"Das Jugendamt will dich in eine Pflegefamilie geben, weil dein eigentlicher Vormund zur Zeit in Mississippi arbeitet? Aber dafür kannst du doch nichts! Könntest du nicht hier bleiben, wenn das Jugendamt die Fürsorge für dich übernimmt? Sie könnten doch hin und wieder vorbeischauen, um sicher zu gehen, dass du nicht verwahrlost.", schlug ich John B vor.
Die Sache mit dem Jugendamt war sein neustes Problem. Nachdem sein Vater vor inzwischen fast neun Monaten auf See verschollen war hatten jetzt wohl die Behörden Wind davon bekommen, dass er als Sechzehnjähriger alleine lebte. Ich sah nicht unbedingt wo das Problem lag. Meiner Meinung nach bekam er seine Lage ziemlich gut in den Griff. Ich lebte im Endeffekt seit ich neun war alleine, da mein Vater sich selten hatte blicken lassen und meine Mutter uns in diesem Jahr verlassen hatte. Die Erwachsenen unterschätzten die Jugendlichen maßlos.
Mein Leben in Outer Banks nahm seinen Lauf. Inzwischen war meine Ankunft fast einen Monat her. Es waren drei einhalb Wochen. Langsam begann ich mich an das Leben hier, an den Pogue Lifestyle, wie Kie es nannte, zu gewöhnen.
"Nein, offenbar würde ich auf alle Fälle in eine Pflegefamilie gesteckt werden. Dann käme ich zu irgendwelchen Schnöseln, die nur Geld vom Staat kassieren wollen.", angefressen schmiss John B einen Stein ins Wasser. Er sprang drei Mal auf der glatten Oberfläche, ehe er in den tiefen des Sumpfes versank.
Pope stand am Steuer und das obwohl das Motorboot seit mindestens einer Stunde an Ort und stelle stand. JJ zog an seinem Joint. So verrückt es war hatte ich mich mittlerweile an seinen Drogenkonsum gewöhnt. Ich war froh, dass er 'nur' Gras rauchte. Damit konnte ich noch leben. Es war seine Entscheidung, wenn er seine wenigen Hirnzellen schädigen wollte. Kiara schien in ihren Gedanken versunken zu sein. Wie ich sie inzwischen kannte suchte sie ebenso wie ich nach einer Lösung.
"Wäre die Pflegefamilie denn wenigstens von hier?", erkundigte sie sich leise, während sie mit einem ihrer Armbänder spielte. Es war eines dieser Stoffarmbänder von einem kleinen Sommermusikfestival auf der Insel. Wir waren letzte Woche zu fünft hingegangen. Kiaras Eltern hatten uns dafür sogar frei gegeben.
John B zuckte mit den Schultern.
"Von hier, vom Festland, keine Ahnung..."
Stille trat ein. Man hörte nur das leise Geräusch der winzigen Wellen, die gegen die Außenseite des Boots schlugen.
"Könnte nicht jemand Anders dein Vormund werden? Ich bin achtzsehn. Könnte ich nicht die Verantwortung für dich übernehmen? Dann könntest du hier bleiben. Ältere Geschwister übernehmen oft die Vormundschaft für die Jüngeren.", kam eine weitere Idee von mir, die jedoch gleich von Pope zerschmettert wurde.
"Eine solche Angelegenheit müsste vor dem Vormundschaftsgericht entschieden werden. Sehr Zeit aufwenig und sehr kostspielig. Hinzu kommt, dass ihr eben nicht verwand seit. Ob dieser Antrag Aussicht auf Erfolg hat ist daher fragwürdig."
Seufzend lehnte ich mich zurück. Eine andere Idee hatte ich nicht.
"Tut mir leid, JB... Etwas anderes fällt mir nicht ein... ", murmelte ich leise, während ich am Himmel die vorbeiziehenden Wolken beobachtete.
Er legte mir eine Hand auf die Schulter.
"Ist ja nicht deine Schuld. Uns fällt schon was ein."
Neben Kiara verstand ich mich mit John B aus der Gruppe am besten. Der Gedanke einen Freund zu verlieren, den ich gerade erst gefunden hatte war fürchterlich. Pope war auch in Ordnung. Er war oft die Stimme der Vernunft. Ich mochte ihn, auch wenn ich seine Begeisterung für die Gerichtsmedizin nicht verstehen konnte. Manchmal konnte es fast anstrengend werden, wenn er andauerd über sein Stipendium redete, doch ich konnte es nachvollziehen. Er hatte eine Zukunft außerhalb von Outer Banks vor sich. Selbst JJ, den Spinner, hatte ich lieb gewonnen. Mein erster Eindruck von ihm war vollkommen richtig gewesen. Er war ein Aufreißer durch und durch. Seine Eroberungen, fast ausschließlich Touristinnen, hatte ich aufgehört zu zählen. Es war schon fast beeindruckend wie er sie alle um den Finger wickelte. Er konnte es nicht einmal lassen mit Kie und mir zu fliren, obwohl er wusste, dass es aussichtslos war. Abgesehen von seinem unglaublichen Frauenverschleiß war JJ witzig und tatsächlich ein guter Surfkumpel. Dank ihm hatte ich nur noch selten das Problem mit einem schlechten Wellengang. JJ schien immer zu wissen wo die Wellen gerade gut waren.
DU LIEST GERADE
Outer Banks
Fanfiction"Wie ist dein Name?", rief er ihr hinterher, während sie bereits wieder ans Ufer paddelte. Mit einem Grinsen sah sie ein letztes Mal über ihre Schulter zu dem blonden Surfer. "K!" "K?", harkte er verwundert nach. "Einen Buchstaben? Mehr bekomme ic...