Unbekannt 7

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Im Club muss sie sich erst wieder an die Lichter und die Musik gewöhnen, deren Dröhnen in den Toiletten höchstens in Zimmerlautstärke zu hören gewesen war. Sie braucht auch einen Moment, um ihre Freundinnen auf der Tanzfläche zu entdecken. Wie soll sie sich nur einigermaßen geschmeidig bewegen, wenn sie die ganze Zeit das Gefühl hat..
„Hallo schöne Frau, möchtest du vielleicht etwas trinken?", spricht sie ein Typ von der Seite an, für den sie jedoch kaum einen Blick übrig hat. Seine Stimme ist höher und weniger melodiös als seine es ist.
„Nein danke, ich suche nur meine Freunde", wimmelt sie ihn ab und schüttelt zusätzlich lächelnd mit dem Kopf, weil sie sich nicht sicher ist, ob er sie bei der herrschenden Lautstärke überhaupt verstanden hat. Wo sie sonst vermutlich wenigstens ein wenig mit ihm geplaudert hätte, er hätte sich immerhin als guter Freund herausstellen können, hat sie jetzt überhaupt kein Interesse daran, jemand neues kennen zu lernen. Einen kurzen Augenblick flackert ihr die Sorge durch den benebelten Kopf, dass sie damit einen Fehler begeht. Er ist immerhin gar nicht wirklich real, nur eine Stimme am Telefon. Aber das und die anderen Bedenken, die sie sich machen müsste, verschwinden so schnell wieder, wie sie gekommen sind.
Sie schlängelt sich durch die Menge, um zu ihren Freundinnen zu gelangen. Ihre Bewegungen fühlen sich anders an als sonst und sie hat den Eindruck, dass jeder sofort erkennen kann, weshalb sie sich so seltsam bewegt. Doch die beiden sagen gar nichts dazu, sind viel zu sehr in die Musik versunken. Marlene bleibt nicht lange bei ihnen, sondern bietet stattdessen an, für alle noch etwas zu trinken zu besorgen. Sie braucht eine Pause.
An der Theke muss sie warten und zieht ihr Handy aus der Tasche. Sie möchte ihm irgendetwas schreiben, mehr über ihn erfahren. Eigentlich sollte sie ihm nur schreiben, wenn sie sich zur Toilette begibt, aber das reicht ihr nicht. Wie sollte er das auch kontrollieren? Unwillkürlich lässt sie ihren Blick über die Menge wandern. Mittlerweile hofft sie, dass er auch hier ist. Sie möchte diese Distanz, die sie zu Beginn überhaupt erst dazu gebracht hat, sich darauf einzulassen, jetzt am liebsten überbrücken. Nach kurzem Überlegen schreibt sie: „Ich bin noch nicht wieder zur Toilette gegangen, aber ich wollte mich trotzdem bei Ihnen melden, Sir. Wo verbringen Sie Ihren Abend?"
Sie ist sich nicht sicher, ob die Nachricht nicht bereits zu offensiv ist, doch sie schickt sie ab. Immerhin lässt sich daraus nicht sofort lesen, dass sie wissen möchte, ob er auch hier ist.
Endlich kann sie die Getränke bestellen und geht dann mit diesen zu ihren Freundinnen zurück. Dabei spürt sie, dass ihr Handy vibriert. Am liebsten wäre sie direkt wieder umgedreht. Was hat er geantwortet? Ob er ihr diesen Vorstoß verübelt? Aber wie könnte er, wo er doch so viel über sie weiß und sie nicht mal seinen Namen kennt. Nachdem sie den anderen beiden ihre Gläser in die Hände gedrückt hat, zieht sie ihr Handy aus der Tasche.
„Nana Kitty, nur nicht so neugierig. Konzentrier dich heute Abend einfach darauf, Spaß zu haben und pack dein Handy weg."
Auch, wenn sie im Grunde etwas ähnliches erwartet hat, ist sie enttäuscht, als sie ihr Handy wieder einpackt. Ihre Gefühle müssen ihr ins Gesicht geschrieben stehen, denn während Jenny fluchend ein Telefongespräch entgegennimmt und sich dabei fast ihre Sprite über die Bluse kippt, mustert Chiara sie kritisch.
„Was ist denn los?", schreit sie über die Musik hinweg. Marlene schüttelt bloß abwehrend den Kopf und bemüht sich um ein überzeugendes Lächeln. Davon möchte sie den beiden auf keinen Fall erzählen. Zumindest noch nicht. Bevor Chiara weiter nachhaken kann, drückt Jenny ihr die Sprite in die Hand und nickt mit dem Kopf Richtung Ausgang, hier drinnen wird sie den Anrufer wohl kaum verstehen. Dass Marlene bei dem Gedanken an das Telefonieren bereits ein wohliger Schauer über den Rücken läuft, bringt nun doch ein echtes Lächeln hervor. Seltsam, dass sie nach so kurzer Zeit bereits so gefesselt von dieser eigenartigen Entwicklung ist.
Als Jenny nach wenigen Minuten mit genervtem Gesicht zu ihnen zurückkehrt, ist sofort deutlich, dass der freie Abend bereits beendet ist. Chiara nörgelt wegen den Getränken, die sie gerade erst geholt haben, aber Marlene ist irgendwie erleichtert. Sie braucht dringend Zeit zum Nachdenken.
Beim Hinsetzen beißt sie kräftig auf ihre Unterlippe, um keinen Ton von sich zu geben, aber glücklicherweise sitzt sie hinten und Jenny ist ohnehin zu sehr damit beschäftigt, sich aufzuregen.
Während der Fahrt stimmt sie Jenny zu, die in einer wütenden Tirade über ihren Verlobten herzieht, der es offenbar nicht mal einen Abend allein mit der Kleinen aushalten würde. Jenny wirkt allerdings weniger sauer, als er sie bereits vor der offenen Haustür erwartet und erklärt, dass die Kleine partout nicht ohne ihre Mutter einschlafen wolle. Chiara und Marlene verabschieden sich und halbherzig schlägt Chiara vor, dass sie ja auch zu zweit noch ein wenig um die Häuser ziehen könnten, aber sie gähnt bereits und auch Marlene möchte lieber nach Hause. Chiara setzt sie dort ab und als Marlene endlich wieder in ihrem kleinen Flur steht, atmet sie erleichtert aus. Sie hat es geschafft, niemand hat etwas gemerkt. Immer noch stehend zieht sie ihr Handy aus der Tasche.
„Ich bin wieder zuhause, eine Freundin musste zurück. Darf ich den Plug wieder entfernen, Sir?"
Sie ist sich sicher, dass er sie dafür bestimmt anrufen möchte und freut sich darauf, während sie zugleich auch ein wenig nervös wird. Etwas so intimes zu tun und dabei mit jemand völlig fremden zu telefonieren, fühlt sich immer noch seltsam an. Ob das für ihn auch so ist? Oder macht er das gleichzeitig noch mit anderen Frauen? Wie würde sie damit umgehen? Sie sind ja nicht in einer Beziehung oder so etwas. Trotzdem würde es sie wohl etwas stören. Zudem fragt sie sich, wie lange er das wohl machen möchte. Wie würde sie reagieren, wenn er auf einmal nicht mehr antworten oder anrufen würde? Einige dieser Fragen oder Bedenken sollte sie ihm wohl am besten stellen, aber er hat sie heute schon einmal für ihre Neugier ermahnt. Frustration breitet sich in ihr aus und sie schreckt zusammen, als plötzlich ihr Handy vibriert. Er ruft sie an.
„Kitty", meldet sie sich.
„Ich hätte nicht damit gerechnet, so bald schon wieder von dir zu hören. Weshalb musstet ihr den Abend unterbrechen?", fragt er und der ruhige Ton seiner Stimme drängt jegliche Frustration ihrerseits in den Hintergrund.
„Eine Freundin musste nach Hause, weil ihr Kind nicht schlafen wollte", erklärt sie und ist versucht, sich auf das Sofa im Wohnzimmer zu setzen, bis ihr beim Gehen wieder der Plug bewusst wird.
„Wie war das?", fragt er streng nach.
„Verzeihung, Sir."
„Bist du etwa so angetrunken, Kitty?"
„Mh, nein, Sir."
Sie kann sich nicht so rech auf seine Fragen konzentrieren, stattdessen möchte sie ihm viel lieber ihre Gedanken mitteilen.
„Du bist dennoch nicht bei der Sache", stellt er ruhig fest. Er wirkt nicht beleidigt.
„Doch... Nein, ich... Sir, ich würde Sie gerne etwas fragen", bringt sie hervor und geht dabei in kleinen Schritten den Flur auf und ab.
„Nur zu. Möchtest du denn vorher noch den Plug entfernen? Du darfst, Kitty."
„Danke, Sir."
Eilig trippelt sie ins Bad um sich dort von dem Plug zu befreien. Das Handy legt sie dazu wieder mit Lautsprecher auf die Ablage. Dann zieht sie Hose und Slip herunter. Erst, als sie bereits den Fuß des Plugs in der Hand hat und vorsichtig zieht, fällt ihr ein, dass sie sich dafür im Anruf kurz muten könnte. Aber das fühlt sich aus irgendeinem Grund ein wenig wie schummeln an, also lässt sie es und unterdrückt so gut sie kann jegliche Laute. Nur ein lauteres Ausatmen ist zu hören und sie hofft, dass es nicht bis zu ihm gedrungen ist. Ihr Hintern fühlt sich wund an, aber es ist auch ein befreiendes Gefühl.
Mit schamgeröteten Wangen legt sie den Plug ins Waschbecken, um ihn zu reinigen.
„Ich bin fertig, Sir", sagt sie und traut sich kaum, zum Handy zu sehen, als könne er damit ihren Blick einfangen.
„Sehr schön, Kitty. Wie fühlst du dich jetzt?"
„Erleichtert, Sir", erwidert sie ehrlich und zieht Slip und Hose wieder zurecht.
„Etwas knapp, aber na gut. Dann stell jetzt die Fragen, die dir so unter den Nägeln brennen, Kitty."

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