Ein neuer Sonnenaufgang

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Eine Sache in dem unsere Seite der Insel Figure Eight überlegen war war die Aussicht. Das stürmische Meer war ein Anblick für sich an den Tagen, an denen zum surfen perfekte Wellen in Richtung der Strände rollten. Hier im Süden prallte die unterbitterliche Sonne tagsüber auf die Insel herab, Nachts jedoch bot sich einem ein göttlicher Anblick. Das Firnament gespickt von funkelnden Sternen erstreckte sich bis zum Horizont. Im Cut war die Lichtverschmutzung gering. Die Straßenlaternen erleuchteten mit ihrem gelben Schein kaum die Straßen. Veranden wurden selten beleuchtet, wenn man nicht damit rechnete Besuch zu bekommen, oder sein Kind nach einer durchzächten Nacht erwartete. Der wenige Strom, der kaum zuverlässig, unsere Seite der Insel erreichte wurde gesparrt. Jeder Penny zählte. Keiner konnte es sich leisten sein Haus und die Auffahrt mit Scheinwerfern von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang anstrahlen zu lassen.

Ohne funktionierende Auto-, oder Motorradscheinwerfer konnte man nächtliche Touren auf den Straßen knicken. Ebensowenig war man im Stande ohne eine Taschenlampe weiter als die Hand vor Augen zu sehen. Die Cuts lagen in zwielichtiger, absoluter Dunkelheit. Das Einzige was einen vor den Gestalten schütze, die nächtens ihre Geschäfte abwickelten, war ihr Wissen, dass du jemand ihresgleichen warst. Pouges ließen sich gegenseitig in Frieden, griffen sich gegebenenfalls gegenseitig unter die Arme, insofern man niemanden ans Bein pisste.

Ich wurde oft genug mit meinen Leuten gesehen. Die Nachricht, dass ich in die Nachbarschaft gezogen war, hatte sich verbreitet wie ein Lauffeuer. Die Menschen hier liebten es zu tratschen, Bescheid zu wissen. Die meisten Hirnis wussten mit wem sie sich anlegen würden. Würden sie mich blöd anmachen würden bekämen sie es mit der ganzen Bande zu tun. Interessanter Weise bot meine Clique mir gleich mehrfachen Schutz. Ich hing mit Pope ab und niemand wollte es sich mit Heyward Senior verscherzen. Sein Laden versorgte die gesamte Insel mit Meeresfrüchten, die hoch im Kurs standen. John B wurde nach wie vor mit mitleidigen Blicken aufgrund des Verschwindens, vermeindlichen Todes, seines Vaters verfolgt. Niemand wollte den Routledge Jungen auf die Füße treten. Ebenso wie er war JJ auf dieser Seite der Insel aufgewachsen. Niemand hinterfragte ihren Platz in der South Side. Sie gehörten hier her. Sie waren als Pouges geboren und würden als Pouges sterben, wie sie beschworen. JJ war für sein Temperament bekannt. Er verursachte oft Probleme, da er nicht über die Folgen seiner Handlungen nachdachte. Was mich anging empfand ich ihn oft als unberechenbar. Selten wusste ich was er in einer Situation tun würde und wenn ich dachte ihn einschätzen zu können überraschte er mich mit dem Gegenteil. Meistens verhielt er sich als hätte er nichts zu verlieren.
Wenn er nicht einen gewaltigen Bockmist verzapft hatte vermieden Viele ein Handgemenge. Der Hitzkopf kam fast jedes Mal mit ein paar Beleidigungen davon, die ihm nachgerufen wurden. Mich wunderte es, dass er bisher keine nennenswerte Strafakte hatte.

Sie waren auch der Grund warum Kie ungestört durch den armen Teil der Insel stromern konnte. Die Tochter gut verdienender Eltern, eine Kook, wurde selten gern gesehen. Die Bewohner des Cuts waren sich einig keine Reichen in ihrer Mitte haben zu wollen, es sei denn sie bieten sich als Geldesel an. Ich war froh, dass ich mich, anders als Kie, ohne großes Aufsehen eingliedern konnte. Teenager ohne Eltern, auf sich allein gestellt, ackert sich in zwei Jobs ab, hat die richtigen Kontakte. Augenscheinlich konnte ich nur eine Pouge sein.

Trotzallem mied ich Nachts die fraglichsten, miesesten Ecken.

Das Schloss lag einen Katzensprung entfernt vom nächstgelegenen Strand. Eingepackt in meinen Neoprenanzug und einer weiten, dunkelblauen Kapuzenjacke, die mir im Laufe des vergangenen Jahres in die Hände gefallen war, hatte ich mich auf meinem Surfboard ausgebreitet. Auf dem Brett, das meinen Körper vom kalten Sand trennte, lauschte ich der Brandung, während ich fasziniert in den Nachthimmel hinauf starrte. Noch ein wenig auf Droge hätte ich schwören können, dass die Sterne lebendig wären. Mit den Armen von mir gestreckt, einer ausgeschalteten Stirnlampe auf dem Kopf, in einem schwarzen Neoprenanzug unter einer Kapuzenjacke, ohne Schuhe mit dem Rücken auf einem auf dem Trockenen liegenden Surfbrett liegend und offen hängenden Mund in der Dunkelheit musste ich aussehen wie eine Wahnsinnige. Zumindest würde ich das würde sich eine weitere Menschenseele zu dieser Stunde an diesen Strandabschnitt verirren, der zumeist selbst in den Mittagsstunden noch recht verweist blieb.

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