Kapitel 2

6.1K 130 4
                                    


Ein Schriller, lauter Ton zieht mich aus meinem Träumen. Genervt suche ich den Ausschaltknopf des Weckers. Wieso zum Teufel habe ich mir einen Wecker gestellt? Es sind doch Ferien? Es dauert ein paar Sekunden, bis sich meine Gedanken sortiert haben. Heute ist es so weit, heute geht es endlich los. Ein neuer Lebensabschnitt, ein neues Abenteuer beginnt für mich. Meine Müdigkeit verfällt in Aufregung. Ich springe aus meinem Bett und mache mich direkt fertig. Ich wollte so lange schlafen wie es geht, weshalb ich nur eine halbe Stunde Zeit habe, um mich fertig zu machen und zu essen.  Ich entscheide mich dazu, nicht groß mein Makeup zu machen, da es mit Sicherheit nicht für die 16 Stunden halten wird, die ich unterwegs sein werde.
>>Bist du aufgeregt<<, frägt mich mein Papa als ich in die Küche gehe, um mir etwas zum Frühstück zu machen.
>>Schon etwas, aber es geht noch<<, antworte ich ihm. Meine Mama setzt sich zu uns.
>>Ich  glaube, ich bin mehr aufgeregt als du<<, meint sie. Ich muss lachen,
>>Das glaube ich auch. << Nachdem ich gegessen habe, mache ich mich bereit zum losfahren. Ich merke, wie sich etwas in mir zusammenzieht, als ich realisiere, dass ich nun Abschied von meinem Hund nehmen muss. Ich möchte die Hoffnung nicht aufgeben, dass ich ihn wieder sehen werde, aber ich muss auch realistisch bleiben. Auch mein großer Bruder Tom kommt aus seinem Zimmer um mir tschüss zu sagen. Bevor ich das Haus verlasse, schaue ich mich noch einmal um. Ich möchte die Wohnung so gut es geht in Erinnerung behalten, damit ich weiß, was sich verändert hat, wenn ich wieder zurückkomme. Mit einem großen Atemzug schließe ich die Haustüre hinter mir. Das war das letzte Mal, dass ich in diesem Haus für die nächsten 10 Monate stand. 
Nach zwei Stunden Autofahrt erreichen wir den  Frankfurter Flughafen. Nachdem ich meine Koffer abgegeben habe, kam dann die zweite Verabschiedung des  Tages von meinen Eltern. Ich nehme meine Mama und dann meinen Papa in den Arm.
>>Ich werde euch vermissen<<, schluchze ich. >>Wir dich auch so sehr<<, Antwortet Mama. >>Wir hoffen du hast eine gute Reise. Schreib uns auf jeden Fall, sobald du angekommen bist und WIFI hast. <<Ich drehe mich zu der Passkontrolle, dann zu meinen Eltern, die sehr danach aussehen, als würden sie jede Sekunde anfangen zu weinen.
>>Das mache ich, versprochen<<. Ich nehme die beiden noch ein letztes Mal in den Arm.
>>Ich hab euch so lieb.<<
>>Wir dich auch<<. Ich merke, wie eine Träne über das Gesicht meines Vaters läuft. Bevor ich durch die  Passkontrolle laufe, drehe mich noch einmal um. Meine Eltern winken mir zu und ich winke noch ein letztes Mal zurück, bevor ich mich auf dem Weg zu meinem Gate mache. Es fühlt sich komisch an, zu wissen, dass ich meine Eltern für 10 Monate nicht mehr sehen werde. Ich folge den Schildern, die mich zu meinem Gate leiten. Es dauert ein paar Minuten, bis ich das richtigen Gate ankomme. Es sitzen bereits einige Leute auf den Wartestühlen. Etwas verloren schaue ich mich um. Irgendwo zwischen diesen Menschen müsste eine Gruppe von Austauschschülerinnen sitzen, mit denen ich fliege. Ein blondes Mädchen winkt mir aus der hinteren Ecke des Gates zu. Das müssen sie wohl sein. Ich setzte mich an den Tisch, an denen drei andere Austauschschülerinnen sitzen.
>>Hey ich bin Julie<<, begrüße ich sie. Auch sie stellen sich mir vor. Wir unterhalten uns eine Weile, bevor es dann in den Flieger geht. Nach einem Neun-Stündigen Flug kommen wir in Chicago an, wo wir weitere fünf Stunden auf unseren Anschluss Flug warte müssen. Ich bemerke, dass  sich  an dem Flughafen von Chicago  neben unserer Gruppe noch eine weitere Gruppe von Schwedischen oder Dänischen Austauschschülern befindet.  Ich bin mir nicht sicher, von wo die Gruppe genau kommt, ich kann nur sagen, sie kommen aus dem Norden.
In dem Flugzeug von Chicago nach Grand Rapids sitze ich neben Luisa, einer Austauschschülerin von meiner Gruppe.
>> Denkst du, der Junge ist aus dieser anderen Austauschschülergruppe<<, fragt sie mich und deutet auf einen Jungen. Ich schaue an ihr vorbei um den Jungen, der in der Reihe gegenüber  sitzt zu sehen.
>>Kann gut sein. <<
In diesem Moment kommt eine Durchsage, dass wir landen. Mein Puls steigt. Gleich ist es so weit, gleich würde ich meine Gastfamilie endlich sehen. Da ich relativ weit hinten im Flugzeug sitze, muss ich erstmal warten, bis alle anderen Passagiere aussteigen. Ich spiele an dem Schloss des Handgepäck Koffers von Luisa rum, bis sie mich darauf hinweist, dass das gar nicht ihrer ist. Erschrocken schaue ich sie an. Der Junge, der gegenüber von uns saß dreht sich zu uns.
>>Das ist meiner<<,meint er. Ich weiß nicht ob ich mehr darüber erschrocken bin, dass er deutsch kann, oder dass ich ausversehen an seinem Koffer rumgespielt habe.
>>Oh das tut mir so leid, ich dachte der Koffer gehört ihr<<, antworte ich während ich auf Luisa zeige.
Er lacht.
>>Ist doch nicht schlimm. << Die Frage warum er  Deutsch kann beschäftigt mich immer noch.
>>Wie kommt es dazu, dass du deutsch sprichst? Ich dachte du wärst in dieser Austauschgruppe der Dänen oder Schweden? <<
>>Bin ich auch. Ich lebe in Dänemark aber bin halb deutsch<<, antwortet er.
>> Oh cool<<, ist das einzige, was aus mir hinaus kommt. Ich frage mich, ob er wohl es gehört hat, als Luisa und ich über ihn geredet haben.
>>Reihe 45 bis 50 dürfen jetzt aussteigen<<, ruft eine der Flugbegleiterinnen. Ich schaue auf die Nummer von der Reihe, in der ich saß; 46.
Schnell nehme ich mein Handgepäck und laufe hinter Luisa aus dem Flugzeug. Draußen angekommen treffen wir die anderen drei Mädchen, die mit uns geflogen sind.
>>Ich bin so aufgeregt<<, ruft eine von ihnen. Wir stimmen ihr zu. Zusammen laufen wir zum Gepäckband, um unsere Koffer zu holen. Es macht mich verrückt, nicht zu wissen wo meine Gastfamilie auf mich warten wird. Wie sie wohl auf mich reagieren? Was ist, wenn ich nicht weiß, was ich sagen soll? Diese Fragen lassen meinen Puls nur noch mehr steigen. Wir laufen um eine Kurve.
Auf einmal zucke ich zusammen. Am Ende des Ganges steht meine Gastfamilie. Ein riesiges Lächeln überzieht mein Gesicht. Meine Gastschwestern halten ein Plakat in ihren Händen, auf  dem ich "Welcome Julie" lesen kann.
All die Fragen, all die Ängste die ich hatte sind wie verschwunden. Ich laufe auf sie zu. Durch die Maske erkennt man leider mein breites Grinsen nicht, doch ich bin mir sicher man sieht es mir in meinen Augen an.
>>Hey nice to meet you <<, sage ich während ich zuerst meine Gastschwestern und anschließend meine Gasteltern umarme.
>> Nice to meet you too Julie. We hope you had a good flight<<, antwortet meine Gastmutter.
>> It was good but pretty long. <<
Sie nicken zustimmend.
>>I believe that<<, antwortet Kayla, meine große Gastschwester. Sie trägt Sportklamotten, weshalb ich davon ausgehe, dass sie direkt vom Training mit hierher kam. Als würde sie meine Gedanken lesen dreht sie sich zu mir
>> Don't mind my outfit I got done with Volleball practice right before we had to pick you up<<. Ich lächel sie an
>> Ah okay <<, ist das einzige, was aus mir heraus kommt. Wir holen meinen Koffer vom Gepäckband und gehen dann in Richtung Auto.
>> Are you hungry<<, frägt mich mein Gastvater als wir ins Auto steigen. Ich hatte im Flugzeug schon zwei Mahlzeiten, weshalb ich nicht wirklich den drang verspüre noch etwas zu essen.
>> Not really, but thank you>>, antworte ich mit einem freundlichen Lächeln.
>> You're probably tired, aren't you? <<, frägt mich Zoe, meine kleine Gastschwester.
>> Yes the flight was pretty exhausting . <<
Wir laufen zu einem großen, schwarzen Jeep. Mein Gastvater verstaut mein Gepäck im Kofferraum, während wir schon mal ins Auto steigen.
>>It takes about an hour from here to our home<<, meint meine Gastmutter zu mir, als wir aus dem Parkplatz am Flughafen hinaus Fahren. Auf der Fahrt unterhalten wir uns über viele verschiedene Dinge. Ich merke, wie es mir schwer fällt, manche Sätze auf Englisch zu formulieren . Oft möchte ich etwas sagen, aber mir fällt ein bestimmtes Wort nicht ein. Vielleicht liegt das aber auch einfach daran, dass ich sehr müde bin. Kayla schaut aus dem Fenster.
>> We are almost there.<<
Ich merke, wie  eine Aufregung erneut steigt. Ich habe das Haus bereits schon auf Bildern gesehen, allerdings weder die Umgebung noch den Garten.  Wir fahren links ab in eine kleine Einfahrt. Ich erkenne nicht allzu viel, da es schon dunkel draußen ist . Als wir aus dem Auto aussteigen, fallen mir sofort die ganzen Autos auf, die auf der Wiese stehen. Ich weiß nicht, was es mit den Autos auf sich hat, weshalb ich mich beschließe nachzufragen.
>> Why are there so many cars in your garden? << mein host Dad fängt an zu lache.
>> Those are mine. I am working on cars and my workshop is right next to the house. << Er zeigt auf eine Garage.
>> That's  cool<<, antworte ich. Wir gehen ins Haus hinein, das mein zu Hause für die nächsten zehn Monate sein wird. Nachdem ich mein Gepäck abgestellt habe, geben Kayla und Zoe mir eine kleine Haustour. Gleich wenn man in das Haus rein kommt, geht man durch die Küche, dahinter befindet sich das Esszimmer.  Wenn man links um die Ecke geht, kommt ein kleines Wohnzimmer mit einer Couch und einem Fernseher.  Ganz am Ende des Flures befindet sich dann das Bad.
>> Let's go upstairs to the rooms where we sleep<<, meint Kayla, nachdem sie und Zoe mir das Erdgeschoss gezeigt haben. Wir laufen ein Holztreppe hoch. Kayla zeigt auf die erste Türe.
>> That's where my parents are sleeping.<<
Ich nicke und wir laufen weiter zur nächsten Tür.
>> This is my room<<, meint Zoe und öffnet eine Tür. In dem Zimmer steht ein Hochbett, darauf liegen ein paar Kuscheltiere. Links vom Hochbett steht ein  eingebauter Kleiderschrank, was ich sehr cool finde.
>> It looks nice, I like it<<,  meine ich zu ihr. Auf ihrem Gesicht bildet sich ein lächeln.
>> Thank you.<< Wir gehen zum letzten Zimmer, das sich im Obergeschoss befindet. Das muss wohl das Zimmer sein, in dem ich und Kayla drinnen schlafen werden.
>> This is going to be our room<<, meint Kayla, als ich ins Zimmer trete. Es ist etwas größer als das von Zoe. Auf der rechten Seite stehen zwei Betten, ein etwas größeres und ein etwas kleineres. Links im Zimmer stehen ein kleiner Schminktisch und ein Fernseher. Ich freue mich, als ich sehe, dass sich auch in ihrem Zimmer ein eingebauter  Schrank befindet. Nachdem ich das ganze Zimmer begutachtet habe, drehe ich mich zu Kayla.
>> I love your room, it looks like a thypical american room<<.
Sie lacht etwas verlegen
>> Thank you. <<
Als wir die Treppen hinunter gehen, sitzen meine Gasteltern am Esstisch. Meine Gastmutter dreht sich zu mir.
>> We hope you'll feel home here<<.  Ich schaue mich noch einmal um.
>> I''m sure I will, thank you. << Als ich mich auf die Couch setzte, merke ich wie Müde ich eigentlich wirklich bin.
>> I think I should go to bed<<, meine ich und gähne.
>> Of course! You have been awake for such a long time. I think Kayla and Zoe will go to bed too<<, antwortet meine Gastmutter während sie sich zu Zoe und Kayla dreht. Die beiden nicken zustimmend.

A year that changes your life Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt