1. Kapitel: Geschwister Medaru

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8: 59 Uhr und 59 Sekunden am 13. 06. 12.

Der Wecker ließ eine Sekunde später sein Piepen erklingen. Zusammenzuckend richtete ich mich auf und schlug, noch halbschlafend, mit der Hand auf den schwarzen Minikasten. Ich rieb mir die Augen, um wieder etwas Sicht zu erlangen und bemerkte als Erstes die scheinende Sonne. Kaum hatte die Sonne den Horizont überquert, schien sie bereits heller als zur Mittagsstunde. Die weißen Gardinen schienen fast schon unsichtbar, während die Sonnenstrahlen durch die Fensterscheiben glitten wie seidene Fäden und mein Gesicht erwärmten. Ich kniff meine lindgrünen Augen zusammen und strich mir meinen nachtblauen Pony aus dem Gesicht. Mit zusammengekniffenen Augen stand ich ermüdet auf, stellte mich an die Fensterbank und sah mir meine strahlend weißen Orchideen an. Beide waren bereits ungefähr fünfzig Zentimeter groß und sehr gut gepflegt. Aber was ich am meisten bewunderte, war der große Kirschblütenbaum, vor meinem Fenster. Seine Krone reichte schon bis hin zum Dach unseres einstöckigen Hauses. Ich öffnete das Fenster nach innen, legte mein rechtes Knie auf die Fensterbank und berührte mit meinen Fingerspitzen eine der tausend Kirschblüten. Sie waren seidig weich und mit einem wunderschönen rosa bedeckt.

So rosa wie meine Wangen es waren, als ich noch sehr klein war, weshalb meine Mutter mich Sakura nennen wollte. Als Kleinkind jedoch, setzte mein Vater mich immer wieder auf die alte Holzbank im Garten, damit ich ihm beim Schwerttraining zusehen konnte. Angeblich hatte ich ein starkes Funkeln und große Begeisterung in den Augen. Er gab mir den Namen Sayajori, oder einfach Saji, und versuchte in den Jahren mich immer mehr mit Schwertkünsten in Verbindung zu bringen.

Ich war 14 Jahre alt und ich musste ehrlich zugeben, es hatte funktioniert. Ich faszinierte mich für Schwerter und ihre Arten der Klingen. Meine liebste Art war natürlich das japanisch traditionelle Katanaschwert. Aber Schwerter waren nicht das Einzige für mich.

Die Natur fand ich ebenfalls atemberaubend, besonders zum Zeichnen, was ich auch sehr gerne tat. Immer wieder setzte ich mich auf dieselbe Bank im Garten, starrte in die Ferne mit nichts weiterem als meinem Bleistift und meinem Skizzenbuch. Bestimmt schon eine Million Male hatte ich diesen Baum mit jeder einzelnen Blüte, wie die in meiner Hand gepflückten, aufs Papier gebracht.

Ich schloss das Fenster wieder, als ich die Stimme meiner Schwester hörte, die mich zum Frühstück rief. Das tat sie jeden Morgen. Normalerweise bereitete meine Mutter das Frühstück schon Stunden vorher vor, da mein Vater immer sehr früh weg musste. Selbst am Wochenende sollte er arbeiten und uns alleine lassen. Nun, wenn ich ehrlich sein musste war er schwarzarbeiten. Er rannte durch die Nachbarschaft und bot Hilfe an. Aber wenn er wieder nachts nach Hause kam versprach er uns, uns zum Essen einzuladen, woran er sich jedoch selten hielt. Man gewöhnte sich aber daran, selbst wenn wir eine traurige Miene zogen.

Als ich die weiße Holztür öffnete, die Kirschblüte noch immer in der Hand, bekam ich als Erstes eine große Umarmung meiner Mutter und einen Kuss auf die rechte Wange.

„Alles Gute zu deinem 14. Geburtstag!", rief sie.

„Ja, richtig...", murmelte ich und starrte auf die Blüte in meiner linken Hand.

Mein breites Grinsen verriet meine große Freude daran. Natürlich freute ich mich auf die Geschenke, wie jeder andere Mensch, aber vor allem auf die Zeit, die ich mit meiner Familie verbringen durfte.

Am Frühstückstisch gesellte sich unser Vater natürlich nicht, dafür hatte er mir aber eine Glückwunschkarte mit etwas Geld hinterlassen. Ich legte die Blüte in die Mitte des Tisches.

„Wenn du noch mehr Blüten vom selben Baum pflückst, wird der noch kahl", lachte Yorja und schmierte sich ihr Brötchen mit Butter.

„Du wirst es nicht glauben, aber Pflanzen...wachsen nach!", konterte ich. Früh am Morgen und schon war ich sarkastisch, das war wohl eins meiner Merkmale.

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