Wo bin ich? Teil 2

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Erstaunt blickte Linda sich um. Alles um sie herum war erstarrt, alles war still. Nur ihre Gedanken nicht, die schienen lauter zu schreien als je zuvor.

Wie konnte an einem Abend so viel schiefgehen? Wie konnte das passieren? Und vorallem, was passierte hier gerade?

Kurz fragte sich Linda, ob sie sich das gerade alles zusammenträumte. Ob sie einfach viel zu tief ins Glas geschaut hatte, das nur ein übler Traum war und sie in Wirklichkeit friedlich im Bett lag, mit Annalena in ihren Armen.

Doch dann sah sie plötzlich eine dunkle Gestalt in der Ecke stehen. Sie erhob sich mühsam vom Boden, klopfte sich den Staub von den Kleidern und trat dann ins Licht, sodass Linda sie endlich genauer erkennen konnte.

Das konnte doch nicht sein. Ok das war wirklich ein Traum. Man war ihr Unterbewusstsein verrückt drauf heute.

Vor ihr stand Claudia Roth. Zumindest war Linda sich da ziemlich sicher. Die Frau hatte kurze, fast schon platinblonde, Haare und trug einen quietschbunten Poncho. Sie hatte sie noch nie in echt gesehen, nur in den Nachrichten und doch war sie sich sicher, dass es niemand anderes sein konnte.

"Was guckst du mich denn so an? Wegen dir bin ich doch hier." fragte die "eigentlich kann es niemand anderes sein" Claudia

Kurz blickte sich Linda im Raum um auf der Suche nach jemand der gemeint sein könnte, bis ihr wieder einfiel, dass sie die einzige war, die nicht wie zu Stein erstarrt war.

"I-ich? Aber ich hab doch gar nichts gemacht." antwortete Linda unsicher.

Claudia warf einen Blick auf eine kleine Grün-glitzernde Armbanduhr.  "Hm aber mein Feen-Fehlerradar meldet nichts. Also musst du mich gerufen haben."

"Aber ich-"

"Hast du vielleicht zufällig gedacht 'Ich wünschte ich könnte das rückgängig machen?' fragte sie ungeduldig.

"Ähm ja, vielleicht, aber-"

"Och man ey" genervt ließ sich Claudia auf einen Barhocker fallen.

"Ich hab schon 100 mal gesagt, dass dieser Spruch viel zu häufig fällt, aber nein die da oben wollen die Richtlinien ja nicht ändern! Immer wenn jemand das denkt muss ich hier herkommen, ob die Leute mich wirklich herbeigewünscht haben oder nicht. Ich will doch einfach nur ein Schokoeis mit Sahne."

"Oh, das tut mir leid" sagte Linda vorsichtig "aber bist du nicht Claudia Roth, was machst du überhaupt hier? Müsstest du nicht irgendwo im Bundestag sein?"

"Oh" erstaunt blickte die Frau vor ihr sie an. "Nein, ich bin nicht Claudia, ich bin ihre Zwillingsschwester. Holla, Holla die Waldfee. Aber wir werden oft verwechselt"

Linda starrre sie mit offenem Mund an.

"Naja wie dem auch sei. Ob du es dir gewünscht oder nicht, ich bin auf jeden Fall hier und vielleicht kann ich dir ja trotzdem helfen. Irgendwas ist heute vorgefallen, was du gerne rückgängig machen würdest, richtig?"

"Ja" murmelte Linda und schaute zu Boden.

"Ich kann dich in die Zukunft schicken und dir zeigen wie dein Leben aussehen wird wenn du nichts änderst. Dann kannst du sehen ob du das wirklich willst."

Linda blickte sie verunsichert an. Das war alles so seltsam und sie wusste immer noch nicht sicher, ob sie das hier gerade einfach nur träumte.

Und selbst wenn sie wirklich in die Zukunft reisen könnte, würde sie das wirklich wollen? Wollte sie sehen wie sich ihr ganzes Leben entwickeln würde und danach jede Entscheidung doppelt hinterfragen?

Es war wie mit einem guten Buch. Sie wollte das Ende am liebsten schon sofort wissen, doch war die Reise dorthin nicht viel wichtiger?

Doch auf der anderen Seite brannten ihr so viele Fragem unter den Nägeln. Würde sie ihr Studium schaffen? Würde sie ihren Traum, Politikerin zu werden, erfüllen können? Und was würde aus ihr und Annalena, der Frau die sie so sehr liebte, werden?

Wagenberg OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt