Es sind sechs Wochen vergangen. Vorsichtig, steigt Aurora von Reiners großer Hand herunter und hält sich an seinem Finger fest. Ganz langsam, stellt sie ihr linkes Bein ab und strahlt dann auch schon. „Ich kann stehen", sagt sie total glücklich. Ihr großer Freund dröhnt einmal erleichtert auf. Nach einer ziemlich heftigen Diskussion der beiden, hat sich Aurora dazu überreden lassen, dass sie solange hier bleiben, bis ihr verletztes Bein einigermaßen ausgeheilt ist. „Ich hoffe, dass du jetzt zufrieden bist." Je mehr Zeit vergangen ist, umso mehr haben sich die Dorfbewohner an den Panzertitan gewöhnt. Er hat sogar bei den alltäglichen Arbeiten geholfen. Felder umgraben, tote Bäume umgestoßen, das Vieh weitergetrieben. Als Gegenleistung, haben sie seine kleine Freundin mit Wasser und Nahrung versorgt. „Ich bin so froh, dass es dir endlich besser geht, Aurora." Sophia ist ihr wirklich sehr ans Herz gewachsen. Es wird ihr schwer fallen, ihre neuen Freunde zu verlassen. Sie könnten auch einfach hier bleiben, doch der ursprüngliche Plan ihrer toten Mutter treibt sie weiter. „Ich bin euch wirklich sehr dankbar. Besonders dir, Jim. Es war für mich echt eine schlimme Zeit, so komplett hilflos zu sein." Das beweist ihr wieder einmal, dass sie ohne Reiner total aufgeschmissen ist. Der junge Arzt nickt ihr einmal zu. „Wo genau wollt ihr beide jetzt hin?" Sie tauscht mit dem Gepanzerten einen kurzen Blick aus. Dann holt Aurora die Karte aus dem Tagebuch hervor und zeigt ihnen die markierte Stelle.
Der Großvater kommt näher und schaut sich das an. „Das ist doch die kleine Siedlung von Kamiki. Da wollt ihr wirklich hin? Das ist noch ein ganz schönes Stück, bis dorthin." Sie nickt einmal. Zumindest kennt sie jetzt den Namen von ihrem Reiseziel. „Eure Beweggründe gehen mich nichts an", sagt Jim. „Allerdings empfehle ich dir dennoch dein Bein noch nicht zu sehr zu belasten." Sie wird sich diesen Rat zu Herzen nehmen. Auch wenn der Knochen großflächig wieder zusammengewachsen ist, können sich größere Belastungen noch immer negativ auswirken. Gerade die kleine Marie scheint über den bevorstehenden Aufbruch der beiden nicht glücklich zu sein. Ihr großer Bruder hat immer versucht erwachsen zu sein, während sie lieber weiterhin ein Kind geblieben ist. Es hat so viel Spaß gemacht auf Reiner herumzuklettern. Einmal ist sie sogar auf ihm eingeschlafen und ein anderes mal hat sie die Höhenluft auf seinem Kopf atmen können. Marie hat den sanften Riesen in ihr kleines Kinderherz geschlossen und nun ist sie traurig, weil er gehen muss. Mit feuchten Augen, drückt sie ihren Korb an sich und schmollt dabei. Natürlich entgeht ihm das nicht, weshalb er sich zu dem süßen Mädchen herunterbeugt. Sofort klebt sie an ihm und fängt an lautstark zu weinen. „Ich will nicht, dass du weggehst." Hilfesuchend blickt er ihren Großvater an. Er seufzt einmal und nimmt seine Enkelin auf den Arm. „Ich weiß, dass du ihn gern hast, Marie. Aber bedenke auch, dass dein neuer Freund auch ein eigenes Leben führt. Nur weil er nicht mehr da ist, heißt das nicht, dass ihr keine Freunde mehr seid." Es knackt. Das niedliche Mädchen wischt sich tapfer die Tränchen weg, als Reiner das Panzerstück von seinem kleinen Finger abgeworfen hat und ihr nun schenken will. „...Darf ich das wirklich haben?" Er nickt. Durch die vorherige Verhärtung, wird er auch nicht verdampfen. Sanft nimmt sie sein Geschenk an und drückt es an sich. Es fühlt sich noch ganz warm an. Aurora schenkt dem Kind einen warmen Blick und sie lächelt Marie an. „...Vielleicht...könnt ihr uns irgendwann einmal besuchen kommen."
Eine weitere Stunde vergeht und der Moment zum Aufbruch ist gekommen. „Wir haben deinen Rucksack nochmal mit Essen und Wasser aufgefüllt. Ich wünsche euch eine sichere Reise." Aurora drückt alle noch einmal und setzt sich dann auf Reiners riesige Hand zurück. „Danke, für alles. Ich werde euch nie vergessen." Gerade will der Panzertitan sie hochnehmen, doch vorher will sie noch etwas fragen. „...Ich habe eine wichtige Bitte an euch. Ich glaube zwar nicht, dass es soweit kommt. Doch sollte irgendwann Gigantos...ich meine Berthold hier vorbei kommen. Dann sagt ihm bitte wohin wir gegangen sind. Er ist ein wirklich riesiger Kerl. Viel größer als Reiner es ist." Sophia schluckt einmal bei dieser monströsen Beschreibung bitter, doch dann lächelt sie und nickt. „Ich nehme an, dass er ein Freund von euch ist. Wir werden es ihm ausrichten, sollte er irgendwann unser Dorf besuchen." Aurora blinzelt der alten Dame einmal dankend zu, doch dann findet sie sich zurück auf ihrem Lieblingsplatz. Reiners breiten Schultern. „Auf wiedersehen", ruft sie nochmal herunter, dann setzt sich ihr großer Freund in Bewegung. Sophia winkt den beiden noch hinterher, doch dann blickt sie ihren Ehemann sorgenvoll an. „Wir hätten sie bezüglich des Waldes warnen sollen, der auf dem Weg liegt."
Eine wunderbare und sanfte Brise kommt auf. Manchmal kann man das wunderschöne singen von einem Vogel hören. Es herrscht eine friedvolle Stille und das grün bewachsene, unebene Feld erstreckt sich kilometerweit. „Es fühlt sich seltsam an, nach so langer Zeit wieder unterwegs zu sein. Das erinnert mich daran, wo wir damals in dem verlassenen Dorf überwintert haben." Reiner stimmt ihr mit einem metallischen dröhnen zu. „Diese beiden Langfinger haben sich tatsächlich nicht mehr blicken lassen. Ich hoffe wirklich, dass diese guten Menschen endlich Ruhe vor ihnen haben." Wieder stimmt er mit einem dumpfen Ton zu. Auf einmal grinst sie listig. „Und ich denke, dass du nichts dagegen hast, wenn ich mein Versprechen breche, welches ich dir zur Belohnung gegeben hab." Da will er schon wieder zustimmen, doch vorher bemerkt er ihre Arglist und brüllt einmal erbost auf. Daraufhin muss Aurora lachen. „Ich habe nur Spaß gemacht. Natürlich halte ich mein Versprechen." Reiner brummt einmal genervt und stopft sie aus Rache in seinen Brustpanzer zurück. Sie quiekt einmal erschrocken auf und klettert aus ihrem zweitliebsten Schlafplatz heraus. „Ach komm schon, du bist doch sonst nicht so eine Spaßbremse." Mit seiner Erlaubnis, darf sie auf seine Schulter zurück. Der bevorstehende Weg führt über weite Flur. Ein wirklich unglaublich schönes Feld, voller blühender Bäume. Inzwischen ist der Frühling richtig ins Land gezogen und es ist so warm wie seit langem nicht mehr. Reiner stampft gerade an einem kleinen See vorbei, wo sie sich fünf Minuten ausruhen. Als sie wieder unterwegs sind, studiert Aurora nochmal die Karte. „Ganz in der Nähe scheint es einen Wald zu geben. Das wäre doch ein guter Ort, um die Nacht zu verbringen."
Er packt sie am Oberteil, damit sie ihm die betroffene Stelle auf der Karte zeigen kann. „Was denkst du, wollen wir da hin?" Der Panzertitan überlegt einen Moment und nickt dann. Er setzt seine kleine Freundin wieder auf seiner Schulter ab. „Okay, dann müssen wir dort entlang." Da ändert er die Richtung und schlägt den richtigen Weg ein. Irgendwann fällt das Gebiet steil nach unten ab und endet in einem Felsenkessel. Inmitten steht ein großer, majestätischer Wald. „Schau dir mal die Bäume an, Reiner. Die sind ja riesig." Dagegen ist sogar er klein. Er macht sich also daran in den Kessel zu kommen und schon bald erreicht er den Eingang des Waldes. Aurora legt den Kopf in den Nacken, um die Kronen dieser riesigen Pflanzen zu sehen. „Das ist ja verrückt. Ich habe noch nie so große Bäume gesehen." Da schnauft er einmal belustigt. Wenn sie schon diesen Wald für groß hält, was wird sie dann erst zu einem Baumriesenwald sagen? Das ist der perfekte Ort für ein Versteck. Und auch, um ein Abenteuer zu erleben. Reiner umfasst einen Ast und schiebt ihn etwas zur Seite, sodass er sich zwischen zwei Bäume hindurch zwängen kann. Sie finden sich auf einer hübschen Lichtung wieder, wo er Aurora herunter lässt. Ganz gegen die Anordnung von Jim, rennt sie ein paar Schritte, schlägt einen Purzelbaum und streckt auf dem Rücken liegend alle vier Gliedmaßen von sich. „Es ist so wunderschön hier. Diese friedvolle Stille, die frische Luft und das herrliche scheinen der Sonne. Und das beste ist, dass kein Titan weit und breit zu sehen ist. Außer du natürlich." Sie schließt die Augen und genießt alles in vollen Zügen. Als sich ein Schatten über sie legt, streckt sie die Hand aus und kann seine Nasenspitze zwischen den Fingern fühlen. „Was denn, rückst du etwa zum kuscheln heran?"
Langsam und behutsam, senkt er seinen Kopf noch weiter ab, bis seine Nasenspitze direkt über ihrer linken Schulter den Boden berührt. Aurora streckt die Arme aus und umarmt sein Gesicht so weit es geht. Sie fühlt seinen gewaltigen Kiefer direkt an ihrem zarten, empfindlichen Körper und sie kann seinen warmen Atem spüren. Sie fühlt sich gerade sehr wohl und wird plötzlich sehr schläfrig. Seine kleine Freundin könnte in dieser Position auf der Stelle einschlafen. Sie ist auch für einen kurzen Moment weg gedämmert, doch dann wird sie auf unangenehme Weise von ihrem knurrenden Magen wieder aufgeweckt. Erschrocken reißt sie die Augen auf, während Reiner ebenso perplex wieder nach oben schnellt. Die beiden schauen sich nur an und Sekunden später, fängt sie das lachen an. „Verdammt, das war so gemütlich." Doch sie setzt sich auf, während der Gepanzerte ihren Rucksack aus seinem Brustpanzer fischt und ihr auf den Boden stellt. „Danke, dann lass uns doch mal sehen, was man uns eingepackt hat." Aurora plündert ihren Rucksack und zieht unter anderem einige Konservendosen heraus. Doch sie findet auch Kartoffeln, Reis, Brot, ein bisschen Obst und fertige Backwaren. Sie findet sogar einen Schokoladenmuffin, wo mit rosafarbener Zuckerschrift sein Name darauf geschrieben ist. „Schau dir das an, Marie hat dir ein kleines Geschenk mitgegeben." Sofort sperrt er seinen Kiefer auf, damit sie ihm das köstliche Gebäck in den Rachen schmeißen kann. Sie lacht einmal herzlich und öffnet eine Fischdose. Dazu isst sie eine schöne Scheibe Brot und als kleinen Nachtisch ebenfalls einen Muffin.
Mit einem ordentlichen Schluck an Wasser wird das ganze noch heruntergespült. Aurora stöhnt einmal glücklich und lässt sich wieder auf den Rücken fallen. Schläfrig geworden, gähnt sie einmal und beobachtet das leuchtende rot der untergehenden Sonne. „Ich bin echt müde, Reiner. Sei doch so gut und steck meinen Rucksack wieder ein, okay?" Er nickt und verstaut ihren treuen Begleiter wieder in seinem Brustpanzer. Aurora reibt sich müde die Augen und klettert an seinem Bein hoch. Sie lässt sich dort nieder und benutzt seine Kniescheibe als Kopfstütze. Eigentlich schläft sie am liebsten zwischen seinen Bauchmuskeln, doch ihr großer Freund lehnt gerade so bequem an einem Baum und da will sie ihn nicht wegjagen. Natürlich bemerkt Reiner das und er dröhnt einmal unsicher auf. „Ist schon in Ordnung, auf deinem Bein ist es auch sehr gemütlich." Je mehr Zeit vergangen ist, umso mehr hat sie gelernt, ihn zu verstehen. „Schlaf gut, mein großer Freund." Sie knuddelt sich richtig an ihn, sucht eine bequeme Position und schließt dann ihre Augen. Der Panzertitan betrachtet sie noch einen Moment, dann lässt er sich an dem dicken Baumstamm in eine kauernde Haltung nieder und sein innerer Mensch sucht ebenfalls den Schlaf auf. Aurora lauscht den vertrauten Geräuschen der Nacht. Eigentlich sind gerade Wälder im dunkeln besonders gruselig, doch mit Reiner an ihrer Seite hat sie keinen Grund um Angst zu haben. Irgendwann findet sie dann auch ins Reich der Träume.
Aurora hat sich auf den Bauch gedreht. Sie wird durch die hohe Körperwärme ihres großen Freundes gewärmt und fühlt sich gleichzeitig federleicht. Ein leises, zischendes Geräusch weckt sie allmählich auf. Sie kann im Halbschlaf fühlen, wie sich ihr Arm wie von selbst bewegt und ihr dickes, schwarzes Haar fühlt sich seltsam schwer an. „Hmm...", macht sie es leise und will sich umdrehen. Doch ganz plötzlich, fängt sie an zu frieren und schnellt nach oben. Vor lauter Schreck über die veränderte Umgebung, fällt sie von seinem Bein herunter und findet sich im kühlen Nass wieder. Ziemlich erschrocken, paddelt sie wieder nach oben, hustet einmal und hält sich an Reiner fest. „Was zum...alles voller Wasser?" Sie glaubt für einen Moment, dass sie noch träumt. Doch sie ist klitschnass und komplett durchweicht. „Reiner, wach auf!" Er reagiert nicht, also haut sie ihm gegen den Panzer. „Reiner! Du musst aufwachen." Seine hellen Augen blinzeln einmal und sofort bemerkt er nun auch, dass etwas nicht stimmt. Er schreit einmal metallisch auf, packt seine kleine Freundin und erhebt sich. Sie keucht einmal schwer und drückt sich die vollgesaugten Haare aus. Als er bemerkt, dass sie nach Luft schnappt, öffnet er seine Faust wieder, sodass sie auf seiner Hand stehen kann. „Bin ich froh, dass du wach bist. Schau dir das an, der ganze Wald ist geflutet." Anscheinend hat dieses Phänomen erst vor kurzem eingesetzt, denn mit jeder weiteren Minute die vergeht, steigt das Wasser weiter an. Geduldig beobachten die zwei das seltsame Schauspiel und am Ende reicht dem Gepanzerten das Wasser sogar bis zu den Knien. Verwirrt tauschen die beiden einen Blick miteinander. Er lässt Aurora vorsichtig herunter, sodass sie sanft über die Wasseroberfläche streichen kann. „...Der absolute Wahnsinn...ich habe so etwas noch nie gesehen."
Reiner geht ein paar Schritte und tatsächlich scheint der gesamte Wald unter Wasser zu stehen. Das sanfte Mondlicht, spendet etwas kalte Helligkeit, genug um sehen zu können. Sie ist ohnehin schon komplett durchnässt, also entscheidet sie sich, zu springen. Reiner brüllt einmal erschrocken auf und versucht sie noch zu fangen. Doch sie hat ihn so perplex gemacht, dass er sie nicht mehr rechtzeitig erwischt und seine kleine Freundin ins Wasser eintaucht. Sofort will er panisch nach ihr suchen, doch da taucht sie wieder auf und lacht. „Alles okay, mir geht es gut. Ich bin zwar kleiner wie du, schwimmen kann ich aber trotzdem." Sofort packt der Gepanzerte sie am Oberteil, zieht sie zu sich auf Augenhöhe hoch und brüllt sie einmal stinksauer an. Es ist so laut, dass sie sich die Ohren zuhalten muss und ein paar nachtaktive Vögel das weite suchen. Reiner hat die Zähne gefletscht und schaut sie verärgert an. Er knurrt einmal bedrohlich und gibt ihr zu verstehen, dass er sich Sorgen gemacht hat. Da vergeht ihr sogleich das lachen wieder. „Es tut mir Leid, okay? Ich hätte dich vorwarnen sollen." Langsam klappt er seinen Panzer am Unterkiefer wieder nach oben, dennoch schaut er sie noch angesäuert an. „Komm schon, sei nicht mehr böse auf mich. Ich habe mich doch bei dir entschuldigt." Er brummt noch einmal leise und stopft sie zur Strafe in seinen Brustpanzer. Aurora fiepst einmal leise und als sie versucht herauszuklettern, drückt er sie wieder nach unten. Sie startet noch einen weiteren Versuch, doch auch da lässt der Panzertitan sie nicht raus. Nach dem dritten Versuch gibt sie auf und schmollt in dem Hohlraum zwischen Panzer und Titanenkörper. Doch schon bald kommt durch seine Körperwärme die Schläfrigkeit zurück. Langsam trocknen ihre Kleider und sie liegt geborgen wie ein Schluck Wasser in der Kurve da und ist eingeschlafen. Reiner setzt sich ins Wasser, verschränkt die Arme vor der Brust und ist zufrieden. Nach all dieser Aufregung, versucht er nun auch noch etwas Ruhe zu finden.
Es sind ein paar Stunden vergangen. Langsam aber sicher, spitzt die Sonne verlegen hinter dem Horizont hervor. Der Gepanzerte erwacht langsam aus seiner Ruhephase und blinzelt ein paarmal. Sofort fällt sein Blick in seinen Brustpanzer, damit er Aurora allmählich wecken kann. Doch sie ist nicht mehr da. Sofort ist er hellwach, stöhnt einmal hektisch und tastet seine Schultern ab. Nichts. Auch auf seinem Schlüsselbein findet er sie nicht und schließlich wühlt er voller Panik im Wasser herum. Genau in diesem Moment tut es ihm so Leid, dass er sie letzte Nacht angebrüllt hat. Reiner jault einmal metallisch auf und seine hellen, leuchtenden Augen werden langsam feucht. Doch dann spürt er plötzlich eine leichte Bewegung zwischen seinem unteren Hinterkopf und dem Nacken. „...Noch fünf Minuten...", murmelt sie verschlafen und kuschelt sich in seine Nackenhaare. Reiner stöhnt einmal erleichtert auf. Sie kann sich gar nicht vorstellen, was für einen Schrecken sie ihm eingejagt hat. Vorsichtig greift er nach hinten und nimmt sie auf die Hand. In seinem Genick hat er sie wirklich als letztes vermutet. Seltsam, dass er nicht einmal bemerkt hat, wie sie da hochgeklettert ist. Mit weichgewordenen Blick betrachtet er sie. Dann gibt er ein leises schnattern von sich und weckt sie auf. Aurora streckt sich einmal kräftig, räkelt sich und setzt sich dann müde gähnend auf. „Morgen...", nuschelt sie noch total verschlafen. Sofort findet sie sich in seinem Gesicht wieder, wo er sie anhänglich an sich drückt. Und sie weiß warum er das macht. „Schon gut, es ist doch wieder vorbei." Das sie noch geweint hat, nachdem sie auf seinen Hinterkopf geklettert ist, verschweigt sie ihm lieber mal. Das Reiner sie so kopflos angebrüllt hat, hat sie schon verletzt.
Schließlich steht sie auf und dehnt sich einmal. Noch immer ist der Wasserstand sehr hoch und sie hat einfach so Lust ein bisschen zu schwimmen. „...Hast du jetzt bei Tageslicht noch immer etwas dagegen, wenn ich ein bisschen schwimme?" Immerhin hat sie das schon ewig nicht mehr gemacht und gut für die Blutgefäße ist es auch. Sachte senkt der Panzertitan seine Hand etwas ab. So gibt er ihr seine Zustimmung. Aurora lächelt ihn an und beginnt damit ihre Kleidung abzulegen. Er kann verstehen, dass sie nicht wieder nasse Kleider am Körper kleben haben will, doch als sie plötzlich ihre Unterwäsche ablegt, reißt er sofort den Kopf zur Seite und wendet den Blick von ihr ab. Aurora schnauft einmal belustigt, dann dreht sie sich um und springt ins Wasser. Sofort ziehen sich alle Körperfasern zusammen und kämpfen gegen die plötzliche Kälte an. So lebendig, hat sich Aurora schon lange nicht mehr gefühlt. Erst nachdem sie komplett eingetaucht ist, traut er sich doch wieder ein bisschen mehr sie anzusehen. Reiner hält seine beiden Hände mit einer gewissen Entfernung im Wasser, damit sie auf ihnen immer wieder kurz Pause machen kann. Nach guten zehn Minuten geht ihr dann die Kraft aus, sodass sie wieder hochgenommen werden will. Als er das tut, wendet er den Blick wieder ab. Erneut muss Aurora schmunzeln. „Jetzt hab dich nicht so. Immerhin habe ich dich auch schon nackt gesehen. Und ich rede nicht davon, dass du deinen Panzer abgeworfen hast." Er zögert. „Komm schon, sieh mich an." Nach einem weiteren Moment des Zögerns, dreht er seinen Kopf dann doch wieder zu ihr und lässt seinen Blick über ihren nackten, weiblichen Körper schweifen. Sie sitzt auf seiner Handfläche und stützt sich entspannt mit ihren Händen ab. Ein einzelner Wassertropfen löst sich aus ihrem Haar. Er fließt über ihr Schlüsselbein, läuft über ihre rechte Brust und bleibt schließlich an ihrer erhobenen Knospe hängen. „Na siehst du? So schlimm ist das doch gar nicht." Reiner schluckt einmal nervös. Er mahlt unruhig mit den Zähnen und kann seine Augen nicht mehr von ihr abwenden.
Genau in diesem Moment ist er mehr als nur froh, dass er keine Geschlechtsorgane hat, sonst hätte er jetzt im wahrsten Sinne des Wortes ein großes Problem. Allerdings kann er es nicht verhindern, dass sein innerer Mensch sehr wohl auf diesen optischen Reiz reagiert. Reiner muss seine Augen unbedingt von ihr lösen, er bekommt bei diesem Anblick ganz komische Gedanken. Doch zu seinem Pech steht sie nun auf und kommt seinem Gesicht gefährliche nahe. Er will seine Hand noch schnell wegziehen, doch da klebt sie schon an ihm wie eine Klette. Nun öffnet er den Kiefer und gibt ein verzweifeltes Geräusch von sich. „Ich weiß, gleich bin ich gar trocken." Sie haucht ihm einen Kuss auf die Nase und beginnt dann wieder sich anzuziehen. Wenn Aurora genau darüber nachdenkt, ist es ihr leichter gefallen sich vor ihm auszuziehen, als sie anfangs gedacht hat. „Wenn wir einmal ehrlich zueinander sind, dann solltest du dich besser daran gewöhnen. Darf ich dich daran erinnern, was du eigentlich von mir willst? Es ist ganz schön dreist von dir, mich um sowas zu bitten." Reiner weiß genau, dass er am längeren Hebel sitzt und grinst daher einmal dreckig. Aurora muss darauf einfach lachen. „Okay, der Punkt geht an dich", sagt sie. „Also, wollen wir dann gehen?" Sofort schüttelt er energisch den Kopf. „Wieso nicht?" Er greift in seinen Brustpanzer und stellt ihr den Rucksack hin. „Ach, ich hab noch gar nichts gegessen. Du bist wirklich sehr aufmerksam." Sie plündert ihren Vorrat und verleibt sich Brot und Käse ein. „Schnabel auf", sagt sie, nachdem sie noch eine zweite Scheibe belegt hat. Der Panzertitan reißt seinen Kiefer auf und lässt sich das winzige Käsebrot in den Schlund werfen.
Zufrieden lässt sie ihren Rucksack wieder einpacken. „Aber jetzt können wir gehen, oder?" Er nickt und steht nun endlich auf. Sofort fällt den beiden auf, dass das Wasser gesunken ist. „Schau mal, ist es dir nicht bis zu den Knien gegangen?" Tatsächlich ist der Wasserstand gesunken, sodass ihm das kühle Nass nur noch bis zu den Waden reicht. „Es scheint wieder zurückzugehen. Lass uns noch eine halbe Stunde warten, ich bin neugierig was passiert." In der Tat hat sich Aurora nicht getäuscht. Langsam aber sicher, versickert das Wasser immer mehr und verschwindet auf die gleiche mysteriöse Weise, wie es gekommen ist. „Irgendwie ist das total verrückt. Ich weiß, das mag jetzt eine echt bescheuerte Idee sein, aber wollen wir noch eine Nacht länger hier bleiben? Irgendwie will ich wissen, ob das einfach nur ein Zufall war, oder ob etwas anderes dahinter steckt." Reiner denkt einen kurzen Moment darüber nach. Dann drückt er ihr nochmals ihren Rucksack in die Hand und schaut sie vielsagend an. „Oh, ich verstehe." Sie öffnet ihn und wühlt darin herum. „Also wenn ich sparsam bin, dann reicht es für etwa eine Woche. Bestimmt gibt es hier irgendwo eine frische Wasserquelle, wo ich meinen Beutel wieder auffüllen kann. Im schlimmsten Fall muss ich einfach etwas abkochen." Eigentlich ist der Gepanzerte damit nicht einverstanden, doch er will auch keine Spaßbremse sein und stimmt daher zu. Wenn er allerdings ehrlich zu sich selbst ist, dann interessiert es ihn ebenfalls, wo all das Wasser hergekommen ist. „Ehrlich gesagt wundert es mich, dass du zugestimmt hast. Vielleicht könnte es von Vorteil sein, wenn wir uns erstmal richtig umsehen." Zumindest in diesem Punkt sind sie sich einig. Zur wärmer werdenden Mittagszeit, haben sie tatsächlich eine brauchbare Trinkwasserquelle gefunden. Seine kleine Freundin trinkt erstmal kräftig und füllt ihren Beutel wieder auf.
Irgendwann hat sie Reiner dazu überredet, mit ihr verstecken zu spielen. Und er hat sie immer wieder geschnappt, doch selber im verstecken ist er echt schlecht. „Mach dir nichts draus, Reiner. Mit deiner Größe ist es echt schwer nicht gesehen zu werden." Insgeheim hatten die beiden viel Spaß an diesem Tag. Das bekommt Aurora auch am Abend zu spüren. Denn sie ist so müde, dass sie unter dem Essen fast eingeschlafen ist. Kaum hat sie ihr Mahl beendet, rollt sie sich auch schon zusammen. Der Gepanzerte stöhnt einmal zufrieden und packt sie auf sein Schlüsselbein. Das wäre auch der von ihr bevorzugt gewählte Schlafplatz gewesen, sonst muss sie damit rechnen, dass sie wieder mit nassen Hosen aufwacht. Sicher ist sicher. Reiner sucht sich nun einen geeigneten Baum, an dem er sich anlehnen kann. Er gibt ein leises, metallisches Geräusch von sich und lässt sich nieder. Eine letzte Überprüfung, ob mit Aurora auch alles in Ordnung ist, dann verschränkt er die Arme und döst etwas vor sich her. Doch mitten in der Nacht, spürt er plötzlich etwas und öffnet die Augen. Sofort dröhnt er einmal laut auf, um seine kleine Freundin zu wecken. „Was? Was ist denn los?" Sie schaut sich einmal kurz verschreckt um, doch dann sieht sie den Grund, warum er sie geweckt hat. „Das Wasser ist wieder da! Also war es doch kein Zufall gewesen." Reiner steht auf und es reicht ihm wie in der letzten Nacht bis zu den Knien. „Da kommt mir doch ein total verrückter Gedanke. Glaubst du, dass es sich hier um eine Art von Gezeiten handelt?" Diese Idee scheint dem Giganten nicht einmal so abwegig. Zwar hat er keine Ahnung, wo in einem Wald so viel Wasser herkommt, doch die Natur bringt manchmal wahrhaft wunderliche Dinge hervor. Gewissermaßen, ist das die tollste Entdeckung, die die beiden jemals zusammen gemacht haben. Aurora ist müde und rollt sich dennoch zufrieden wieder zusammen. „Manchmal wollen Geheimnisse einfach geheim bleiben. Ich habe eine Idee, Reiner. Nennen wir ihn doch einfach den Gezeitenwald."
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Mein großer Freund, der Panzertitan
FanfictionDas Schicksal hat es nicht gut mit ihr gemeint. Doch hat sie einen gigantischen Freund, der zu ihr hält. Aurora ist eine gewöhnliche Frau mit einem schweren Leben. Verstoßen und verbannt, ist es ein Wunder, dass sie noch nicht gefressen wurde. An ei...