Die Qual der Wahl

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Finn blickte zu Boden, ich hingegen direkt zu ihm: "Wie meinst du das ?" Vorsichtig stand ich auch. Finns Position veränderte sich kaum: "Du sollst nicht sagen, dass du es nicht willst, denn ich möchte, dass es etwas, nein, dass ich etwas bin, dass dir gefällt." Ich schluckte: "Aber warum ?" Finn lächelte schwach und rieb sich das Gesicht: "Ja weil ich mich doch auch in dich verliebt habe." Ich hatte, dass zwar schon mal in Erwägung gezogen aber nie für möglich gehalten. Er sollte in mich verliebt sein ? Ich schüttelte meinen Kopf: "Das ist schwer zu glauben, tut mir leid. Du warst die ganze Zeit immer so gemein zu mir, hast mich provoziert oder dich zwischen Sasha und mich gedrängt. Wie kann ich da glauben du würdest mich mögen ?" Er spielt mal wieder mit mir. Er verarscht mich doch ! dachte ich und Wut stieg mir bis zum Hals. Ich hörte einen gewissen Reiz in seiner Stimme: "Mensch, Kevin. Ich habe, dass doch alles getan um mich nicht in dich zu verlieben. Ich wollte dich auch dazu bringen, dass du dich bewusst von mir distanzierst. Aber es bot sich so oft die Möglichkeit dich zu sehen und ich gebe zu in diesen Situationen egoistisch gewesen zu sein. Ich wollte mehr, habe dich geküsst wenn du hilflos warst und dich dabei total ausgenutzt. Und es tut mir total Leid. Aber ich habe mich in dich verliebt und das kann ich nicht ändern." Wieder war da dieses Ziehen in der Magengegend und ich hatte das Bedürfnis mich ganz nah neben ihn zu setzten. Aber vom Schock getroffen bewegten sich meine Beine nicht. Bevor ich irgendetwas hätte sagen können stand er auf und befand sich wenig später genau vor mir: "Es liegt jetzt an dir, was du willst." Ich spürte seinen Atem und starrte seine Lippen an: "I-ich bin mir nicht sicher..." Er beugte sich zu mir: "Dann sag mir was du hierbei fühlst." Er küsste mich sanft und dominant bahnte er seine Zunge zu mir hindurch. Als sie auf meine traf ging ich reflexartig darauf ein. Finn drückte mich noch näher zu sich und meine rechte Hand ergriff seinen Hemdsaum. Dann löste er sich von mir und sah mich erwartungsvoll an. Ich keuchte und immer noch hielt ich sein Shirt fest. Er strich mir durchs Haar und flüsterte: "Jetzt musst du mir schon sagen was du fühlst." Ich zitterte. Finn war mehr als sexy, er löste bei mir Aufregung und gleichzeitig Geborgenheit aus. Es war viel intensiver als bei Sasha. Es war anders, aber besser. Unbeschreiblich. Mein Herz klopfte wie wild: "I-ich..." Mit hochrotem Kopf starrte ich erneut zu Boden: "E-es ist d-deutlich mehr zwischen... zwischen u-uns..." Kaum verständlich haspelte ich vor mich hin. Es war so, das wusste ich ja auch. Aber es war grundauf falsch. Ernst und gleichzeitig verzweifelt sah ich ihn an: "Aber moralisch ist es falsch. Wenn ich mit dir zusammen wär, würde Sasha das nicht verkraften. Stell dir mal vor wir knutschen in eurer Wohnung rum und Sasha steht daneben. Das geht nicht. Ich kann sie nicht wegen ihres Bruders verlassen. Sie darf niemals erfahren, dass ich sie mit dir betrogen hab. Das wäre viel zu schlimm für sie." Noch im selben Moment bemerkte ich, dass ich zu viel gesagt hatte. Finn wurde nämlich wütend: "Wegen ihres Bruders verlassen ? Betrogen ? Weißt du wie sich das anhört ? Als wäre sie dir doch wichtiger. Als wäre es ein Verbrechen mich zu mögen." Energisch riss er die Tür auf und mit seinem Rücken in meinem Blick sagte er: "Manchmal muss man Opfer bringen. Und du solltest demnächst mal wissen, wen oder was du willst."

Ich brachte es auch nach einer Woche nicht fertig mich zu entscheide. Herr Gott nochmal ! Jetzt war ich mir endlich im Klaren, dass ich Finn mehr als normal mochte und insgeheim oft mir vorstellte wie es wäre mit ihm zusammen zu sein und dann sollte ich mich auch noch von heute auf morgen zwischen ihm und seiner Schwester entscheiden. Aber ich brachte es nicht über's Herz Sasha so bloß zu stellen. Wir waren seit gut einem Jahr zusammen und haben so viel miteinander erlebt, sei es intim oder sonst was. Ich konnte das einfach nicht so mit Füßen treten. Es wäre einfach unmoralisch.

Am Sonntagmorgen packte ich mein Englischzeug aus. Die erste Abiturprüfung würde schon am Mittwoch sein und ich hatte vor den ganzen Tag Vokabeln zu üben, das Schulbuch zu studieren und Grammatik zu wiederholen. Englisch war noch nie mein Fach gewesen. Hätte ich während des Jahres nicht Supernachhilfe Lehrer und lieblings Onkel Nick gehabt, hätte ich die 12 Klasse knicken können. Nachdem ich sämtliche irregular Verbs verinnerlicht hatte vibrierte mein Handy:"Kevin ? Können wir uns unter der Parkbrücke treffen ?" Mein Herz klopfte wie wild. Am anderen Ende der Leitung konnte ich meine Freundin verheult und mit kratziger Stimme wieder hören. Das erste was mir in den Sinn kam war: Wusste sie es ? Hatte Finn etwas zu ihr gesagt ? Ich bejahte ihre Frage und schlüpfte in meine Schuhe. Verdammt. Meine Beine waren Pudding und ich konnte kaum atmen. Ich schleppte mich wörtlich zur Brücke. Ich war verpflichtet aber ich hatte auch Angst. Am liebsten wäre ich umgekehrt aber irgendetwas lies dieses psychologische ES in mir nicht hindurch. Der Park war knapp zehn Minuten Fußmarsch von meinem Haus entfernt, rannte man jedoch Marathon so wie ich, war das Ziel in nicht mal fünf Minuten erreicht. Sasha hockte tränenverschmiert am Ufer und stürmte sofort in meine Arme. Ich drückte sie sanft an mich und streichte ihr durchs Haar. Vorsichtig fragte ich: "Was ist denn los ?" Sasha drückte sich von mir weg und sah zu mir auf: "Finn ist seit ein paar Tagen total abwesend zu mir. Anfangs habe ich mir nichts dabei gedacht. Ich dachte er ist vielleicht genervt von mir, ich meine Geschwister streiten sich ja oder gehen sich auf die Nerven aber vorgestern hat er mich immer angegriffen, gesagt ich soll mit dir Schluss machen, weil ich eine schlechte Freundin bin. Es wird immer schlimmer. Ich hab ihn vorhin gefragt ob er ein Problem mit mir hat und es mir bitte sagen soll. Dann hat er gemeint ich sei selbst ein Problem und er würde sich wünschen ich wäre nicht seine Schwester." Sie schluchzte: "Sowas hat er noch nie gesagt. Und er sah so furchtbar ernst dabei aus. Ich weiß nicht was ich falsch gemacht habe. Ich weiß du magst ihn nicht, aber er ist mein großer Bruder und ich habe ihn total lieb." Wieder vergrub sie ihr Gesicht in meiner Brust. Finn war eifersüchtig, ganz klar. Aber da sie die Umstände natürlich nicht kannte, konnte Sasha auch nicht verstehen warum er sich so kindisch aufführte. Es tut mir so leid ! dachte ich. Ich wusste bis eben nicht, dass es etwas gab, das mir noch mehr weh tun würde als Sasha die Wahrheit zu sagen, nämlich es ihr nicht zu mittzuteilen. Ich drückte sie fest an mich und holte tief Luft: "Sasha, ich muss dir etwas sagen."

Großer Bruder, Große Liebe (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt