Mein Seelentier

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„Und nun zu euch", mein Vater wendet seine Aufmerksamkeit uns zwölf verbliebenen zu, als er damit fertig ist, den neuen Kriegern der Grenzpatrouillen Glück zu wünschen.

„Wir werden nun alle zusammen für die nächste Prüfung in den Wald gehen.", erklärt er, und steigt auf den Rücken seines Tigers. Ich erinnere mich an die vielen verschiedenen Geschichten die ich schon über diese zweite Prüfung gelesen habe, schöne, aber leider auch nicht so schöne. Gleich werde ich es selbst erfahren...

Slavo geht mit Laron voraus, und anders als mein Vater reitet er nicht auf seinem Seelentier, auch wenn er es könnte. Er hat mir mal erklärt, dass je mächtiger die Seele eines Menschen ist, desto größer und gefährlicher ist auch sein Tier, und wenn man in der Lage ist auf diesem zu reiten gehört man zu den mächtigsten Seelenkriegern. Doch die mit einer so mächtigen Seele sind sehr selten, und sind in den vergangenen Jahren noch seltener geworden, den Grund dafür kennt niemand. Viele behaupten, dass dies der Vorbote für eine Tragödie sei, und dass wir uns auf einen Krieg vorbereiten müssten. Dazu kommt, dass es in den letzten fünf Jahren nur insgesamt zehn Männer gegeben hat, die mit einem so großen Seelentier wieder aus dem Wald gekommen sind.

Ich beschleunige meine Schritte, um zu Slavo aufzuschließen, denn es gibt da etwas was ich unbedingt noch wissen muss. „Weißt du weshalb meine Augen geleuchtet haben?", falle ich direkt mit der Tür ins Haus, als ich neben ihm herhaste. Verdammt wie schnell läuft er denn eigentlich?

Er bedenkt mich nur mit einem kurz blick, dann dreht er sich prüfend nach lauschenden Ohren um. „Erstens rede nicht so laut! Und zu deiner Frage, habe ich leider darauf keine Antwort... Aber eins kann ich dir mit Sicherheit sagen, denn als du aus dem See kamst... diese Macht...", er sieht mich noch einmal an, und scheint nach den richtigen Worten zu suchen. Ich sehe ihn Fragend an.

„Deine Macht, ich konnte sie fühlen, sehen und riechen. Sowas habe ich noch nie erlebt, und nur wegen deinen leuchtenden Augen konnte niemand sehen, dass deine Verkleidung abgewaschen wurde. Wir reden später weiter, lass dich von nichts und niemanden ablenken." Ich denke über seine Worte nach, und verlangsame mein tempo. Er hat meine Macht gefühlt, gesehen und gerochen? Wie ist sowas überhaupt möglich? Das man die Macht gesehen hat, war offensichtlich, doch gefühlt und gerochen... Was meint er damit?

Der Wald durch den uns Slavo seit einer halben Ewigkeit führt ist eiskalt und stockfinster, trotzdem breitet sich in meinem Inneren, eine solche Wärme aus, wie ich sie noch nie gefühlt habe. Es ist strahlend hell in meinem Inneren, und je tiefer wir hinein gehen desto strahlender wird dieses Licht in mir. Was ist das nur für ein Gefühl?

Dann..., wie als Antwort auf meine stumme Frage, merke ich wie sich ein Gedanke und ein Bild in meinem Kopf festsetzt. Ich sehe es vor mir zwei wunderschöne glänzend pechschwarze Flügel aus Federn. Mein Seelentier ist ein Vogel? Doch welcher ist es? Noch nie habe ich solche Schwingen gesehen.

Slavo bleibt auf einer kleinen Lichtung stehen, und schaut über uns hinweg auf meinen Vater, der mit etwas Abstand auf Toranus auf uns zugeritten kommt. Er wird von zwei Wachen mit hüftgroßen Grauen Wölfen flankiert. Wir gehen auf die Seite, um eine Gasse für ihn zu bilden. Er stellt sich neben Slavo „Hier ist der Eingang zum Monsterwald", er zeigt hinter sich auf eine unverkennbare Linie, die unsere Seite des Waldes von der anderen trennt. Während es auf unserer Seite kühl und trist wirkt, schwirren hinter der Linie, überall kleine Lichter umher. Das Licht was von ihnen ausgeht, lässt ihre Seite des Waldes warm und einladend wirken. Nicht einmal im Traum habe ich mir diesen Ort, an dem so viele schon ihren Tod gefunden hatten, so wunderschön vorgestellt. Ich dachte da wäre der Wald kahl und Tod, aber nicht so...

„Ab hier werdet ihr auf euch alleine gestellt sein. Denn wenn ihr diese Grenze überschreitet, könnt ihr nur mit Seelentier zurückkehren.", sagt mein Vater, und zum ersten Mal in meinem Leben, sehe ich etwas wie angst in seinen Augen, als sich seine mit denen von Trybon treffen. „Und denkt immer an eines", Slavo sieht und alle genau an, und seinem besorgten Gesichtsausdruck nach, bin ich mir sicher, dass er fast alle, die hier stehen kennt, und trainiert hat.

SeelenkriegerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt