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Mit mürrischem Gesichtsausdruck stand Hermine an der Kreuzung, von der aus ein schmaler Weg zum See führte, und wartete auf Blaise. Sie war sich sicher, dass er ahnte, was sie ihm zu sagen hatte, doch sie selbst war eigentlich nicht mehr in der Stimmung, mit dem Liebeskummer eines anderen Menschen konfrontiert zu werden. Dazu war sie selbst viel zu sehr mit sich beschäftigt. Seit ihrem Streit mit Draco hatten sie kein Wort mehr mit ihm gesprochen und er erweckte auch nicht den Eindruck, als ob er Interesse daran hätte, jemals wieder mit ihr zu reden. Sie wurde einfach nicht schlau daraus. Erst war er wütend gewesen, dann wurde er beleidigend und meinte, er könne von ihr mal so eben auf die Schnelle Sex bekommen. Und was das Ganz noch schlimmer machte, war, dass ihr Herz immer noch an ihm hing, an jenem Draco Malfoy, der sich einfühlsam und witzig gezeigt hatte, der ihr aufmerksam zugehört hatte, sie herausgefordert hatte, aber auch auf sie eingegangen war. Sie wünschte sich noch immer, dass das der echte Draco war. Und dass sie mit ihm zusammen sein konnte.

Aus der Ferne sah sie Blaise auf sich zukommen. Rasch ließ sie ihre schlechte Laune verschwinden und winkte ihm freudig entgegen. Sie war fest entschlossen, das Gespräch kurz zu halten, um es für sich und ihn so schmerzfrei wie möglich zu gestalten.

"Da bin ich", begrüßte Blaise sie und zog sie fest in seine Arme. Überrascht wehrte Hermine sich nicht, sondern wartete ab, bis er sie wieder losließ. Dann schlug sie vor: "Wollen wir ein paar Schritte gehen?"

"Deswegen bin ich hier", grinste Blaise, ergriff ihre Hand und schlenderte los. Nervös fragte Hermine sich, ob ihr Brief vielleicht missverständlich gewesen war und ob er dachte, dass sie ihm eine positive Antwort geben wollte. Sie hoffte sehr, dass sie ihn nicht noch mehr enttäuschen würde als sie es ohnehin schon musste.

"Blaise", begann sie schließlich vorsichtig, ohne ihn dabei jedoch anzuschauen, "ich hoffe, dass du ... dass du weißt, wie gern ich dich habe."

Er nickte, ebenfalls ohne sie anzusehen. Leise fuhr sie fort: "Ich habe lange nachgedacht. Über uns. Und ... es ist wirklich toll zu wissen, dass jemand wie du Interesse an mir hat. Aber ... ich kann das einfach nicht erwidern."

"Ich weiß", erwiderte Blaise ebenso leise und blieb stehen. Ohne ihre Hand loszulassen, legte er ihr die andere auf die Wange und zwang sie, ihn anzuschauen: "Die Chance war ohnehin immer schon sehr gering."

Erleichtert atmete Hermine auf. Blaise war gelassener, als sie es von ihm erwartet hätte, doch andererseits hatte er sich zuvor nie als unbeherrscht oder aufbrausend gezeigt. Mit einem traurigen Lächeln erklärte sie: "Ich hatte eigentlich diese Chance nutzen wollen, um dir zu sagen ... zu gestehen ... wie auch immer ... dass der Hauptgrund, warum das zwischen uns nichts werden kann, ist, dass ... dass ich mich in Draco verliebt habe."

Das Gesicht von Blaise verdüsterte sich und er ließ die Hand wieder sinken. Augenblick bereute Hermine es, dass sie ihm ihre gefühle gestanden hatte. Das war wohl ein riesiger, unübersehbarer Fettnapf. Welcher Mann hörte es schon gerne, dass man nicht ihn, sondern seinen besten Freund wollte. In dem Versuch, die Situation zu retten, fuhr sie fort: "Aber keine Sorge, da wird eh nichts draus. Er hat mir mehr als deutlich gezeigt, was für ein Arschloch er ist und dass diese nette Seite von ihm nur gespielt war."

Zu ihrer Überraschung wandelte sich der Gesichtsausdruck von Blaise von verärgert zu ... schuldbewusst? Misstrauisch hob Hermine eine Augenbraue und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie begann sich plötzlich zu fragen, ob die beiden Freunde miteinander über sie geredet hatten.

"Weißt du", murmelte Blaise langsam, "ich glaube, das ist meine Schuld."

"Inwiefern?", verlangte sie zu wissen. Warum hatte sie nur mit einem Mal das Gefühl, dass mit ihr nur gespielt wurde?

Nachhilfe mit Nebenwirkungen ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt