Kapitel 15

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LUCÍA

Ich hatte Mamá wehgetan. Vielleicht hatte ich sie sogar getötet. Nein, das durfte nicht sein! Ich hatte doch nur Papá beschützen wollen! Wieso hatte ich das getan? Ich zitterte vor Angst am ganzen Körper und bemerkte, wie die Luft um mich herum ebenfalls kälter wurde und es zu schneien begann. Egal, wohin ich meinen Fuß setzte, sofort bildete sich eine dicke Eisschicht darunter. Ich musste weg von hier, sofort. So schnell ich konnte, rannte ich zu meinem Eisschloss und sobald ich darin war, warf ich die Tür hinter mir zu und lehnte mich dagegen. Ich brauchte Ruhe. Sofort. Ich musste einen Weg finden, Mamá zu helfen und dazu brauchte ich absolute Ruhe. Ich eilte die Treppen in mein kleines Zimmerchen hinauf, das ich mir gebaut hatte und setzte mich auf das Bett. Was sollte ich nur tun? Verzweifelt vergrub ich meine Hände in meinen Haaren und ließ sie erst wieder los, als meine Kopfhaut schmerzhaft zu brennen begann. Schluss damit, mich selbst zu verletzen! Das würde Mamá auch nicht helfen! Ich musste hier am besten alleine bleiben für die nächste Zeit. Aber wie sollte ich das schaffen? Mirabel wusste, wo mein Schloss war und sie würde sicherlich mit Papá herkommen! Ich musste sie davon abhalten herzukommen, bevor ich sie auch noch verletzte. Aber wie sollte ich das tun? Da kam mir eine Idee. Ich rannte die Treppe hinab und trat vor die Tür. Ohne zu zögern trat ich hart mit dem Fuß auf, worauf mein Schloss sich in die Höhe erhob und der untere Teil von einer tiefer Schlucht unterbaut wurde, in der spitze Eiszapfen aufragten und jeden zu verletzen drohten, der hinunter stürzen würde. Hoffentlich reichte das, um Mirabel und Papá abzuschrecken. Mamá hatte recht gehabt, ich war ein Fluch. Ich wollte gerade wieder ins Schloss gehen, als auch schon Mirabel und Papá aus den Büschen des Waldes gestürmt kamen.
"Lucía!", rief Papá und blieb abrupt stehen, als er die tiefe Schlucht sah. "Was tust du da? Komm runter und rede mit uns! Es ist alles gut, wir können das wieder hinbekommen!"
"Nein, können wir nicht! Mamá hatte recht, ich bin ein Fluch! Ich habe sie verletzt!", widersprach ich ihm aufgelöst und starrte auf meine Hände. "Ich hasse diese Gabe!"
"Ich weiß, ich hasse meine auch! Ich wurde wegen meiner Gabe sogar verstoßen! Aber wir dürfen das beide nicht so ernst nehmen! Wir können zusammen lernen, mit unseren Gaben zurechtzukommen", wandte er ein. "Und deiner Mutter geht es gut! Wahrscheinlich wird sie bloß etwas unterkühlt sein, aber Julieta wird sie heilen. Du musst dir keine Sorgen machen, wirklich."
"Tu ich aber! Ich tu Menschen weh und sie mir! Ich will nur noch alleine sein und jetzt geht!", schrie ich die beiden an und wollte mich umdrehen, als Mirabel einen Schritt nach vorne machte.
"Was redest du da? Deine Gabe ist toll! Und du hast niemanden absichtlich verletzt! Als du mir deine Gabe gezeigt hast, war ich sofort begeistert! Und sieh doch nur, was du geschaffen hast! Ein ganzes Schloss! Du kannst tolle Sachen machen und nur, weil deine Mutter das nicht erkennen will, heißt das nicht, dass du ein Fluch bist! Bitte, komm zurück nach Hause!", wandte sie ein.
"Das kann ich nicht, tut mir leid. Und jetzt geht und helft Mamá, ich brauche meine Ruhe", lehnte ich ab und ging auf die Tür zu. Bevor die beiden etwas erwidern konnten, ging ich durch die Tür und warf sie laut hinter mir zu. Ich wollte nicht länger mit den beiden reden, ich brauchte meine Ruhe. Ich kratzte mich am Arm und ließ mich auf die eisigen Treppen fallen. Was sollte ich jetzt nur tun? Wie sollte ich weitermachen? Ich konnte nicht zurück zu Casita, alle würden mich für eine Hexe halten! Ich musste also alleine hier bleiben, aber wie sollte ich Mamá dann helfen? Ich musste meinen Fluch brechen, nur wie? Da kam mir eine Idee. Ich stand auf und erschuf einen riesigen Eiszapfen, der nur wenig später in meiner Hand lag. Es ging nicht anders, das hier musste jetzt sein.

Lucía - Suche nach der Wahrheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt