Ein zauberhaftes Winterabenteuer

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Freudiges und überglückliches lachen hallt durch das ganze Dorf. Aurora zieht den Kopf ein, kann den fliegenden Reiskörnern aber dennoch nicht ausweichen. Reiner hat sie auf beide Arme genommen und kann einfach nicht glauben, dass sie ihr Versprechen wirklich eingehalten hat. Sie hat ihn geheiratet. Es ist eine Bilderbuchhochzeit. Maria hat eine wunderschöne Torte gebacken. Aurora's Hochzeitskleid ist sehr schlicht gehalten. Sie wollte etwas einfaches und bequemes haben. Der Blonde hat dagegen komplett auf einen Smoking verzichtet und hat sich ein elegantes, schwarzes Hemd und eine bequeme, gestreifte Hose angezogen. Es wird einen ganzen Tag und eine ganze Nacht lang gefeiert. Tanzen, verrückte Spiele und ein gutes Essen. Ein absolut unvergessliches Ereignis, doch nicht nur Aurora ist froh, als sie endlich ins Bett kann. Doch bevor sie sich schlafen legt, hat sie für Reiner noch ein kleines Geschenk. „Du hast mich ja einmal gefragt, was ich jeden Abend in Handarbeit gefertigt habe." Immer wenn sie nichts zu tun hatte und Reiner nicht Zuhause war, hat sie weiter daran gearbeitet. Sie holt aus dem Schrank eine kleine Schachtel und stellt sie ihm auf den Tisch. „Mach sie auf." Nun wirklich neugierig geworden, hebt er den Deckel ab und schaut sich den Inhalt an. „...Oh mein Gott...", sagt er. Reiner nimmt eine kleine Puppe heraus, die genauso aussieht wie der Gepanzerte. Ihm schießen die Tränen in die Augen. „Das bin ja ich..." Er weiß ganz genau, dass es das erste Spielzeug für ihr gemeinsames Kind ist. Wieder einmal, hat Aurora ihre Kreativität bewiesen. Der ausgestopfte Panzertitan ist mit gereinigter Schaf und Ziegenwolle gefüllt. „Ich bin sicher, dass unser Kleines ihn lieben wird."

Behutsam, legt er die kleine Puppe in die Schachtel zurück und verschließt sie wieder. „Lass uns schlafen gehen, ich kann die Augen nicht mehr offen halten." Doch vorher muss noch das Abendritual sein, das Reiner sich angewöhnt hat. Er legt seinen Kopf auf ihrem Bauch ab, lauscht und erzählt seinem ungeborenen Kind eine Gutenachtgeschichte. Danach dreht er sich mit Aurora auf die Seite, schmiegt sich an ihren Rücken und legt seine Hand auf ihrem Bauch ab. Noch ist er flach wie immer, doch in ein paar Monaten wird er gewachsen und rundlich sein. Dann wird es nicht mehr lange dauern, wo er das winzige Ding endlich im Arm halten kann. Doch zuvor wird man es strampeln spüren. Auf diesen besonderen Moment freut er sich jetzt schon. Doch es macht ihn wirklich verrückt, dass er wieder warten muss. Eigentlich ist Reiner ein sehr geduldiger Mensch, allerdings hat er sich bei dieser Sache in eine tickende Zeitbombe verwandelt. Das einzige was ihn einigermaßen am Boden hält, ist jeden Tag die Zahl, die er am Abend abstreichen kann. Aurora kreuzt ihre Finger mit seinen, öffnet schwach die Augen und bestaunt ihren goldenen Ehering. Inzwischen herrscht auch der Sommer und die Temperaturen sind angestiegen. Aurora hat auch einen kleinen Garten angelegt, in dessen Beeten nicht nur Sellerie wächst. „...Wäre der Gepanzerte jetzt hier, würde ich wohl eingehen wie eine Primel", scherzt sie. „...Wahrscheinlich...", stimmt er leise nuschelnd zu und schläft schließlich ein. Aurora lächelt kurzerhand darauf, denn es ist das erste mal, dass sie gegen ihn gewonnen hat. Allerdings kann dann auch sie nicht mehr und gibt der enormen Müdigkeit ohne weiteren Widerstand nach.

Endlich hat sie geheiratet, erwartet ein Kind und hat ein wunderbares Zuhause gefunden. Aurora ist sich sicher, dass ihre Mutter unglaublich stolz auf sie wäre. Manchmal fühlt es sich so an, als ob Victoria noch immer hier wäre und über ihre Tochter wacht. Genau hier wo sie jetzt ist, wollten sie ursprünglich hin fliehen. Sie ist genau da, wo sie sein soll. Die nächsten Tage sind ziemlich eintönig, aber notwendig. Reiner hilft sehr oft auf den Feldern aus. Sie müssen unbedingt die Wintervorräte anlegen, um gut durch die kalte Jahreszeit zu kommen. Auch hat er nicht schlecht gestaunt, als man ihm einen unterirdischen Eiskeller gezeigt hat, wo man Lebensmittel lagern und Natureis abbauen kann. In seiner heutigen Mittagspause, stibitzt er ein bisschen von dem Eis. In der heimischen Küche geht er es zerstoßen, mischt es mit Früchten und etwas Zucker, um seiner Frau eine kleine Nascherei anzubieten. Das ist seine persönliche Rache an ihr, nachdem Aurora jeden Tag zu ihm auf die Reisfelder kommt und ihn nötigt etwas zu essen. Doch sie lacht einmal darauf, taucht ihren Finger in das fruchtige Eis und tippt ihm auf die Nasenspitze. „...Hey!" Aus irgendeinen Grund erinnert ihn das an etwas. „Was denn, kannst du es dir nicht von der Nasenspitze abschlecken?" Reiner grummelt einmal leise, denn das kann er nur in seiner Titanenform. „Das gibt Rache", verspricht er ihr. „Na darauf bin ich aber schon gespannt", kontert sie geschickt. Und so vergehen die Tage weiter. Wochen. Monate. Der Sommer war heißer als sonst, zumindest ist es Aurora so vorgekommen. Sie hat die Blätter von den Bäumen fallen sehen. Sogar der riesige Kirschbaum hat im Sommer unzählige Früchte getragen und im Herbst hat er all seine Blätter abgeworfen, um in einen tiefen Winterschlaf zu verfallen.

Aurora betrachtet den handgemachten Kalender, den Reiner damals angefertigt hat. Inzwischen hat sie einen sichtbaren Babybauch bekommen, weshalb Reiner sie nicht mehr alleine lässt. In jeder einzelnen Sekunde wo er nicht bei ihr ist, hat er Angst, dass ihr oder dem Baby etwas passieren könnte. Vorsichtig, legt er seine Arme von hinten um sie und streichelt über die kleine Kugel. Er haucht ihr einen Kuss auf den Hals und sie genießt es einfach, dass sie so von ihm umsorgt wird. „Langsam wird das Feuerholz knapp, ich gehe neues hacken", meint Reiner. „Danke, ich bereite derweil das Essen vor." Eine von den leichten Arbeiten, wo der Blondschopf ihr noch erlaubt. Normal ist Reiner wirklich nicht herrschsüchtig, er will lediglich seine Frau und sein Kind beschützen. Sie kann unten im Keller hören, wie sich die Axt gnadenlos in das Holz frisst und es in brennbare Stücke teilt. Obwohl er nicht einmal ansatzweise fertig ist, legt er dennoch schnell neue Holzscheite in den Kamin, um weitere Wärme im Haus zu sichern. Draußen hat es das schneien angefangen. Eigentlich ist es ein ganz gewöhnlicher Wintertag, doch für Aurora ist es ein ganz besonderer. Denn genau heute vor einem Jahr, ist sie dem Gepanzerten zum allerersten mal begegnet. Es kommt ihr so vor, dass sie Reiner schon ewig kennen würde, doch tatsächlich ist es erst ein Jahr her. Sie hat ihn kennen und lieben gelernt. Hat ihn geheiratet und trägt sein ungeborenes Kind in sich. Und sie bereut nichts von alldem. Während er also weiter Holz hackt, macht sie das Abendessen.

Und der Anblick von diesem Essen, wecken in Reiner verblasste Erinnerungen, denn es ist der Eintopf, den Aurora an jenem Tag gekocht hatte. „...Willst du...vielleicht auch was...?", fragt sie ihn. Das waren die ersten Worte, die sie je an ihn gerichtet hat. „...Ich erinnere mich an diesen Tag. Kaum zu glauben, dass es erst ein Jahr her ist." Reiner taucht seinen Löffel in den Eintopf und probiert davon. „Ich habe es dir zwar nie erzählt, doch wenn du damals dein Essen nicht mit mir geteilt hättest, wäre ich womöglich verhungert." Aurora schaut ihn ziemlich überrascht an. „...Wirklich?" Er nickt. „Ich hatte seit zwei Wochen nichts mehr gegessen und habe vor lauter Verzweiflung angefangen Bäume zu fressen. Tiere erwischt man nur selten im Winter. Ich habe in dir nicht nur meine Rettung, sondern auch eine Chance gesehen." Sie weiß, auf was er anspielt. Wenn sie damals davongelaufen wäre, wo würde sie heute nur sein? Sicher wäre sie inzwischen tot. Bevor sie Reiner getroffen hat, wurde sie mehr als nur einmal fast von einem Titan gefressen. Sie konnte all die Jahre wirklich nur durch Vorsicht und Arglist überleben. Sie war einfach nur schlauer als diese Vollzeitschwachköpfe. Nachdem sie gegessen haben, schaut sie Reiner einmal vielsagend an. Er hebt eine Augenbraue und erwidert ihren Blick. „Was ist?" Sie grinst ihn breit und verschmitzt an. „Weißt du, was jetzt wirklich toll wäre?" Sie flüstert es ihm zu und er plustert die Wangen auf. „Kommt auf keinen Fall in Frage", antwortet er aufbrausend. „Ach komm schon, jetzt sei doch nicht so gemein." Sie setzt ihren süßesten Schmollmund auf und betrachtet ihn mit einem bettelten Hundebabyblick. Langsam kommt Reiner ins schwitzen. „Ich habe nein gesagt. Das ist viel zu gefährlich." Allerdings denkt Aurora nicht ans aufgeben. Sie richtet sich auf und beugt sich zu ihm über den Tisch. „Biiiiiitte", bettelt sie weiter. Reiner macht es ihr gleich und sie pressen ihre Gesichter aneinander. „Und wenn du dich auf den Kopf stellst und mit den Beinen wackelst – es bleibt bei nein."

Eine halbe Stunde später...

Reiner stöhnt einmal genervt, während sich Aurora bis zur Nasenspitze ins warme Quellwasser sinken lässt. „Ich kann einfach nicht glauben, dass ich echt nachgegeben hab..." Er legt einen Arm um sie und drückt sie näher zu sich. „Es schneit, ist arschkalt und du hast nichts besseres zu tun, außer bei dieser Witterung baden zu gehen." Auch wenn sie gerade ausgeschimpft wird, könnte sie nicht glücklicher sein. „Ich glaube kaum, dass unser Baby erfrieren wird, nur weil wir mal baden gehen. Außerdem habe ich doch dich." Sie blickt einmal zur Seite und muss einfach schräg grinsen. „Ich verstehe ja, dass du dir Sorgen machst, aber sind die fünf Decken da drüben und das Lagerfeuer nicht ein kleines bisschen übertrieben?" Da kennt sie Reiner aber schlecht. Wenn er erstmal loslegt, dann aber richtig. „Überhaupt nicht. Am liebsten würde ich mich verwandeln und dich in meinen Brustpanzer stecken." Ein wirklich sehr reizvoller Gedanke, der Aurora schmunzeln lässt. Sie denkt wirklich darüber nach ihn herauszufordern. „Was hält dich davon ab es nicht zu tun?" Und schon bereut er, das gesagt zu haben. „Du weißt genau, dass es nicht geht..." Die Dorfbewohner könnten etwas mitbekommen. Sie könnten...müssen aber nicht. „Wirklich sehr schade", seufzt sie enttäuscht. „Aber wenn ich ehrlich bin, dann ist der Brustpanzer schon irgendwie langweilig geworden. Ich würde ja ein Panzerstück weiter unten bevorzugen. Ein bisschen viel weiter unten..." Sofort schießt Reiner die Röte ins Gesicht, denn er hat diese zweideutige Anspielung durchaus verstanden. „Hey, was soll das denn heißen?" Sofort bricht sie in schallendes Gelächter aus. „Du weißt aber schon, dass da unten nichts ist, oder?" Er ist wirklich süß, wenn er sich so künstlich aufregt. „Davon muss ich mich erst selbst überzeugen", schnurrt sie.

Langsam legt sich die Aufregung wieder. Aurora hat gar nicht gewusst, dass sie so scharf mit Worten kontern kann. Alleine um seinen verdutzten Blick zu sehen, war es ihr das wert gewesen. Allerdings scheint das Reiner auch auf seltsame Gedanken gebracht zu haben, denn er tippt nervös mit dem Fingern auf der Wasseroberfläche herum. „Also wirklich, wie kommst du nur auf so einen Blödsinn?" Das kann sie ihm leicht und locker beantworten, denn sie hebt ihre Hand und zeigt ihm ihren Ehering. „Siehst du das? Du hast den gleichen und das bedeutet: Alles meins. Egal ob der große oder der kleine Reiner. Alles meins." Er stöhnt einmal zufrieden. „Ich hoffe du weißt, dass das auch andersherum so ist. Wenn einer meint er muss dich begehren, dann haue ich ihm die Zähne aus dem Gesicht. So einfach ist das", sagt er besitzergreifend. Nun ist sie es, die errötet und sich verlegen an ihn kuschelt. „...Weißt du was echt abgefahren wäre? Wenn der große Reiner im Dorf einen riesigen Schneemann bauen würde." Sofort bestraft er sie mit einem bösen Blick. „Hey, ich habe nicht gesagt, dass du es machen sollst. Ich habe nur gesagt, dass es abgefahren wäre." Der Blonde schüttelt einmal wortlos den Kopf. „Ich schwöre dir beim Gepanzerten...wenn du krank wirst, dann binde ich dich eigenhändig im Bett fest." Aurora weiß nicht, ob er nur vom Thema ablenken will, oder ob er das wirklich ernst meint. „Da will ich auch dabei sein", antwortet sie frech. „Oh, glaube mir. Du wirst dabei sein..." Es ist ein wirklich zauberhafter Abend gewesen, doch langsam beginnt sie zu frieren. „Brr...mir wird langsam kalt. Lass uns nach Hause gehen." Reiner nickt und steigt aus dem Wasser. Sofort überkommt ihm die Kälte und es stellen sich ihm sämtliche Körperhaare auf. Doch er wickelt Aurora erst dick ein, bevor er sich selbst ein Handtuch und eine Decke nimmt. Sie wird von ihm nach Hause getragen. Durch das natürliche und heiße Badewasser ist sie sehr schläfrig geworden, weshalb sie noch vor dem eigentlichen Bett eingeschlafen ist. Trotzdem kann und will Reiner nicht auf sein abendliches Ritual verzichten. Er legt seinen Kopf vorsichtig an ihren Bauch und erzählt seinem Kind eine Geschichte. Gerade als er sich wieder lösen will, passiert etwas unglaubliches. Es bewegt sich. Er hat das Ungeborene treten gespürt. Ein sehr gutes Zeichen dafür, dass es ihm gut geht und putzmunter ist. Er ist den Tränen nahe. „...Gute Nacht, mein kleiner Liebling", flüstert er. Reiner hat begriffen: Wenn es Aurora gut geht, dann geht es dem Kind auch gut.

Am nächsten Morgen wird sie wach. Sie streckt sich einmal und dehnt sich. „Morgen...", brummt sie und öffnet die Augen. Erst jetzt bemerkt sie, dass Reiner gar nicht da ist. „Reiner?" Keine Antwort. „Hey, wo bist du denn?" Vielleicht steht er gerade unten in der Küche und macht das Frühstück. Also geht sie erst einmal zur Toilette, doch in der kleinen Küche ist er auch nicht. Langsam steigt in Aurora die Angst hoch, doch dann entdeckt sie einen Brief auf den Küchentisch. Sie entfaltet ihn und beginnt damit ihn zu lesen. „...Wir treffen uns an der heißen Quelle. Zieh dich warm an und bring ein Messer mit..." Sie runzelt die Stirn. „Ein Messer...? Wieso das denn?" Sofort zieht sie sich an und schlüpft in einen dicken Mantel und warme Stiefel. Aurora denkt sich nichts dabei und schnappt sich ein Küchenmesser. „So eine Frechheit, mich hier in Herrgottsfrühe alleine zu lassen. Dem erzähle ich etwas anderes, diesem...-" Sie reißt die Tür wütend auf und...ihr fällt im Zeitraffer die Kinnlade nach unten. „...Spinner...", beendet sie nun ihren Satz. Aurora legt den Kopf in den Nacken und begutachtet den riesigen Schneemann, der mitten auf dem Dorfplatz steht. „...Was...zur...Hölle...?" Sie kommt nun heraus und sämtliche Dorfbewohner stehen ratlos vor dem kolossalen Ding. „Das ist...Mütterchen...hat einer von euch gesehen, wer den gebaut hat?" Alle – wirklich ALLE schütteln den Kopf. „Nein, Kindchen...niemand hat gesehen, wer diesen riesigen Schneemann da hingestellt hat. Geschweige denn wie man das bewerkstelligen kann." Aurora kann einfach nicht glauben, dass er das wirklich gemacht hat. „Oh mein Gott, mein Kopf explodiert gleich. Ich muss erstmal ein bisschen frische Luft schnappen. Reiner hat gesagt, dass er mir etwas interessantes zeigen will." Maria nickt ihr zu. „Pass auf dich auf."

Aurora verlässt das Dorf und stellt sicher, dass ihr absolut niemand folgt. Wie er es in dem Brief geschrieben hat, kommt sie zu der heißen Quelle, doch von Reiner ist absolut nichts zu sehen. Nervös schaut sie sich um. „Hey...bist du da?" Stille. Doch er hat ihre Stimme erkannt und schließlich kommt der Gepanzerte hinter einem großen Felsen hervor. Sofort erhellt sich ihr Blick als sie ihn sieht. Und dann muss sie so sehr lachen, dass ihr die Tränen in die Augen schießen. „Das hast du nicht wirklich gemacht, oder? Und du sagst ich wäre verrückt? Du bist noch viel durchgeknallter als ich." Reiner klappt seine Kieferpanzerung nach unten und grinst so breit wie noch nie. „Oh, du meine Güte...du hättest mal meinen Blick sehen müssen. Die anderen stehen alle um den Schneemann herum und rätseln wo der her kommt. Na wenn die wüssten." Jetzt weiß sie auch, wofür sie das Messer hat mitnehmen sollen. „Du bist eben doch was ganz besonderes. Na schön, dann hole ich dich mal da raus. Aber zuvor will ich noch was sehen. Los, du weißt was ich will." Der Gepanzerte hat sie gewarnt, also schmeißt er einfach die Panzerung unterhalb seiner Gürtellinie ab. Voller Vorfreude, sieht sie dem Brocken nach, doch umso enttäuschter ist sie dann, als er recht behält. Zwischen seinen Schenkeln ist einfach...gar nichts. „Aww...", macht sie es enttäuscht. „Na schön, der Punkt geht an dich. Vielleicht hätte ich besser ein Seil mitnehmen sollen. Das wird echt knifflig, dich da wieder rauszubekommen." Aurora ist verwundert, als er sich plötzlich auf die Seite legt, ihr aber seinen Nacken und nicht sein Maul präsentiert. Doch im nächsten Moment fällt ihr etwas bedeutendes auf. „Ein Stück von deinem Nackenpanzer fehlt...wie bist du den denn losgeworden?" An einer scharfen Steinkante kann sie deutliche Abnutzungen sehen. „Dich hat doch echt der Blitz auf'm Klo getroffen, oder?" Sie kann eins uns zusammenzählen. Reiner hat seinen Nacken sooft gegen die Steinkante gerammt, bis ihm ein Stück des Panzers ausgebrochen ist. Es ist nicht viel Platz, reicht aber dennoch, um ihn von hinten herausschneiden zu können.

„In naher Zukunft solltest du mit deinen Wünschen vorsichtiger sein, denn es könnte durchaus passieren, dass mich der Blitz erneut auf dem Klo trifft", kommentiert Reiner, nachdem er sich aus dem Nacken des Gepanzerten gelöst hat. Sofort fällt sie ihm um den Hals und kreischt einmal aufgedreht. „Ich kann nicht glauben, dass du so blöd warst und hast auf mich gehört. Wenn dich einer gesehen hätte, wäre wahrscheinlich alles aufgeflogen." Trotzdem hat diese Aktion sie sowas von glücklich gemacht. „Gerade du, wo so ein Angsthase wegen dem Baby bist." Reiner bringt sie mit einem Kuss zum schweigen. „Ich wollte dich nur glücklich machen. Anscheinend ist mir das ganz gut gelungen. „Also gut. Warten wir, bis er verdampft ist, dann gehen wir zurück ins Dorf. Bis dahin sollten auch meine Verwandlungsnarben verschwunden sein." Für Aurora war das ein wirklich zauberhaftes Winterabenteuer. Anderthalb Stunden später, kommen sie zusammen in das kleine Dorf zurück. Und natürlich tut Reiner äußerst überrascht, als er den riesigen Schneemann erblickt, den er selbst gebaut hat. „Was ist das denn?!" Er legt den Kopf ungläubig in den Nacken und blickt nach oben. Jesper kommt zu ihm und kratzt sich ratlos an der Wange. „Wir wissen auch nicht, wo der herkommt. Ich kann mir einfach nicht erklären, wer oder was solch eine kolossale Schneefigur aufgestellt hat." Obwohl Reiner absolut sicher war, dass ihn niemand gesehen hat, scheint er wohl doch nicht vorsichtig genug gewesen zu sein. Denn auf einmal kommt ein siebenjähriger Junge in den Versammlungskreis. „Aber ich weiß es", platzt er plötzlich los. „Da war ein Riese in unserem Dorf und der hat den großen Schneemann gebaut." Sofort sinkt Aurora das Herz in die Hose und auch Reiner muss einmal schlucken. Doch sind beide sehr erleichtert, als seine Mutter ihm eine Kopfnuss verpasst. „Rede doch nicht so einen Unsinn, Leon. So ein unrealistischer Firlefanz. Es gibt doch gar keine Riesen." Der Junge hält sich den Kopf. „Aber ich lüge nicht, Mama. Ich habe ihn wirklich gesehen. Er war riesengroß, hat den großen Schneemann gebaut und dann ist er abgehauen."

Nun bricht Aurora in glockenhelles Gelächter aus. „Ich glaube eher, dass dir deine Mutter zu oft Gullivers Reisen vorgelesen hat." Leon plustert wütend die Backen auf. „Ihr großen seid alle total doof. Bald wird dein Baby geboren und dann bin nicht mehr ich der Knirps der Dorfes. Ich hab ihn trotzdem gesehen." Sie lächelt ihn einmal mild an. „Ach und wann soll das gewesen sein?" Endlich hat sie die Aufmerksamkeit des Jungen bekommen. „Das war gegen halb drei. Ich musste ganz dringend aufs Klo und ich hab ihn durch das Fenster gesehen." Das ist für Aurora eine gute Übung, also ärgert sie Leon ein bisschen. „Woher willst du wissen, dass es ein er war?" Da schaut Leon sie dümmlich an. „Na weil es eben ein er war. Er hatte einen Sixpack und Frauen haben sowas nicht." Das könnte ein Problem darstellen. Der Bengel ist aufmerksamer als erwartet. Daher ändert sie ihre Strategie. „Weißt du was, Leon? Ich glaube dir." Überrascht schaut der Junge sie an, doch plustert er wieder die Wangen auf. „Tust du nicht...eben hast du noch gesagt, dass meine Mama mir zu oft Gullivers Reisen vorgelesen hat. Du willst mich nur ärgern." Doch sie lächelt ihn weiterhin an. „Weißt du, mein Kleiner...die Welt ist voller Geheimnisse. Und manchmal existieren Wesen, die uns surreal erscheinen. Vielleicht gibt es Riesen wirklich. Und weißt du auch, was Riesen am liebsten essen?" Nun doch interessiert schüttelt er den Kopf. „Am liebsten fressen sie kleine Kinder. Besonders so freche Rotzlöffel wie du einer bist. Jetzt geh deiner Mama sofort im Haushalt helfen. Denn sonst kommt er womöglich zurück und wird dich verschlingen!" Sofort fängt Leon an zu schreien. „Ich bin ein braver Junge! Versprochen!" Er wetzt seiner Mutter hinterher, um ihr im Haushalt zu helfen. Reiner schüttelt den Kopf und kann einfach nicht aufhören zu grinsen. „Unglaublich, dass er dir das echt abgekauft hat. Riesen...so ein Blödsinn..." Es ist mehr als nur sarkastisch, dass Reiner sich selbst verarscht, doch es muss sein. Er hätte besser aufpassen müssen. Zumindest weiß er jetzt, dass Leon ihn in seiner Titanenform gesehen hat. Das nächste mal wird das nicht mehr passieren. Denn es wird kein nächstes mal mehr geben.


Mein großer Freund, der PanzertitanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt