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Herzlich willkommen zu... Trommelwirbel....

Ramiels POV

Alea iacta est. – Caesar.

Das war sie also. Ein Mädchen mit rosa Haaren, die auf der Treppe vor einem Verbindungshaus saß und sich mit einem durchschnittlich aussehenden Typen über Sex unterhielt. Es war nahezu lächerlich, dieser Aufstand, der wegen ihr veranstaltet wurde. Eine unbedeutende Nepheline. Sie sollte eine Bedrohung sein? In den letzten Jahren hatte mich kaum etwas derart amüsiert, wie der Anblick der Hohen Garde der Hölle, die sich darüber beratschlagten, wie sie mit diesem Mädchen verfahren würden. Allein dafür schuldete ich ihr eigentlich einen Dank.

Als zwei weibliche Dämonen, eine davon mir ganz und gar nicht unbekannt, an mir vorbei gingen, lehnte ich mich tiefer in die Schatten, verschmolz mit ihnen und wurde gänzlich unsichtbar. Sie gingen nur zwei Schritte von mir entfernt, kicherten und richteten ihre tief ausgeschnittenen Oberteile.

Mein Blick wanderte weiter zu zwei Studentinnen. Ich verstand nicht, was manche Dämonen an den Menschen fanden. Ihre Schönheit war vergänglich. Ihre Leben kurzweilig. Sie waren nervenaufreibend zerbrechlich. Was einer der Gründe sein könnte, weshalb einige sie so gerne in ihre Betten holten. Die Macht, die sie in Gegenwart von schwächeren verspürten. Ich würde ich ihnen gerne ihre ungerechtfertigte Überlegenheit mit einem Schlag aus dem Gesicht wischen. Nur weil man in einigen Hinsichten stärker war, bedeutete das keine grundsätzliche Überlegenheit. Ganz und gar nicht. Und vor Allem erlaubte es ihnen nicht Menschen auszunutzen und sich dabei so dämlich anzustellen, dass sie dabei auch noch erwischt wurden.

Sicher gab es auch dumme Menschen, aber grundsätzlich glaubte ich nicht, dass Dämonen Menschen überlegen waren. Es kam immer auf die Sichtweise an.

Die Augen des Mädchens schimmerten verlockend in einem tiefen Meerblau und ich trat ein paar Schritte näher, obwohl ich sie auch von hier genau verstehen konnte. Der Typ deutete auf den goldenen Ring an ihrem Zeigefinger, auf dem das Wort Nein eingraviert war und säuselte ihr weiterhin Komplimente zu.

Ich spitzte die Ohren und wurde tatsächlich neugierig, als der Typ fragte, ob er eine Grenze überschritten hatte. Sie hatte ihn anscheinend abgewiesen. Prompt wurde sie mir sympathisch. Ihre Haltung war selbstbewusst. Sie trug schwarze Stiefel, enge Jeans und ein lockeres Top. Ihre blonden Haare, die von rosa Strähnen durchzogen waren, fielen ihr offen bis über die Brust und ihre Gesichtszüge waren für einen Menschen, oder zumindest einen halben, ganz hübsch. Fast sogar schön. Ich war irritiert von meiner intensiven Musterung und dem Gefühl, das sich direkt in meiner Brust ausbreitete. Sie umarmte den Typen halb, während sie aufstanden und er ließ seinen Arm auf ihrer Taille liegen, als sie zurück in das Haus gingen. Ich verdrängte die merkwürdige Enge, die mich erdrücken wollte und lehnte mich an einen der Baumstämme, von dem ich eine gute Sicht hatte.

Meine Schatten folgten ihrer Stimme, lauschten, als sie sich nach einer Weile von ihren Freundinnen verabschiedete. Sie wollte allein nach Hause gehen? Was für eine großartige Idee! Ich grinste in mich hinein und rief Cael und Azael.

Sie verließ das Haus und schob sich dabei an dem Typ, mit dem sie vorhin geredet hatte, vorbei. Er hatte sich an den Lippen einer blonden Dämonin festgesaugt. Ein amüsierter Zug lag um ihre Mundwinkel und ich erstarrte für einen Moment. Hatte ich ganz hübsch gesagt? Umwerfend traf es eher.

Sie schlug den Weg zurück zu ihrem Wohnheim ein und durchquerte dabei den Park, genau wie wir es gehofft hatten.

„Perfekter geht es ja wohl nicht", kommentierte Azael und sah mich mit wackelnden Augenbrauen an. Er sprach es nicht aus. Wir konnten über unsere geschaffene Blutsverbindung in Gedanken miteinander kommunizieren. Das war eigentlich ein alter Trick, den heute kaum noch jemand kannte, aber er hatte sich schon öfter als überaus nützlich erwiesen. Geistesabwesend rieb ich mir über die Brust.

„Das wird ein Kinderspiel", gab ich ihm recht, während wir ihr lautlos folgten. Azael bemerkte die Hand auf meiner Brust und musterte mich aufmerksam. Schnell ließ ich die Hand wieder sinken. Ein Jogger mit Hund kam uns entgegen. Merkwürdige Uhrzeit, um laufen zu gehen, dachte ich mir leicht irritiert. Menschen waren lange nicht so einfach gestrickt, wie manche Dämonen glaubten.

„Seht ihr sie?" Cael suchte unsere Umgebung ab, doch der Weg vor uns war plötzlich verlassen. Was gar nicht sein konnte, weil sie vor wenigen Sekunden noch direkt vor uns war. Wir tauschten einen Blick und begannen wortlos den Park zu durchkämmen.

Wir trafen auf einer Lichtung wieder aufeinander. „Sie ist wirklich hier lang gegangen", stellte Cael fest und sah sich misstrauisch um. Meine Schatten waren in Aufruhr. Das war nahezu erfrischend aufregend.

„Und wo ist sie dann?"
„Hier ist sie auch nicht." Ich schüttelte fassungslos den Kopf. Meine Nervenenden summten. Waren die goldaugigen Bastards von Flügelwesen etwa schneller gewesen als wir und hatten sie vor unserer Nase weggeschnappt? Nein, das hätten wir mitgekriegt.

Dann blieb nur noch eine Option. Das Mädchen mit den rosa Haaren war lange nicht so harmlos wie sie aussah. Ich grinste. Das versprach spannender zu werden, als ich angenommen hatte. Was für eine angenehme Überraschung.

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