Großer Bruder, große Liebe

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"Und was hat er gesagt?" Justin kam sichtlich erleichtert auf mich zu: "Bestanden mit 2,8." Ich lachte: "Verarsch mich nicht. Justin wie hast du diesen Schnitt geschafft ?" Er lachte auch: "Echt, keine Ahnung." Mein Lächeln verstummte als ich Sasha mit tränenbeschmierten Gesicht sah. Besorgt trat ich auf sie zu: "Was ist los ?" Sie sah mich nicht an: "Ich muss zu der Nachprüfung in Englisch." Ich schluckte: "Das schaffst du doch." Sie schüttelte ihren Kopf: "Ich bin einfach sauer. Den Tag davor hast du doch mit mir Schluss gemacht. Deswegen war ich so unkonzentriert und hab die Prüfung verhauen. Ich bin einfach wütend auf dich auch wenn es eigentlich unfair ist." Sie schüttelte sich: "Egal, vergiss es einfach. Ich brauche wohl noch ein wenig um komplett darüber hin weg zu kommen." Ich nickte und ging wieder zurück zu Justin. Ein schlechtes Gewissen hatte ich schon. Schließlich hatte sie ja Recht. Es war meine Schuld gewesen und ich konnte mich gut daran zurück erinnern wie ich mir während der Englischabschlussprüfung Sorgen um sie und ihre Leistung gemacht hatte.

"Bestanden mit 2,0." brüllte ich per Handy meinem Vater ins Ohr. Er lachte: "Das müssen wir feiern. Hast du jetzt schon was vor ?" - "Ich komm vorbei. Deine Adresse hab ich ja." - "Nicht nötig. Ich hol dich ab." Er legte auf und fünfzehn Minuten später saß ich bereits bei ihm im Auto: "Maaan ich hätte nie gedacht, dass ich so gut abschneide. Also für meine Verhältnisse." Meine Augen klebten förmlich an dem Zertifikat. Mein Vater hielt bei einem Lokal, das "Itadakimasu*" genannt wurde, in meiner Generation jedoch nur Bonzen-Bistro. Der Laden wurde von einem superreichen deutschen Geschäftsmann und seiner japanischen und im Betrieb Gastronomie erfolgreichen Frau geführt und tischte ordentlich und vor allem frisch und luxuriös auf: "Mensch Papa, das ist doch viel zu teuer hier." Er nickte: "Man besteht sein Abitur für gewöhnlich nur einmal und außerdem muss ich meine Gehaltserhöhung doch irgendwie wieder loswerden." Ich riss meine Augen so weit auf, dass sie beinahe rausfielen: "Du bist doch erst seit zwei Wochen wieder da und hast jetzt schon eine Gehaltserhöhung bekommen?" Er zuckte mit den Schultern: "Hätte ich sie ablehnen sollen?" Ich boxte ihm freundschaftlich die rechte Schulter. Wir suchten uns einen Tisch und bestellten alles was uns in den Sinn kam. Er räusperte sich: "Wie geht es eigentlich deiner Mutter?" Ich legte die Karte beiseite: "Sie ist momentan mit ihrem neuen Freund in Finnland. Kommt am Montag wieder." Er zuckte erschrocken zusammen: "Dann kommt sie ja gar nicht auf deinen Abschlussball." Ich hob meine Arme: "Na und wenn schon. Seit der Scheidung ist sie ganz anders und ihr neuer ist echt ekelhaft. Ich finde-" Plötzlich lies ich meine Gabel fallen. Der Abschlussball. Ich hatte den Ball komplett vergessen. Der Ball war am Freitag und ich tanzte dort mit niemand anderen als mit Sasha. Das musste ich erst mal überleben. Und Finn musste ich davon schließlich auch noch erzählen.

"Gut siehst du aus." Finn zupfte noch ein wenig an mir herum ehe ich mich komplett im Spiegel betrachten konnte. "Danke." Ich küsste ihn, kaum hatte ich mich jedoch von ihm gelöst stürmte Sasha ihn mein Zimmer: "Können wir? Ich will nicht zu spät kommen." Ich nickte stumm und auch Finn schien die Sache unangenehm zu sein. Wo sollte ich mich jetzt eigentlich hinsetzen? Hinten neben Sasha oder auf den Beifahrersitzt neben Finn ? Er jedoch munterte mich kurz mit einem Blick auf und ich wusste auch war sich im Klaren es wäre jetzt extrem taktlos Sasha allein hinten zu lassen. Also öffnete ich die Tür hinter ihm und schnallte mich an. Finn drehte das Radio auf um die peinliche Stille etwas zu umgehen. Aus dem Augenwinkel betrachtete ich Sasha in ihrem Pastellfarbenen Kleid. Sie hatte ihre Haare zur Seite gesteckt und große Locken fielen von ihrer rechten Schulter: "Du siehst heute auch sehr hübsch aus Sasha." Sagte ich mit roten Wangen. Ich wusste nicht was sie dachte und es war mir auch egal ob es unangebracht war dies zu sagen aber Sasha tat mir so unendlich leid und sie war so extrem stark, dass dieses Kompliment ihr eventuell ein wenig Freude bereiten würde.

Der Abend verlief relativ angenehm. Die Pflichttänze waren schnell geschafft und die restliche Zeit über ließ ich meine Ex-Freundin in Ruhe. Ich verbrachte meine Zeit bei Finn. Mal verließen wir den Saal zum "Rauchen" (was jedoch eigentlich ein geheimer Vorwand war um ungestört zu sein) oder redeten über alles Mögliche. Justin verließ den Ball bereits gegen elf mit Katharina im Schlepptau: "Ihre Eltern sind heute nicht da. Wünsch mir Glück, Bruder." Ich grinste und sah den beiden noch kurz hinter her. Ich wünsche die eher viel Spaß. Ich war glücklich. Finn stand neben mir. Justin und ich hatten keine Probleme mehr und auch Sasha schien den Abend zu genießen. Mein Vater unterhielt sich mit Elternteilen meiner Mitschüler und wohnte nur ein kleines Stück von mir entfernt. Und um all das zu erreichen war ich doch tatsächlich durch die Wüste gelaufen. Aber es hatte sich gelohnt.

"Paul fährt mich nach Hause, ihr müsst also nicht auf mich warten." Ich nickte und auch Finn wirkte erleichtert. Kaum war Sasha wieder zurück zu ihrer Bekanntschaft beugte er sich zu mir: "Wollen wir vielleicht jetzt schon? Ich hatte noch nie Interesse an solchen Veranstaltungen." Ich sagte nichts sondern nahm ihn bei er Hand und wir gingen zu seinem Auto: "Soll ich dich schon nach Hause fahren oder wollen wir noch eine DVD bei mir schauen?" Ich öffnete dieses Mal die Beifahrertür und zog den Gurt über meinen Bauch: "Finn? Ich möchte, dass du heute bei mir schläfst." Er schloss die Autotür. Ich tat es ihm gleich: "Bist du dir sicher?" Ich nickte: "Und du?" Er sah kurz aus dem Fenster, drehte sich zu mir und küsste mich. Seine Zunge spielte mit meiner. Sanft drückte er seine Stirn gegen meine: "Ja bin ich."

Wir legten unsere Jacken auf den Schreibtisch und setzten uns auf mein Bett: "I-ich habe keine Ahnung wie das genau geht...mit Männern. I-ich weiß deine erste Erfahrung wa-war auch nicht so toll aber ich hoffe-" Er legte seinen rechten Zeigefinger auf meine Lippen: "Ich habe keine Angst, weil du es bist. Ich liebe dich, ok? Das wird gut, glaub mir. Man braucht nicht allzu viel Erfahrung wenn man sich liebt." Ich schloss meine Augen. Finn drückte seine Lippen auf meine und wieder küssten wir uns. Er schien tatsächlich selbstsicher. Früher konnte ich seine dominante Art nicht ausstehen, jetzt liebte ich sie. Ich liebte alles an ihm. Ich liebte ihn. Er küsste meinen Hals und knüpfte mein Hemd auf. Dann zog er mir die Krawatte vom Hals und knöpfte meine Hose auf. Während ich Luft schnappte entwendete auch er seine Sachen und drückte mich zur Matratze. Langsam zog er mir die Boxer aus und seine Finger glitten dabei über meine Haut. Ich bekam Gänsehaut und es war mir total peinlich als ich so splitter nackt unter ihm lag. Der Mond warf etwas Licht ins Zimmer, ich jedoch lag komplett in seinem Schatten. Er beugte sich zu mir und küsste mich. Er fing an mich zu berühren und automatisch suchte auch ich den Körperkontakt. Ich versuchte mich einfach fallen zu lassen und genoss diese Position. Zum ersten Mal wurde ich verführt und hatte kaum etwas zu tun. Es war etwas erschreckend aber es war auch wunderschön. Schweißgebadet und völlig außer Atem blickte ich in sein wunderschönes Gesicht: "Ich liebe dich."


-Ende-

Großer Bruder, Große Liebe (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt