wieso tust du das alles? Wieso willst du mich nicht heiraten?", fragt er und kommt die zwei Stufen rauf, so dass wir in gleiche Höhe stehen. Ich schaue ihm in die Augen. Ich fühle mich gerade so schlecht.

Das Jahr wo sich alles änderte. (Badboy Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt