Am nächsten Morgen quäle ich mich mit Rückenschmerzen aus dem Bett. Die mit Stroh gefüllte Matratze ist weit davon entfernt, bequem zu sein. In dem Versuch, etwas von dem Schmerz aus meinen steifen Gliedern zu vertreiben, strecke ich mich ausgiebig. Ein bisschen hilft es. Doch leider nicht genug. Seufzend reibe ich über meinen steifen Nacken und lasse meine Schultern kreisen. Anschließend begebe ich mich auf den Weg in das kleine Bad in der unteren Etage. Insoweit man es als Bad bezeichnen kann. Aber mir fällt keine bessere Bezeichnung dafür ein, die dieser Welt mehr entsprechen würde.
Während ich mein Gesicht wasche und meine Haare zu einem Zopf flechte, fällt mir schlagartig wieder ein, was mich am heutigen Tag erwarten wird. Ich lege den Kopf in den Nacken und stöhne. Die Arbeit in dem Wirtshaus ist das Letzte, worauf ich Lust habe. Nicht, dass ich grundsätzlich etwas gegen arbeiten hätte. Es ist vielmehr so, dass die Arbeiten in dieser Welt mit Sicherheit beschwerlicher sind, als solche, wie ich es aus dem Café in der Menschenwelt gewöhnt bin. Sicherlich sind die Tätigkeiten in einem Haushalt ohne moderne Technik weitaus anstrengender. Und ich wünsche mir nach dem Stress des letzten Abends und meinen schmerzenden Gliedern vielmehr Ruhe und Entspannung, statt schwerer körperlicher Arbeit. Doch ich sehe ein, dass es unfair wäre, mich in dem Gasthof beherbergen zu lassen, ohne etwas dafür zu tun. Schließlich entstehen dem Wert dadurch Kosten und es ist das Mindeste meine Hilfe anzubieten, da er mich so freundlich bei sich aufgenommen hat. Begeistert bin ich trotzdem nicht. Mit einem letzten Blick in den Spiegel und einem weiteren Seufzer, mache ich mich auf den Weg in den Schankraum.
Als ich den Raum betrete, entdecke ich auf den ersten Blick jedoch nicht Wirt Theodor. Hinter der Holztheke arbeitet eine ältere, rundliche Frau geschäftig vor sich hin. Sie bemerkt mich beim Näherkommen und unterbricht ihre Tätigkeit, hebt den Kopf und sieht mich an. Nach einigen Momenten hellt sich ihr Gesicht auf und sie lächelt mich freundlich an.
„Ah, du bist sicher, Luisa. Theodor hat mir schon von dir erzählt. Ich bin Ingrid", stellt sich die Frau vor.
„Hallo, Ingrid. Es freut mich, dich kennenzulernen", erwidere ich höflich.
„Ganz meinerseits." Sie lacht herzlich, womit sie mir sofort sympathisch wird.
„So, so. Du wirst also in der nächsten Zeit hier wohnen", meint sie nach einer kleinen Pause.
„Das stimmt", bestätige ich.
„Wirst mir wohl nicht sagen, was dich hierher verschlagen hat. Hmm?" Verlegen sehe ich Ingrid an. Ich mag sie, obwohl sie ich noch gar nicht wirklich kenne und möchte sie ungern anlügen. Aber ich darf auch meine Tarnung nicht unnötig gefährden. Darum schweige ich.
„Schon gut", meint sie schließlich lachend. „Theodor wird seine Gründe haben, warum er mir auch nichts weiter dazu gesagt hat. Ich kenne ihn schon lange und vertraue ihm. Wenn er einem etwas verschweigt, hat es immer einen guten Grund und ich habe gelernt es zu akzeptieren und keine Fragen zu stellen." Dann kommt sie hinter der Theke hervor und wischt sich ihre Hände an ihrer Schürze ab. Sie trägt ein ähnliches Outfit wie ich. Nur ihre Schürze ist nicht aus grauem Leinenstoff wie meine, sondern weiß und hat eine etwas rundliche Form.
Die nette Frau bleibt vor mir stehen und mustert mich prüfend, wobei ihr Blick am längsten an meinen Händen hängen bleibt. Im Anschluss erklärt sie mir: „Deine Hände sind so zart, Kindchen. Sie sehen nicht so aus, als hätten sie schon einmal harte Arbeit gesehen. Schau dir meine Hände an." Sie hält sie mir ihre schwieligen Hände vor die Nase und lacht, als sie meinen Blick bemerkt. Ihre Hände sind von schwerer körperlicher Arbeit gezeichnet. Ich hoffe, meine werden mit der Zeit nicht aus so aussehen.
„Keine Angst, Kindchen", versucht sie mich lachend zu beruhigen. „Daran ist nichts Schlimmes. Das ist ganz normal. Deine zarten Hände werden sich bestimmt auch schnell an die Arbeit gewöhnen. Wirst sehen." Danach bedeutet sie mir, ihr zu folgen.
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Im Bann des Rubinkönigreiches
FantasyJewel Kingdoms- Vier Königreiche und ein Fluch. Band 2 Zemira weiß bereits, dass sie die Prinzessin des Diamantkönigreiches ist. Diese Rolle hat sie mittlerweile akzeptiert und für sich angenommen. Dadurch wird ihr Leben jedoch keineswegs leichter...