Am seidenen Faden

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Eine aufgebrachte Menschenlawine stürmte auf den Ausgang zu. Ohrenbetäubender Lärm erfüllte den Saal. Gedanklich war ich noch immer mit der Anhörung beschäftigt, wurde jedoch unterbrochen, als sich plötzlich das mächtige Hinterteil meines Banknachbarn an mir vorbei zwängte. Die Sitzplätze um mich herum hatten sich bereits gänzlich geleert. Ich sprang nun ebenfalls auf und nahm den engen Gang zwischen den Bankreihen ins Visier. Es war wohl beinahe unmöglich geworden, durch das schneckenhafte vorrankommen des alten Mannes vor mir, Remus noch rechtzeitig abfangen zu können, bevor er in der Menge verschwand. Ich warf einen Blick zu ihm hinüber. Erleichtert stellte ich fest, dass er auf jemanden zu warten schien. Mit verschränkten Armen und ungeduldig tippelndem Fuß fixierte er Snape und Flack. Wild gestikulierend waren beide in eine hitzige Diskussion vertieft.

Der ältere Herr mit seiner enormen Körperfülle hatte bereits die Hälfte des Ganges bewältigt. Mit einem stillen Seufzen trottete ich ihm hinterher. Es war erschreckend anstrengend, sich auf seine Geschwindigkeit runter zu bremsen. Immer wieder versicherte ich mich, dass Remus noch anwesend war. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie Canis von zwei Ministeriumsangestellten durch einen Seitenausgang eskortiert wurde.

Merlin, wir hatten es geschafft! Das Ende des Ganges war erreicht. Remus und Snape hatten sich bereits in Bewegung gesetzt. Ich drängte mich an dem alten Mann vorbei, der sich keuchend an der Wand abstütze um sich von der extremen Anstrengung erstmal zu erholen. Ich heftete mich an Remus' Fersen. Meiner unbemerkt sagte er zu Snape:

>>Bemitleidungswürde Kreaturen, dein Ernst? << Snape zuckte wenig beeindruckt mit den Schultern und gab grummelnd zurück:

>>Mir fiel in der Kürze der Zeit keine treffendere Bezeichnung für euch ein. << Stur sah mein alter Zaubertranklehrer geradeaus, ohne Remus auch nur eines Blickes zu würdigen.

>>Du bist also der Meinung ich sei bemitleidungswürdig? <<, sagte Remus mit einem Schmunzeln auf den Lippen, was mir verriet, dass er seinen Freund nur aufziehen wollte.

>>Bei deinem jetzigen Arbeitsplatz verdienst du auf jeden Fall mein Mitleid <<, erwiderte Snape mit sarkastischem Unterton. Er warf Remus einen kurzen, undefinierbaren Blick zu. Der triumphierte nun, da er Snapes volle Aufmerksamkeit erlangt hatte.

>>Seit wann besitzt der feine Herr denn so etwas wie Humor? << Ein fettes Grinsen breitete sich auf Remus' Gesicht aus.

>>Welch Unterstellung! <<, entrüstete sich Snape, >> Als hätte ich jemals eine solche, charakterliche Abart besessen. Da ich damit angefangen habe, mich vom Ministerium ausbeuten zu lassen, werde ich so etwas auch nicht entwickeln... Da wir gerade beim Thema sind..., seine emsigste Mitarbeiterin verfolgt uns seit einiger Zeit. << Meine Augen weiteten sich. Ich hatte nicht damit gerechnet so plötzlich entdeckt zu werden. Überrascht sah Remus über seine Schulter hinweg. Ertappt starrte ich ihn an.

>>Oh, Hermine! Was für eine freudige Überraschung. << Er schenkte mir ein atemberaubendes Lächeln und trieb mir so eine peinliche Röte auf die Wangen. Snape schürzte die Lippen.

>>Ja...wie überraschend, in der Tat. << Ich hatte keine Mühe damit ihn zu überhören. Mein Interesse galt allein Remus. Irgendwie hatte ich das Gefühl mich entschuldigen zu müssen.

>> Verzeihung, es lag nicht in meiner Absicht das Gespräch zu belauschen<<, sagte ich zerknirscht und zog dabei ein Gesicht, als wäre ich gerade auf einen Nagel getreten.

>>Sicher nicht <<, kommentierte Snape emotionslos, woraufhin ihn Remus ohne Worte mit dem Ellbogen anstieß. Die Situation war unangenehm für mich. Ursprünglich wollte ich nur belanglose Konversation mit meinem ehemaligen Verteidigungslehrer betreiben. Doch nun sah ich mich gezwungen, auf das aktuelle Problem auszuweichen.

Die BüroaffäreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt