"Und was wirst du machen?" fragte Sahra. Das war eine gute Frage. Und Linda wusste keine Antwort darauf. Der Parteivorsitz war in unerreichbare Reichweite gerückt, aber sie konnte ihre Kandidatur auch nicht einfach wieder zurückziehen. Zu groß wäre der Schaden für ihr Ansehen. Sollte sie einfach eine schlechte Rede abliefern, um extra nicht gewählt zu werden? Nein, ebenfalls unakzeptabel und auch wenig glaubwürdig. Sie könnte es darauf ankommen lassen und wie geplant kandidieren. Doch in diesem Falle würde Christian das Foto hervorziehen.
Ihr würde es nicht so viel ausmachen. Ihre politischen Träume waren eh zu Nichte gemacht worden. Es ging ihr um Sahra. Sie wollte nicht, dass sie dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden würde. Sahras Parteikollegen machten es ihr eh nie leicht und das wäre letztendlich der Todesstoß für sie. Mal davon abgesehen, dass sie ihre Beziehung ungern in der Öffentlichkeit diskutieren wollte. Sie wollte Sahra und sich vor dem ganzen Trubel beschützen. Wie in einer kleinen Blase. Doch im Moment war diese Blase so zerbrechlich, dass sie Angst hatte sie würde jeden Moment platzen.
Linda folgte mit ihren Augen den Regentropfen an der Fensterscheibe, die sich eine Wettrennen darum lieferten, wer am schnellsten war. Fast ein bisschen so wie Lindas Gedanken, die sich in diesem Moment zu überschlagen schienen.
"Linda?" fragte Sahra noch einmal, weil Linda ihr immer noch keine Antwort gegeben hatte. "Ich weiß es nicht." flüsterte sie. Sie legte ihren Kopf in Sahras Schoß und seufzte auf "Warum muss denn alles immer so kompliziert sein?"
"Das Leben ist immer kompliziert Schatz." gab Sahra zurück und strich Linda einige verwirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht. "Sahra bitte, mach hier keinen Robert Habeck, weniger Philosophie und mehr praktische Lösungsansätze."
"Das hättest du dir überlegten sollen, bevor du dich in jemanden verliebst der Philosophie studiert hat."
"Du hast auch Volkswirtschaftslehre studiert. Das ist wesentlich attraktiver."
"Das kannst du nicht ernst meinen? Und ich dachte ihr seid nicht alle so Wirtschaftsgeil."
"Sind wir auch nicht. Wirtschaft ist gut, aber Wirtschaft ist auch nicht alles."
"Das lässt du aber lieber aus deiner Rede zur Bundesvorsitzenden raus. Sonst wählen die dich nie" sagte Sahra belustigt "aber du hast gute Ansätze" und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn.
"Hat sich das nicht eh erledigt?" fragte Linda dann.
"Und wäre wenn du es einfach darauf ankommen lässt? Also, dass Christian es öffentlich macht."
Linda richtete sich auf und sah Sahra an "Das kannst du nicht ernst meinen. Sie werden das dann nicht nur mir vorhalten, sondern auch dir. Ich will nicht, dass sie dich bei der Linken oder sonst wo zerfleischen, dafür, dass du mit mir zusammen bist."
"Linda schau mich an. Ich komme damit klar. Aber ich will eins nicht und das ist mich von Christian Lindner unter Druck setzten zu lassen und genauso wenig will ich, dass du das musst. Für mich wäre es ok, wenn die anderen es wissen."
Linda ließ ihre Stirn vorsichtig gegen Sahras sinken und schloss die Augen. "Bist du dir wirklich sicher?" flüsterte sie. "Ja bin ich."
"Dann denke ich mal, dass ich es wenigstens versuchen kann oder?"
"Das ist meine Linda" hauchte Sahra und lächelte."
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Lindas Smartphone:
Linda: Du bist doch dieses Mal für die Organisation beim Einlass vom Parteitag zuständig oder? 17:45 Uhr
Gyde: Ja. Wieso fragst du? 17:48 Uhr