Aurora richtet das hübsche rosa Kleidchen, welches sie Marnie angezogen hat. Anschließend kämmt sie ihr die Haare und flechtet sie zu einem Fischgrätenzopf. „Schau mal, Papi. Ich bin sehr hübsch." Sie dreht sich vor ihm einmal im Kreis und lacht dabei. Reiner geht auf ein Knie herunter und streichelt ihr über die Wange. „Du siehst bezaubernd aus, meine kleine Prinzessin. Dann lass uns mal gehen, sonst verpassen wir noch was." Heute fängt das Kirschblütenfest an und es geht ganze drei Tage. „Vergiss deinen Freund nicht", erinnert Aurora sie daran. Schnell flitzt das kleine Mädchen nochmal in ihre Spielecke und klemmt sich die Puppe des Panzertitan unter den Arm. Sie will ihn unbedingt mitnehmen, damit er auch etwas Spaß auf dem Fest hat. Reiner nimmt sie an die Hand und dann verlassen sie zu dritt das Haus. Schon hier, kann man die fröhliche Musik, das lachen der Menschen und den köstlichen Geruch von Süßigkeiten und Essen wahrnehmen. Man kann die Aufregung des Mädchens durchaus nachvollziehen und schließlich weiten sich ihre Augen, als sie mit ihren Eltern mitten auf dem Fest ist. „Wow...", staunt sie. So etwas hat sie noch nie gesehen. Marnie kennt so gut wie alle Gesichter aus dem Dorf, doch hier sind so viele fremde Menschen, die sich angeregt miteinander unterhalten. Gleichzeitig schüchtert sie das ein bisschen ein, sodass sie sich näher an ihren Papa drückt. „Du musst keine Angst haben. Das sind alles sehr nette Menschen und wenn du willst, kann ich dich auch tragen." Sie schaut zu ihm hoch und überlegt, ob sie sein Angebot annehmen soll. Doch dann weht ihr ein absolut göttlicher Geruch in die Nase.
„Papi...komm mit." Sie zieht ihn hinter sich her und Reiner packt Aurora an der Hand, damit sie nicht im Getümmel untergeht. Seine kleine Tochter muss einfach wissen was das ist und schließlich steht sie vor einem Verkaufsstand, wo ein freundlicher älterer Herr hauchdünne Pfannkuchen mit flüssiger Schokoladenfüllung anbietet. Sie sehen so lecker aus und Marnie würde so gerne einen essen. Doch sie ist ein Kind und hat daher kein Geld, um ihn bezahlen zu können. Also dreht sie sich zu ihrem Vater um und schaut ihn mit solch einem herzzerreißenden Blick an, dass seine goldfarbenen Augen ganz weich werden. Er lächelt und zückt seine Geldbörse hervor. Glücklich sitzt sie einen Moment später auf seinen Schultern und mampft mit geröteten Wangen ihren Schokoladenpfannkuchen. Nachdem sie fertig ist, muss man ihr erst einmal die Hände und den Mund sauber machen. Aurora hat ihr zuvor noch ein mitgebrachtes Küchentuch umgebunden, damit sie ihr schönes Kleidchen nicht voll kleckert. Ihre Mutter lacht einmal belustigt, denn sie weiß, dass Marnie ihren Vater voll in der Hand hat. Tatsächlich würde Reiner alles für sie tun. Was aber nicht heißt, dass er ihr alles durchgehen lässt. Er erzieht seine Tochter mit viel Liebe, Konsequenz und festen Regeln. Wenn sie tut, was man ihr sagt, dann wird sie belohnt. Wenn sie ihren Eltern hingegen nicht gehorcht, wird sie bestraft. So einfach ist das. Und Marnie hat ziemlich schnell verstanden, wie die Regeln dieser Welt funktionieren. Doch hin und wieder fängt sie an zu bocken und versucht ihren eigenen Kopf durchzusetzen. Maria hat dem jungen Ehepaar beigebracht, dass man bei einem Kind viel mit Erpressung arbeiten muss. Doch man sollte auch Kompromisse finden und auch einmal nachgeben. Plötzlich wird das kleine Mädchen ziemlich unruhig und zupft an Reiners blonden Haaren herum. „Was hast du denn auf einmal?" Sie verzieht das Gesicht und wimmert leise. „Oh...ich verstehe schon."
Ihre Eltern verschwinden mit ihr hinter einem Sichtschutz, um den kleinen Unfall zu beseitigen. Reiner tröstet sie, während Aurora ihr das Höschen wechselt. „Nicht weinen, meine Süße. Das ist doch nicht schlimm. So ein kleiner Unfall kann immer wieder mal passieren." Vor lauter Aufregung hat die Kleine ihren Harndrang zu spät bemerkt und hat sich eingenässt. Für solche Fälle ist ihre Mutter immer vorbereitet und hat stets eine Tasche mit frischen Unterhöschen und Windeln dabei. Nachts kommt Marnie noch nicht ohne Windel aus, doch tagsüber hält sie schon tapfer durch und geht auf's Kindertöpfchen. Reiner reinigt sich schnell mit einem feuchten Tuch und trocknet dann alles an der Luft ab. Von der eigenen Tochter angepieselt zu werden, gehört zu den Vaterfreuden eben dazu. Er nimmt sie auf den Arm und küsst sie mehrere male ab. Sie mag es mit ihrem Papa zu kuscheln und lacht dann wieder. „Zumindest ist dein hübsches Kleidchen trocken geblieben. Wenn du wieder musst, dann sag Mama oder mir einfach bescheid, okay?" Sie nickt und schmiegt sich an ihn. Dennoch ist ihr dieser Patzer äußerst peinlich gewesen. „Entschuldigung, Papa...hab dich nass gemacht." Doch er schüttelt den Kopf. „Das ist wirklich nicht schlimm, Marnie. Als ich so alt war wie du, habe ich meine Mutter auch mal angepieselt." Nun schaut sie ihn überrascht an. „...Echt...?" So ungläubig wie sie gerade aussieht, muss er einfach lachen. „Ja. Und ich habe dann auch immer geweint und sie hat gelacht." Plötzlich kommt ihr ein ganz anderer Gedanke auf. „Und dann hat dich Großmama gar nicht ausgeschimpft?" Dieses Kind ist wirklich neugierig. Natürlich weiß Aurora, dass sie hier von Maria spricht. Immerhin sieht sie die alte Dame als ihre richtige Großmutter an. Doch weder ihr Vater noch ihre Mutter sind mit ihr Blutsverwandt. Für Marnie hingegen, war es die einfachste Lösung. Sie werden ihr die Wahrheit erzählen, wenn sie älter geworden ist. „Nein. Sie hat mich nie ausgeschimpft. Ein jeder Mensch ist einzigartig und hat eine eigene Persönlichkeit. Ein alter Freund von mir, hat im Schlaf immer die seltsamsten Positionen eingenommen. Das sah wirklich sehr witzig aus."
Sie kichert einmal leise. „Wie heißt er denn?", will sie dann wissen. „Sein Name ist Berthold. Leider habe ich ihn zuletzt vor ein paar Jahren gesehen." Augenblicklich muss Aurora kichern und hält sich eine Hand vor dem Mund. „...Wenn ich mir das in seiner Übergröße vorstelle...", nuschelt sie leise. Da schaut Marnie sie mit schief gelegten Kopf an. „Was hast du gesagt, Mami?" Tatsächlich hat sie Gigantos nie vergessen und fragt sich immer wieder einmal, wie es ihm wohl geht. Geschweige denn, was er so treibt. „Nichts, meine Süße. Mama hat nur laut gedacht. Lass uns wieder zurück auf das Fest gehen. Nicht, dass wir etwas spannendes verpassen." Mit einem trockenen Höschen und gefülltem Bäuchlein, möchte das kleine Mädchen nun auch das Fest weiter erkunden. Oben auf dem spiralförmigen Berg und der schier endlos langen Treppe, thront der uralte Kirschbaum im Sonnenschein. Noch hat er einen Teil seiner rosafarbenen Blüten, doch schon bald werden auch diese gar abgefallen sein. Marnie legt den Kopf in den Nacken und staunt darüber, wie riesig er doch ist. „Papa, will zum Kirschbaum", sagt sie dann fasziniert. Reiner schnauft einmal belustigt. Er nimmt Aurora und Marnie an die Hand und macht sich daran, die Treppe zu erklimmen. Irgendwann kann seine Kleine nicht mehr, sodass er sie den restlichen Berg hoch tragen muss. Oben angekommen, entdeckt sie Maria, die gerade ein Räucherstäbchen vor der kleinen Opferstelle anzündet. „Großmama!" Marnie löst sich von Reiner und rennt mit ausgestreckten Armen auf sie zu. Die alte Dame dreht sich um und umarmt das stürmische Kind. „Hallo, meine Süße. Das ist aber nett, dass du mich besuchen kommst." Aurora blinzelt ihr einmal freundlich zu. „Das Kirschblütenfest ist dieses Jahr noch schöner als vorheriges mal. Marnie wollte unbedingt hierher kommen, um sich den heiligen Baum anzusehen."
Maria lacht einmal liebevoll und streichelt dem Mädchen über die hübschen, blonden Haare. Eine der Kirschblüten löst sich von ihrem Ast und segelt sanft im Wind herunter. Marnie streckt ihre kleinen Hände aus und versucht sie zu fangen. Lautlos, landet sie auf dem Boden, bevor sie von ihr aufgehoben und angeschaut wird. „Ihr beide habt mit diesem Kind wieder so viel Leben in unser Dorf gebracht. Ich werde dieses Jahr sechsundachtzig und habe beinahe vergessen was es bedeutet zu leben." Wieder löst sich eine Kirschblüte und diesmal bekommt Marnie sie zu fassen. „Großmama? Alle sagen, dass der Baum ganz alt ist. Wie heißt denn der Baum eigentlich?" Maria richtet ihren Blick nach oben. „Sein Name ist Sakura. Das bedeutet Kirschblüte." Das alte Mütterchen setzt sich einen Moment auf die Bank, die hier einst aufgestellt wurde. „Weißt du, meine Kleine. Als ich so alt war wie du, da hat mir meine eigene Großmutter eine Geschichte erzählt. Angeblich soll in diesem Baum vor langer Zeit ein freundlicher Waldgeist gelebt haben. Als dieser Baum gepflanzt wurde, soll dieser Waldgeist sich so darüber gefreut haben, dass er die Menschen mit Wohlstand und Gesundheit gesegnet hat. Doch irgendwann starb er, doch seine Herzenswärme soll noch immer in diesem Baum stecken. Das soll auch der Grund sein, warum er so groß und so alt geworden ist. Es zu glauben oder nicht, liegt bei dir." Marnie lächelt breit über die Geschichte der Großmutter. Besser kann ein Kind nicht gucken. „Also ich glaube, dass der Baumgeist echt ist", sagt sie mit ihrer kindlichen Stimme. Ebenso wie sie glaubt, dass der Panzertitan existiert.. „Du bist ein so gutes Mädchen. Langsam muss ich wieder ins Dorf runter, sonst macht Jesper sich noch Sorgen." Sie begleiten die alte Dame also noch ein Stück und liefern sie bei dem geschwätzigen Großväterchen ab. „Wartet, einen Moment noch." Maria holt unter dem Tresen ihre Geldbörse hervor und steckt Marnie ein kleines Taschengeld zu. Ungläubig, schaut sie die alte Dame an und ihre Mutter räuspert sich, um sie daran zu erinnern was man danach sagt. „Dankeschön, Großmama." Aurora wirkt zufrieden. Immerhin kann die Macht von Worten viel bewirken.
Sie hat ihrer Tochter sehr früh beigebracht, dass man keine bösen Wörter in den Mund nehmen darf. Ebenso wie Marnie zügig gelernt hat, dass wenn man etwas möchte man Bitte sagt und Danke, wenn man es bekommen hat. „Kauf dir davon was schönes", sagt Maria und haucht ihr einen Kuss auf die Stirn. Sie grinst die alte Dame nochmal an, bevor ihre Mutter das Taschengeld einsteckt, damit es nicht verloren geht. „Jetzt geh und hab Spaß, meine Kleine." Sie umarmt ihre selbsternannte Oma noch einmal und geht dann mit ihren Eltern weiter das Fest unsicher machen. Allerdings bekommt sie dann große Augen, als der Magen ihrer Mutter sich laut knurrend bemerkbar macht. Aurora lacht einmal peinlich berührt. Reiner schüttelt den Kopf und grinst. „Gehen wir uns was zu essen holen." Glücklicherweise gibt es genug Möglichkeiten, um den Hunger loszuwerden. Nur ein paar Minuten später, beißt sie zufrieden an einem Pizzastück herum. Das sie so etwas nochmal essen darf. Aurora könnte weinen. Obwohl Marnie gerade nicht wirklich hungrig ist, mampft sie trotzdem den Belag herunter und Reiner muss den trockenen Boden essen. „Bekomme ich jetzt das nächste Stück?" Marnie grinst ihn einmal an und versucht mit beiden Händen das für sie viel zu große Pizzastück hochzunehmen, um es ihm zu geben. Natürlich kommt es wie es kommen muss, und es droht ihr aus den Händen auf den Boden zu fallen. Reiner reagiert aber schnell genug und schafft es gerade noch aufzufangen. Natürlich mit der belegten Seite nach unten, die nun schön seine Finger befleckt haben. „Ups...Entschuldigung, Papi..." Doch der Blonde schüttelt den Kopf und isst schnell sein ergattertes Pizzastück auf. „Dafür gibt es Wasser, Marnie." Jetzt ist noch ein Stück übrig. Aurora und Reiner schauen sich an und zwischen den beiden entstehen unsichtbare Blitze. Es knistert und ein möglicher Kampf um das begehrte, letzte Stück droht zu entstehen. Das kleine Mädchen hat schon ein bisschen Angst bekommen, dass ihre Eltern jetzt deswegen das Streiten anfangen. Doch sie finden eine friedliche Lösung und teilen es gerecht in zwei Hälften auf.
Eine große Pizza und drei gefüllte Bäuche. Reiner sucht den nächsten Dorfbrunnen auf und wäscht sich erst einmal. Auch seiner Tochter, muss er den Mund abwaschen, da sie doch mehr Soße im Gesicht kleben hat, als in ihrem kleinen Bäuchlein gelandet ist. Frisch gestärkt, schauen sie sich die zweite Hälfte des Festes an und plötzlich erregt ein bestimmtes Angebot Reiners Aufmerksamkeit. Ein älteres Ehepaar, hat einen Holzstand aufgebaut, wo man mit sehr viel Geschick ein flauschiges und süßes Kuscheltier gewinnen kann. Marnie hat wieder ihren Panzertitan in die Arme genommen. Doch ihrem Vater entgeht nicht, dass sie mit riesigen Augen und offenem Mund, ein ziemlich großes Plüschpferd bestaunt. Vor dem alten Keks hat sie zwar Angst, doch eigentlich mag sie Pferde. Reiner betrachtet sie mit seinen goldenen Augen und erträgt ihren traurigen, herzzerreißenden Anblick nicht. Wenn er genau darüber nachdenkt, war sie die letzte Zeit wirklich sehr brav gewesen. „Marnie...?" Sie löst ihren Blick und schaut ihn an. Reiner legt seine Hand auf ihren Kopf und lächelt sie an. Fünf Minuten später, schleppt er das große Stofftier nach Hause, da seine Tochter es einfach nicht tragen kann. „Ich habe keine Ahnung, wie du das geschafft hast. Allerdings hast du sie heute sehr glücklich gemacht." Aurora wirft ihm einen warnenden Seitenblick zu. „Trotzdem verwöhnst du sie zu sehr. Wenn du das morgen nochmal machst, bekommst du Riesenärger mit mir." Darauf wird es Reiner ankommen lassen. Am nächsten Tag, haben sich noch mehr Händler angetummelt, weshalb Marnie auch dort einen Grund findet, um das Taschengeld von Maria auszugeben. Aurora errötet ein bisschen dabei. „Die sind wirklich wunderschön..." Eine Frau aus dem fernen Osten ist nur wegen dem Kirschblütenfest angereist und verkauft hier ihre asiatischen Gewänder.
Natürlich sind sie sehr teuer und sowohl Aurora, als auch Marnie wollen eines haben. Beide schauen Reiner an, der in dieser Situation ganz schön überfordert ist. Dennoch holt er seine Geldbörse heraus und schaut hinein. Für zwei Kleider reicht es einfach nicht. Verzweiflung macht sich in ihm breit. Entweder ist seine Frau oder seine Tochter sauer auf ihn. Da wird er nicht drum herum kommen. Manchmal ist es nicht einfach, Vater zu sein. Allerdings ist Aurora eine Frau, die der Vernunft zugänglich ist. „Sie sind zwar sehr schön, aber ich brauche nicht unbedingt eines. Marnie soll eines haben." Sofort strahlt das Mädchen und sie grinst ihre Mutter glücklich an. „So viel zum Thema, ich verwöhne sie zu sehr...", kontert ihr Ehemann. Aurora wirft ihm einen unschuldigen Blick zu. „Das Kirschblütenfest ist doch nur einmal im Jahr", versucht sie sich herauszureden. Sie geht mit Marnie zu der Handelsfrau und bittet sie um eine Beratung bei den Kindergrößen. Die freundliche Dame sucht für die Kleine ein paar Modelle heraus, aus denen sie sich eines aussuchen kann. Lange muss Marnie dafür nicht überlegen. Sie sucht sich einen pinken Kimono aus, auf dem noch pinkere Kirschblüten und hübsche Pfauenvögel abgebildet sind. Sie darf das Gewand einmal anprobieren. „Es ist ein bisschen zu groß. Aber das macht nichts. Du kannst rein wachsen." Reiner bezahlt die asiatische Frau und mit einem nagelneuen Kimonokleid, geht es munter weiter auf dem Fest. Außerhalb des Dorfes gibt es noch mehr zu sehen. Dort wird für die Kleinsten auch ein Animations und Beschäftigungsprogramm angeboten. Reiner gönnt sich einen Moment der Ruhe, während Marnie mit ihrer Mutter basteln geht. Sie lernt gerade, wie man einen Origami-Kranich faltet. Aurora hilft ihr, die Kanten richtig aufeinanderzulegen und glattzustreichen. Allerdings ist Marnie noch zu klein, um die Blütenblattfalte und die Gegenbruchfalte zu machen. Auch das übernimmt ihre Mutter für sie. „Und jetzt musst du nur noch seinen Schnabel nach unten drücken und die Flügel in Form bringen."
Ihre kleine Tochter strahlt gerade über das ganze Gesicht und grinst von Ohr zu Ohr. Für ihren ersten Versuch, ist der Kranich wirklich ganz hübsch geworden. Sie steht auf und rennt zu ihrem Vater, der sich auf einer Bank niedergelassen hat. Stolz präsentiert sie ihm ihren Papierkranich. „Den schenke ich dir, Papa." Reiner macht große Augen und nimmt sie auf den Schoß. „Wirklich? Der ist für mich? Hab ich den denn auch verdient?" Sie knuddelt sich an ihn. „Du bist der beste Papa auf der ganzen Welt." Natürlich ist er das, immerhin hat sie nur einen. „Danke, meine Süße. Ich weiß dein Geschenk wirklich zu schätzen." Er packt sie und küsst sie kräftig ab, weshalb sie quietschend auflachen muss. Eigentlich wollte sie ihr Taschengeld für das Kleid ausgeben, doch es hätte ohnehin nicht gereicht. Also steuert sie stattdessen eine Frau an, bei der man Blumen kaufen kann. Sie bittet ihre Mutter um ihr Taschengeld und kauft davon einen kleinen Strauß an Sonnenblumen, den sie ihren Eltern schenkt. Aurora bekommt riesige Augen und ist den Tränen nahe. „Oh, Marnie...du sollst das doch nicht machen..." Sie nimmt ihre Tochter in den Arm und knuddelt sie einmal herzlich. Das kleine Mädchen hat von den beiden so viel bekommen und wollte einfach etwas zurückgeben. „Weißt du was? Wenn sie abgeblüht sind, dann holen wir die Sonnenblumenkerne raus und pflanzen sie nächstes Jahr im Garten ein. Dann wachsen ganz viele Sonnenblumen bei uns. Dann holen wir da wieder ein paar raus und mit dem restlichen Körnern kannst du die Tiere füttern." Darauf freut sich Marnie jetzt schon voller Ungeduld. Auch am dritten und letzten Tag, hatten sie viel Spaß zusammen. Doch am Abend hat es die kleine Blondine total zusammen gebröselt. Sie hängt in Reiners Arm wie ein Schluck Wasser in der Kurve und muss von ihm heimgetragen und ins Bett gebracht werden. Aurora will sie jetzt nicht mehr wecken, um ihr eine Windel anzuziehen. Also legt sie einfach eine saugfähige Unterlage in ihr Bettchen, die sie einfach wieder auswaschen kann. „Das war ein sehr aufregendes Wochenende für sie." Reiner gibt seiner Prinzessin noch einen Kuss auf die Schläfe und verlässt zusammen mit Aurora das Kinderzimmer. Umso stolzer sind sie auf ihre Kleine, da sie in der Nacht tatsächlich trocken geblieben ist. Sie hat mit ihren Eltern ein wunderbares Abenteuer erlebt. Das riesige Plüschpferd hat einen Platz in ihrem Kinderzimmer bekommen. Auch wenn sie es gern hat, mag sie die Puppe des Gepanzerten dennoch weiterhin am liebsten. Nach dem Kirschblütenfest, lässt sie diesen Tag ruhig angehen. Dabei ahnt niemand, was für ein Monster sich unaufhaltsam auf das kleine Dorf zubewegt.
Mia und Ivan arbeiten gerade in ihrem Garten, als etwas die Erde erzittern lässt. Besorgt schaut das ältere Ehepaar auf und entdeckt sofort den Grund dafür. Mia reibt sich die Augen und muss nochmal hinsehen. „Sag mal, Schatz, war nicht vor ein paar Jahren ein junges Mädchen mit einem ähnlichen Riesen zu Besuch?" Ivan nickt daraufhin. „Ja, ich erinnere mich an die Kleine. Ihr seltsamer Freund hat deine Pfannkuchen gegessen." Allerdings bemerkt Ivan ziemlich schnell, dass mit diesem Exemplar etwas nicht stimmt. Er ruft nach dem Titanen und versucht auf sich aufmerksam zu machen. Doch der wandernde Riese würdigt sie keines Blickes. „Frechheit! Ich wollte ihm gerade einen Kuchen und einen Tee anbieten, doch er ignoriert uns." Dabei ahnen die beiden nicht, wie viel Glück sie damit gehabt haben. Ratlos, schaut Ivan dem Giganten hinterher. „Was solls...dann eben nicht. Lass uns weitermachen, sonst werden wir nicht fertig, Liebes."
Eine gewisse Zeit später...
Marie kommt wie von der Tarantel gestochen vom Berg in das Dorf gerannt. „Großvater! Großvater! Da kommt ein Riese in unser Dorf." Der alte Mann lässt seine Hacke sinken und schaut auf. „Reiner?" Doch seine Enkelin schüttelt den Kopf. „Nein, der sieht ganz anders aus." Ihr Opa legt sein Werkzeug weg und kann nun auch die Erde beben spüren. Er will sich den fremden Besucher auch einmal ansehen. Der Titan, der auf das kleine Bergdorf zukommt, hat lange, blonde Haare. Blaue Augen und ein unnatürlich breites, schon schmerzhaft aussehendes Grinsen im Gesicht. „Hey, wohin des Weges?" Der alte Mann spricht den Riesen direkt an. Doch auch hier zeigt er keinerlei Reaktion. Er macht sich nicht einmal die Mühe den Kopf zu senken, um sich das Futter anzusehen, welches direkt vor seiner Schnauze liegt. Er schenkt absolut niemandem keinerlei Beachtung, sondern setzt nur stur einen Fuß vor den anderen. Seine überlangen und dünnen Arme sehen seltsam aus. „Großvater, warum ignoriert er uns?" Er schüttelt den Kopf. „Ich weiß es nicht, Marie. Aber dieser Titan wie dein Papa sie nennt, scheint ein eigenes Ziel zu verfolgen. Wenn ich ihn mir so anschaue, ich schätze ihn mal auf dreizehn oder vierzehn Meter." Sophia kommt gerade aus dem Hintergarten und hätte beinahe die frisch gepresste Limonade vor lauter Schreck fallen lassen. „Hat der mich erschreckt. Ist das ein Freund von Reiner?" Doch ihr Mann glaubt nicht, dass sich die beiden kennen. Oder vielleicht doch? Unwissende Menschen, nennen das Verhalten unhöflich oder desinteressiert. Doch wissende Menschen, bezeichnen diesen Titanen als einen Abnormen. Ein einzigartiger Titan, der nur ein einziges Ziel verfolgt. Töten. Töten. Und nochmal töten. Ohne auf Nahrung und Wasser angewiesen zu sein, hat dieses abnormale Monster in Rekordzeit die Ruinenstadt, die Wüste und das Bergdorf durchquert. Es fühlt sich von den Orten die Aurora besucht hat magisch angezogen und folgt weiter einem unsichtbaren Pfad. Absolut desinteressiert an den Menschen des Bergdorfes, setzt der Abnorme seinen Weg fort und bewegt sich weiterhin unaufhaltsam auf das kleine Dorf am Ende der Welt zu.
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Mein großer Freund, der Panzertitan
FanfictionDas Schicksal hat es nicht gut mit ihr gemeint. Doch hat sie einen gigantischen Freund, der zu ihr hält. Aurora ist eine gewöhnliche Frau mit einem schweren Leben. Verstoßen und verbannt, ist es ein Wunder, dass sie noch nicht gefressen wurde. An ei...