chapter 18

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Von den mächtigsten Gegenständen seit Anbeginn der Zeit existiert immer nur eines gleichzeitig. Prophezeiungen lassen Vermutungen zu, wann diese sich offenbaren werden, und Omen werden wahre Vermutungen bestätigen. Sie sind entscheidend im Kampf Gut gegen Böse und bringen nicht vorhersehende Wendungen mit sich. Mit ihrem Erscheinen wird die Waagschale neu ausgerichtet.
- Vios Aufzeichnungen, Seite 166

„Vio?"

Ich schreckte hoch und sah Alex an. „Ja, sorry, was hast du gesagt?"

„Du hast die letzte Stunde kaum ein Wort gesagt." Ellie sah mich schuldbewusst an. Sie hatten sich vorhin für ihr Verhalten in der Mensa entschuldigt. Alex und Ellie hatten nicht gemerkt, wie sehr mich die Situation überfordert hatte.

„Entschuldigt. Ich habe wirklich schlecht geschlafen", murmelte ich und trank einen Schluck von meinem kalten Kaffee.
„Mein Tipp: Hör auf dir diese gruseligen Bücher reinzuziehen!"

Ich grinste Alex halbherzig an. „Daran liegt es nicht", verteidigte ich mich.
„Woher willst du das wissen?", fragte sier.
„Weil sie mir keine Angst machen", antwortete ich schlicht, woraufhin sier aufseufzte.

„Du bist ein hoffnungsloser Fall."
„Sagst gerade du? Ich sage nur BTS." Alex hob abwehrend die Hände. Sier wusste, dass sier diesen Kampf nicht gewinnen konnte. Dafür liebte sie K-Pop einfach viel zu sehr.

„Hast du wieder Kopfschmerzen?", fragte Sumi und sah mich aufmerksam an. Sie war einfach so eine gute Beobachterin, dass ihr kaum etwas entging.

„Schon den ganzen Tag. Ich würde jetzt auch zurückgehen. Ich sage Morty Bescheid, dass ihr noch hier seid." Ich stand auf und begegnete Ellies Blick. „Und du bleibst sitzen", befahl ich. „Ich gehe durch das Gebäude und das schaffe ich ja wohl allein", teilte ich ihr mit, bevor sie mir widersprechen konnte. Ezra hatte mich zwar auch im Gebäude angegriffen, aber ich brauchte dringend Zeit für mich. Ich musste meine Gedanken entwirren.

Ich konnte Ramiel immer noch nicht einordnen. Mehrmals meinte ich ihn auf den Fluren gesehen zu haben, aber mit ihm gesprochen hatte ich nicht. Obwohl da dieses Gefühl war, der Nähe, der Vertrautheit, sobald ich seine Silhouette sah und das Kribbeln, wenn ich an seine Nachrichten dachte, seine Hand gestern im Auto, die meine gehalten hatte.

Ich war bereits in unserem Flur angekommen, als ich ein lautes Rumpeln hörte. Stirnrunzelnd blieb ich stehen, doch als es still blieb, ging ich weiter. Die Hand bereits auf der Türklinke durchzuckte mich plötzlich ein merkwürdiges Gefühl, das einen schalen, bitteren Geschmack auf meiner Zunge hinterließ. Dieses Mal war ich klug genug darauf zu hören. Ich drehte mich um, um schleunigst von hier zu verschwinden und sah in ein Paar glühender Augen.

„Hallo Viona." Ezra schubste mich hart gegen die Tür, die in dem Moment geöffnet wurde, woraufhin ich auf dem Boden meines Zimmers landete. „Du hast nicht gedacht uns so schnell wiederzusehen, oder Prinzessin?" Er lachte hämisch und die Muskeln an seinen massigen Armen traten hervor. Ich richtete mich auf.

„Bleib schön liegen, Süße, auf dem Rücken liegend gefällst du mir am besten." Er baute sich direkt über mir auf. „Wenn die Situation eine andere wäre, hätten wir beide viel Spaß zusammen haben können." Noch immer glühten seine Augen golden, genau wie in der Abstellkammer. Und dieses Mal würde ich es nicht schaffen mir dieses Glühen auszureden. Es war real. „Vielleicht...", überlegte er ruhig.

„Ezrael, wir haben einen Auftrag und hier ist nichts." Ich wandte den Kopf, ließ Ezra aber nicht aus den Augen. Ein anderer Mann saß auf meinem Schreibtischstuhl, seine Augen waren von einem unheimlich hellen blau und er sah dermaßen gelangweilt aus, dass es überhaupt nicht zu dieser Situation passte. Er trug ebenfalls ein ärmelloses Oberteil, war ungewöhnlich groß und erwiderte meinen Blick, ohne eine Miene zu verziehen.

„Wo ist es?" Ein dritter, leider mir allzu bekannter Mann, meldete sich zu Wort und kam näher. Sein Gesichtsausdruck war alles andere als neutral. Er war wütend, obwohl seine Nase wieder gerade aussah und er auch keinen Verband trug.

Sobald ich es schaffte die Situation richtig einzuschätzen, wich die anfängliche Wut, die ich empfunden hatte, einer stahlklaren Angst. Ich sah von einem zum anderen und suchte verzweifelt nach einer Lösung. Ezras Hand lag auf meinem Mund, ohne dass ich gesehen hatte, wie er mir nähergekommen war. „Wag es ja nicht zu schreien. Wenn du uns nicht hilfst, brauchen wir dich auch nicht. Wir werden es so oder so finden." Ich hörte ihn kaum, war vollkommen vertieft in das intensive Schimmern seiner Augen.

„Los, frag sie", hörte ich den Mann auf meinem Schreibtischstuhl sagen.

„Sag mir, wo es ist", sagte Ezra und es hörte sich an wie ein Befehl. Sein Blick wurde eindringlicher, fraß sich in meinen. Er nahm die Hand von meinem Mund, nicht ohne über meine Unterlippe zu streichen und berührte die Schwellung an meiner Wange. Ich wollte mich wegdrehen, doch ich war wie festgefroren, zusätzlich legte sich ein Gewicht auf meine Brust und presste mich in den Boden, dabei kniete Ezra noch immer über mir.

Ich presste die Lippen aufeinander. Mein Blick wanderte zu seiner Brust. Und die Wut überschwappte die Angst. Ich wollte ihn umbringen. Und der Gedanke erschreckte mich nicht. Er verfestigte sich in meinem Kopf. Hätte ich ein Messer würde ich es ihm in Herz rammen. Die Zeit verging und Ezra kam mir näher. Er hatte den Kopf schräg gelegt und beobachtete mich. Hoffentlich sah er mir an, was ich am liebsten mit ihm machen würde.

Blassblaue Augen erschienen in meinem Blickfeld. „Interessant", kommentierte der Schreibtischstuhlbesetzer. Ezra hob den Blick, um ihn anzusehen und ich schnellte hoch. Ohne zu überlegen, rammte ich ihm meine Faust gegen den Kiefer und sprang auf.

Noch bevor ich einen weiteren Schritt machen konnte, traf mich etwas und ich wurde auf mein Bett und gegen die Wand geschleudert. „Ich wusste es doch", freute sich der Typ, dessen Nase bereits Bekanntschaft mit meinem Hinterkopf gemacht hatte.

„Toll, Samael, wirklich toll", knurrte Ezra, während er sich erhob. Ich hörte es mehr als das ich es sah, denn mein Blick wollte sich nicht fokussieren. Verschwommen nahm ich wahr, dass Ezra sich neben mich aufs Bett setzte. „Jetzt ist Schluss mit lustig, du kleine Schlampe." Sein Unterarm drückte auf meinen Hals und mein Nacken protestierte schmerzhaft, weil mein Kopf in einem unnatürlichen Winkel gegen die Wand gedrückt wurde.

Ezra drückte fester. Mein ganzer Körper begann vor Schmerz zu pulsieren. „Deine letzte Chance, Viona", raunte er mir ins Ohr. Sein Atem traf meine Haut und ich wehrte mich gegen seinen Arm. Sterne tanzten durch mein verschwommenes Blickfeld. „Wo. Ist. Es?" Meine Augen begannen zu brennen und ich bekam keine Luft mehr. „Wo ist die Klinge?"

Er schnaubte abwertend. „Sie hatte ihre Chance", fauchte Samael.

Ezraels freie Hand wanderte über meine Schulter zu meiner Brust. „Wir werden sie mitnehmen. Das wird ein Spaß", verkündete er grinsend. Ich drohte in die Bewusstlosigkeit abzudriften doch als seine Hand meine Brust schmerzhaft zusammendrückte und mir klar wurde, was mir blühte, explodierte etwas in mir.

Jemand knallte gegen die Wand, der Druck auf meiner Kehle wurde noch stärker und ließ dann ruckartig nach. Ich sog gierig die Luft ein und hustete, als mein rauer Hals vor Schmerz protestierte.

„Alles gut, Vio. Wir sind da." Ramiel. Ich nickte nur und kämpfte noch immer mit meinem stockenden Atem und den Sternen in meinem Blickfeld. Ich hörte leises Gemurmel, Fluchen und harte Schläge. Dann kehrte Ruhe ein und mein verschwommenes Blickfeld klärte sich allmählich wieder.

Ich hielt meine Augen geschlossen, damit das Brennen nachließ. Der Schmerz wurde mit jedem Atemzug weniger, bis nur noch ein leichtes Pochen blieb.

Winterminze und Orange stiegen mir in die Nase und ich blinzelte. Ramiel setzte sich gerade auf das Bett neben mich. Azael und Cael musterten mich besorgt, verließen dann das Zimmer und schlossen die Tür.

„Geht es?" Ramiel sah mich an, behielt dabei aber den Abstand zwischen uns bei. Eine steile Falte zwischen den Brauen und die Augen schimmerten vitriolgrün vor Sorge. Ich nickte nur. Ich traute weder meine Stimme noch mir selbst. Ist das gerade wirklich passiert?

Nach einer gefühlten Ewigkeit hob ich den Blick und erwiderte seinen. „Ich glaube, du schuldest mir eine Erklärung."

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Was denkst du über die Ereignisse?

Und wie findest du eigentlich die Charaktere?✨

Crown of FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt