Was soll man sagen, ein bisschen Kitsch + Katja/Linda :)
Erschöpft ließ sich Katja auf das Sofa fallen. Es war noch früh am Abend und trotzdem hätte sie auf der Stelle einschlafen können. Auch wenn ihre neue Arbeit sie nicht einmal ansatzweise so sehr auslaugte wie ihr Job als Abgeordnete, gab es Tage an denen sie einfach nur noch ins Bett fallen wollte. So wie heute.
Der einzige Grund, weshalb sie das noch nicht getan hatte, und sich stattdessen gerade zumindest mit einer Wärmeflasche auf dem Sofa eingekuschelt hatte, war eine Nachricht auf ihrem Handy gewesen. Sie schielte noch einmal auf den geöffneten Chat und betrachtete die letzte SMS. "Ich schwöre dir Christian, wenn das einer deiner dummen Scherze ist, nutze ich meinen Ehemaligenausweis um dir höchstpersönlich eins überzubraten." murmelte Katja genervt und entsperrte ihr Handy um sich die App herunterzuladen.
"Was tue ich hier eigentlich?" fragte sich Katja und starrte nun schon zum 10 mal an diesem Abend auf die Nachricht, die Christian ihr gegen 16 Uhr gesendet hatte: "Hey Katja, na was geht? Wie geht's Sand? Du, du musst dir das mal anschauen was da bei TikTok abgeht. Du hast da ne richtige Fangemeinde. Die Edits mit dir und Lindi sind genial...also außer die, die mich haten pfff..." dahinter folgten drei anzügliche Emojis und ein "Wer ist der schönste auf Facebook und Tinder? Christian Lindner" - Sticker. Tief im Inneren glaubte sie noch immer, dass er sie nur verarschten wollte. Immerhin war es 2023, Katja war schon zwei Jahre praktisch von der politischen Bildfläche verschwunden und wer sollte bitte auf TikTok Zusammenschnitte von Politikern posten? Das war doch absurd. Trotz allem hatte ihre Neugier überwogen.
Sie öffnete keine zwei Minuten später, die nun neu installierte App auf ihrem Handy und begann in die Suchleiste ihren eigenen Namen einzutippen. Sie fühlte sich ein bisschen wie Alice Weidel, die ja, wie jeder mittlerweile wusste, regelmäßig ihren eigenen Namen googlete.
Kaum hatte sie ihren Suchbegriff eingegeben, tauchten darunter mehrere Videos auf, die alle sie selbst zeigten. Verwirrt von dem Anblick der 50 Mini Katjas, die alle für drei Sekunden auf dem Bildschirm rumwuselten, klickte sie das erste Video an. Es zeigte sie an einer Edeka Kasse, dass das Foto existierte, hatte sie ganz vergessen, und auf anderen Fotos und Videos, die alle mit einem Trash TV Sound unterlegt waren. Obwohl es im ersten Moment befremdlich war diesen Clip zu sehen, musste sie grinsen. Was auch immer für Fans das waren, Humor hatten sie.
Sie klickte sich weiter durch die nächsten Videos, die ihr angezeigt wurden. Die meisten zeigten sie in Interviews oder im Bundestag und manchmal sogar noch zu Hamburger Bürgerschaftszeiten. Gerade als sie sich fragte ob das mit Linda nur ein schlechter Scherz gewesen sein sollte oder Lindner vielleicht schon an Halluzinationen litt, flackerte das Gesicht der Blonden auf ihrem Bildschirm auf. Es zeigte Linda kurz nach ihrer Rede zur Generalsekretärin und es zeigte sie selbst am gleichen Tag. Ein Interview mit ihr auf dem Parteitag, an das sie sich nur noch dunkel erinnern konnte. Kaum wurde Lindas Name erwähnt, breitete sich ein seeliges Grinsen auf dem Gesicht der 2019 Katja aus.
War es vielleicht nur ein komischer Kamerawinkel? Katja konnte sich gar nicht daran erinnern, so gelächelt zu haben. Irritiert schaute sie weiter. Bilder mit ihr und Linda, meistens dicht nebeneinander, die Arme umeinander gelegt, strahlend.
Und ein Bild, das Katja so noch nicht gesehen hatte. Ein Schnappschuss, aufgenommen kurz nach Lindas Wahl. Sie stoppte das Video um sich das Foto genauer anzuschauen. Ihr Gesicht war wirklich nur Zentimeter von Lindas entfernt. Wenn sie nicht gewusst hätte, dass es nur mit einem Kuss auf der Wange geendet hatte, hätte sie denken können, beide wären kurz davor gewesen sich richtig zu küssen.
Je länger sie auf dieses Bild starrte, desto schneller spürte sie ihr Herz in ihrer Brust schlagen. Es ist nur ein dämliches Bild, sagte sie sich und trotzdem konnte sie nicht aufhören auf die Gesichter vor sich zu starren. Die Spannung schien durch den Bildschirm fast greifbar zu sein. Eine Spannung, von der Katja nicht gewusst hatte, dass sie existierte.