Dem Tod so nahe kommen, dass man geküsst wird. – Debra Wings
„Sie hat die Waffe!" Unwillkürlich wichen selbst die Mitglieder der Hohen Garde vor Vios schimmernde Kuppel zurück. „Die Waffe, die selbst Unsterbliche töten kann." Das Gemurmel um mich herum schwoll an, bis es plötzlich ganz still wurde.
Goldene Flammen schossen aus dem Messer hervor als Vio es hochhielt. Der Offizier war weiß wie ein Skelett geworden. Er wusste, dass sein Schicksal besiegelt war. Vio hatte ihm etwas zugeflüstert und blickte jetzt von oben auf ihn herab. Sternenförmige Funken trafen zischend auf die Kuppel und zerplatzten, goldene Schatten tanzten erwartungsvoll um Vio und das Messer herum. Dann stach sie es dem Offizier in die Brust. Die Flammen zerfraßen ihn und er zerfiel zu Staub, von dem einen Sekundenbruchteil später nichts mehr zu sehen war.
Ihre Augen glühten silberblau als sie den Blick hob und meinen suchte. Die goldenen Schatten erhoben sich noch einmal, schwebten über Vio wie eine Feuerkrone. Alle verharrten einen Moment ungläubig. Die Hohe Garde hatte sich zuerst gefangen und Baseel der zweite Offizier murmelte leise Befehle. Doch ich konnte meinen Blick nicht von ihr nehmen. Die Fangzähne waren eindeutig. Vio war eine Dämonin. Und sie hatte den Offizier der Hohen Garde umgebracht.
Das würde als eine der größten Ermordungen aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Gleich nach Beelzebubs, der von Balthazar getötet wurde. Mit der ersten mächtigen Waffe aus einer Prophezeiung. Mit diesem Tod war der erste Teil der uralten Prophezeiung der Schicksalsgöttinnen wahrgeworden. Sie würden Vio niemals mit der Waffe gehen lassen.
Die Hohe Garde hatte Vios Kuppel umstellt, aber jetzt, da sie in Sicherheit war, gab es kein Halten mehr für mich. Alicia konnte mir noch so viel Blut abzapfen. Der Offizier konnte Vio nichts mehr tun. Ich hätte ihn sofort umbringen müssen, als er drohte sie gefangen zu nehmen. Aber meine Angst um ihre Sicherheit war zu groß gewesen, deshalb war ich mitgegangen.
Ich rief mein Seelentier und gab dem Zischeln auf meiner Brust endlich nach, indem ich Chimi frei ließ. Die Chimäre manifestierte sich vor aller Augen – anmutig wie eh und je – und postierte sich dann demonstrativ neben mir. Ursprünglich machte sie Jagd auf Menschen, aber mit meiner Hilfe hat sie erkannt, dass Dämonen ein viel ansprechenderes Ziel sind.
Da die wenigsten wussten, dass sie in meinem Besitz war, hatte ich mit Überraschung gerechnet, aber sie wichen regelrecht zurück. Äußerst befriedigend. Ich vergaß immer mal wieder wie angsteinflößend Chimi aussah, und dass, obwohl sie gerade nur in ihrer Schlangenform war und ihre anderen Gestalten verbarg. Es war ihre Lieblingsform, Chimi war eitel und ihre Schlangengestalt hatte schöne dunkelgrüne Schuppen und stechend goldgelbe Augen. Dazu war sie ziemlich groß und ihr Gift auch für Dämonen schädlich.
Vio wischte sich das Blut vom Kinn und richtete sich auf. Sie wirbelte das Messer in ihrer Hand, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht. Ich hörte die Dämonin neben mir von der Prophezeiung murmeln. Vios Blick wanderte über die umstehenden Dämonen und blieb an Azalee hängen, die sich unauffällig weiter nach vorne manövriert hatte und nun direkt vor einem Soldaten der Hohen Garde stand.
Fenrir trat aus meinen Schatten in den Saal. Die Anspannung stieg. Blicke wurden gewechselt und Hände tasteten nach Schwertergriffen. Die Dämonen meines Hauses hatten sich um die Hohe Garde herum postiert. Wir waren zahlenmäßig unterlegen, aber Fenrir und Chimi glichen das aus. Jedenfalls solange die Seelentiere der Hohen Garde nicht ebenfalls gleich auftauchten.
Vio betrachtete Fenrir aufmerksam und der riesige Wolf blinzelte sie aus seinen bernsteinfarbenen Augen an.
„Vio, das ist Fenrir, mein Mate. Fenrir, das ist Vio." Der Wolf senkte einen Augenblick den Kopf. Die Fackeln an den Wänden ließen sein graues Fell bläulich schimmern. Vios und sein Kopf waren jetzt exakt auf einer Höhe, als sie ihren schief legte und dann nickte.
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Crown of Fire
FantasyVio ist eine Weise, ihre Eltern tot und ihre Großmutter dement. Sie arbeitet in der Unibibliothek, um sich ihr Studium zu finanzieren und hat mit ihrer besten Freundin einen kleinen Buchclub eröffnet. Doch all das rückt in den Hintergrund, als sie v...