6 Teil 1

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Anmerkung: Es ist möglich, dass Sie während des Lesens der ersten 700 Wörter leichte Aggressionen verspüren. Bitte konzentrieren Sie sich nicht darauf. Erinnern Sie sich daran, dass diese Geschichte nur fiktiv ist und fahren Sie beruhigt mit dem lesen fort.  

Zitternd ließ sich Linda auf den Bürostuhl sinken. Das war es. Das Ende ihrer politischen Karriere. Eine Sekunde lang hatte sie nicht aufgepasst und das würde sie jetzt fast alles kosten, was ihr lieb war. Sie starrte zur Tür, die erst vor wenigen Minuten mit einem ohrenbetäubenden Knall ins Schloss gefallen war. 

Sahra hätte ihm nicht nachrennen dürfen. Es war eh aussichtslos. So sehr sie es auch schätzte, dass Sahra versuchte etwas zu retten, das nicht mehr zu retten war, hätte sie sie hier gebraucht. An ihrer Seite. Christian war so ein verdammtes Arschloch. 

Das ganze hatte schon knappe vier Monate nach dem Beginn ihrer Amtszeit angefangen. Landtagswahl in Sachsen. FDP 4,5%. Kein gutes Ergebnis, aber dennoch im Vergleich zu vorher durchaus eine Verbesserung. Trotzdem nicht gut genug, das war Linda bewusst. Ihr war aber eben auch bewusst, dass das nicht auf sie, sondern viel eher auf Christian zurückzuführen war. Die FDP war im Osten sowieso nicht geliebt und Christians ständige Ego-Trips verhalfen wirklich nicht dabei sein Image ,und das der Partei, in diesen Bundesländern aufzubessern.  Sie hatte alles gegeben. Hatte mit den Leuten gesprochen. Hatte ein offenes Ohr für ihre Probleme gehabt. Dass sie selbst aus dem Osten kam, hatte ihr natürlich sowieso Sympathiepunkte bei den Menschen eingebracht. Ganz im Gegensatz zu Christian, der nur mit Mühe und Not ,und massiver Hilfe von Google Maps, Sachsen von Sachsen-Anhalt unterscheiden konnte. 

Es folgten weitere Landtagswahlen. Ebenfalls schlecht für die FDP. Doch Umfragen zeigten, dass dies nicht auf Linda, sondern vielmehr auf den Parteichef der FDP zurückzuführen war, dessen Image so langsam bröckelte. Aber weil Christian wahrlich nichts anderes als Selbstdarstellung konnte, hatte ein Sündenbock hergemusst. Und wer würde sich dafür besser eignen als die neue, junge Generalsekretärin. Er hatte geglaubt, dass sie keine Widerworte geben würde, dass sie es akzeptieren würde. Doch er hatte sich in ihr getäuscht. Sie hatte ihm widersprochen, wenn auch nicht öffentlich. Sie war schließlich nicht dumm genug einen parteiinternen Konflikt zwischen ihr und Christian an die Öffentlichkeit zu tragen. Uneinigkeit in der Partei kostete immer Wählerstimmen, das konnte man schließlich gut genug an der SPD sehen. 

Sie hatte ihm mehr als einmal deutlich die Meinung gesagt und ihm Strategien vorgelegt, wie sie bei den anderen Landtagswahlen deutlich besser abschneiden würden. Spätestens da war ihm bewusst geworden, dass sie ihm gefährlich werden könnte. Ihre Konzepte, deutlich schlüssiger als seine, ihre Wortwahl deutlich überlegter. Spätestens als er das ausgefüllte Formular zur Bewerbung für den Parteivorsitz auf ihrem Schreibtisch gesehen hatte, war die Stimmung zwischen Generalsekretärin und Parteichef eiskalt geworden.

"Linda was  soll das?" schockiert sah Christian zwischen Linda und dem Blatt in seinen Händen hin und her. Sie musste gar nicht fragen, was sich auf diesem Zettel befand. Sie hatte ihn schließlich erst vor einer halben Stunde ausgedruckt, um ihn sich noch einmal durchzulesen, bis sie unerwartet zur Abstimmung gerufen wurde und den Zettel auf dem Schreibtisch hatte liegen lassen. Damit wahr es wohl endgültig vorbei mit den letzten gekünstelt netten Worten zwischen den beiden. Ihre Bewerbung als Parteivorsitzende war schließlich so etwas wie eine offene Kriegserklärung an ihn. 

"Bist du davon wirklich überrascht Christian?", fragte Linda und gab sich nicht einmal Mühe ihren genervten Unterton zu verstecken. "Ich sag dir seit Monaten, wo ich die Probleme unserer Partei sehe und seit Monaten schlage ich dir vor wie wir uns in den Umfragen und Wahlergebnissen verbessern könnten. Aber du hörst mir nie zu." "Linda, ich weiß nicht, ob dir das klar ist, aber ICH bin Parteichef. Du solltest einfach deinen Job als Generalsekretärin machen. Und-" 

Wagenberg OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt