Kapitel 19: Nature or Nurture

333 23 7
                                    

Liam wusste, dass es nicht Theos Schuld war, dass er bei den Kindern bleiben musste, während Theo am Feuer saß, eine Limonade trank und lachte, aber, nun ja, es machte so viel mehr Spaß, Theo die Schuld zu geben, als zuzugeben, dass er es war, der sich selbst in die Babysitter-Falle gelockt hatte, indem er versuchte, einen Streit zwischen Achtjährigen zu beenden, während Theo einfach weiterging, ohne auch nur einen Blick zurückzuwerfen, und sich dann bereit erklärte, einem Mädchen zu helfen, ein Armband fertigzustellen, das sie gerade herstellte. Danach war er gefangen gewesen und Theo hatte nichts getan, um ihn zu retten. Nur ab und zu schaute er mit einem Grinsen in seine Richtung.

Er konnte wirklich nicht glauben, dass dieses Arschloch sein Anker war. Dass Theo sein Anker war, war unvorstellbar, denn Theo war ein Idiot und sie waren sowieso keine Freunde. Er war nur... seine Standards waren in den letzten Monaten gesunken. Er war gezwungen gewesen, zu viel Zeit mit Theo zu verbringen, und hatte sich nur selbst eingeredet, zu glauben, er sei für seine eigene geistige Gesundheit erträglich. Es war wie im Unterricht, wenn die Leute während der Stunde anfingen, attraktiv auszusehen. Erst wenn der Gong läutet und man zur allgemeinen Bevölkerung zurückkehrt und feststellt, dass sie in keiner Weise gut aussahen, man hatte halt eben nur eine begrenzte Auswahl. 

Oder vielleicht war er nur ein bisschen verbittert, da er allein und feucht vom Morgentau aufgewacht war und Theo fast eine Stunde lang nicht finden konnte und sich schon fast Sorgen machte mit Fragen wie:

Was, wenn das Rudel sie nur ausgetrickst und Theo verletzt hatte, während Liam schlief?

Was, wenn Monroe ihnen irgendwie den ganzen Roadtrip lang gefolgt war und ihn getötet hatte und jetzt alle anderen töten würde?

Was, wenn er spazieren gegangen war und sich verlaufen hatte und erfrieren würde?

Was wäre, wenn er spazieren gegangen wäre und von einem Bären angegriffen worden wäre?

Was, wenn er nicht verletzt war? Was, wenn er den Roadtrip und Liam tatsächlich hasste und endlich den perfekten Ort gefunden hatte, um ihn auszusetzen? Was, wenn er bereits durch das Land raste und mit dem Finger auf das Lenkrad tippte, während er darüber lachte, dass er es geschafft hatte, Liam dazu zu bringen, ihm zu vertrauen, bevor er ihn buchstäblich im Dreck zurückließ?

Vielleicht war der Hoodie, den er auf Liams schlafendem Körper geworfen hatte, wirklich ein Abschiedsgeschenk gewesen, und war ein wortloses „Du wirst mich nie wieder sehen, aber hier, genieße meinen Duft, du kleiner Freak".

Erst als Theo mit Guns und Sara ins Lager zurückkam und ein einfaches, „Entspann dich Pumpkin.", murmelte. Als Liam ihn angeschnauzt hatte, das nächste Mal wenigstens eine Notiz zu hinterlassen.

Es fühlte sich unfair an, dass das Arschloch da saß und freundschaftlich mit Sara und den anderen plauderte, während er mit den kleinen Rackern feststeckte. Er war derjenige gewesen, der den größten Teil des Morgens damit verbracht hatte, auszuflippen, er war derjenige, der sich hinsetzen und einen verdammten Drink trinken sollte und nicht mit einem herrischen Kind festsitzen sollte, das ihm mit klebrigen Fingern die Haare flocht.

„Nicht bewegen!", schimpfte Penny und zog an einer Haarsträhne von Liam. Liam stieß ein leises, schmerzerfülltes Zischen aus. Theos Aufmerksamkeit verlagerte sich bei dem Geräusch, seine Augen fingen Liams Blick ein, bevor sein Blick zu Penny flackerte, die hinter ihm stand, er beobachtete, wie das kleine Mädchen seine Haare zu unordentlichen Zöpfen stylte, sein Lächeln verwandelte sich in ein Grinsen. Liam hob seinen Mittelfinger und wandte sich ab. Penny zog noch einmal grob an seinen Haaren. „Ich habe dir gesagt, du sollst dich nicht bewegen! Du wirst sie ruinieren."

„Sorry."

„Entschuldigung?" Liam achtete darauf, nur die Augen zu bewegen, als die leise Stimme seine Aufmerksamkeit forderte. Ein kleiner Junge stand da, seine Füße scharrten über das Gras, ein Perlenarmband in seinen Händen. „Könntest du das bitte für mich festbinden?", fragte er. „Ich kann es nicht an mein eigenes Handgelenk binden und-"

𝑨𝒊𝒓𝒑𝒍𝒂𝒏𝒆𝒔, Thiam (deutsche Übersetzung) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt