Verängstigt gingen wir durch die weißen Türen, um endlich in das Wartezimmer zu gelangen. Immer noch eng an meinen Bruder gedrückt flüsterte ich: „Was ist.. was ist, wenn wir nun noch jemanden verlieren?" Dylan sah mich mitleidig an, doch das konnte ich gerade echt nicht ertragen.
Eine Träne lief mir über die Wange, aber ich wischte sie sofort weg. Dann versuchte ich mich zu beruhigen, in dem ich mir immer wieder zu wisperte, alles würde gut werden.
Als wir in dem großen Raum, mit vielen Stühlen und Menschen ankamen, setzten wir uns und hielten uns eng an den Händen. Die Leute starrten uns nur dumm an. Was wollten denn die jetzt?
Nach einer Zeit hörten wir die sanfte Stimme einer kleinen, etwas breiteren Frau, die nach uns rief. „Sienna McClean kann jetzt ins Einzelzimmer 14, dort wartet Bett 23" Sienna. Das war unsere Mutter. Und wir? Durften wir etwa nicht mit? Bevor ich etwas erwidern konnte, hob meine Mutter ihre Stimme: „Und meine Kinder? Ich gehe nicht ohne sie. Sie müssen mit, das ist ihr Vater."
Die Frau sah Mutter zuerst skeptisch an, dann nickte sie langsam. „Nun, kommt mit."
Wir gingen den langen Flur entlang, mir kam es vor, als ob er nie enden würde. Doch irgendwann sah ich eine Tür, mit der Aufschrift: Zimmer 14, Bett 23.
Ich blieb zögernd stehen, als die Krankenschwester die Tür zaghaft nach unten zog. Ich hatte Angst. Ich zitterte am ganzen Körper, aber dann nahm mich Dylan am Arm und zerrte mich sanft in den Raum.Mit einem Auge geschlossen stand ich da, fixierte lange den Mann, der im Bett lag. Ich hätte ihn nicht erkannt, wenn ich nicht gewusst hätte, dass das mein Vater war. Er hatte viele Wunden am Kopf, am Hals und sein linker Fuß war mit Verband verbunden und hochgelegt worden.
Dann wagte ich es, einen Schritt weiter nach vorne zu gehen und öffnete dabei mein anderes Auge. Meine Mutter und Dylan setzten sich an die eine Bettseite und hielten seine Hand. Ich setzte mich nun ebenfalls auf die andere Bettseiten und nahm seine andere Hand. „Ihm geht es sehr schlecht, er wacht nicht mehr aus dem Koma auf.", ertönte der raue Ton des Arztes hinter uns. „Wir denken, es ist gut, wenn mindestens jeden zweiten Tag jemand aus seiner Familie kommt, und bei ihm ist. Vielleicht erinnert er sich und wacht auf."
Wir nickten und der Arzt ebenfalls. Die Frau neben dem Arzt verschrenkte die Arme vor der Brust und ließ einen mitfühlenden Seufzer zu hören. „Wir lassen euch jetzt mal alleine mit ihm. In einer halben Stunde beginnt eine weitere Untersuchung, dann müsstet ihr wieder gehen.", erklärte uns der Mann, in dem weißen Kittel. Schließlich gingen sie aus dem Raum und ließen uns allein.
„Ich muss ma. Komm gleich wieder...", verkündete Dylan und meine Mutter funkelte ihn vorwurfsvoll an. Dann suchte ihr Blick mich und sie lächelte gezwungen. „Ich hole uns etwas zu Trinken. Bin sofort wieder da.", beschloss sie, streichelte mich kurz an der Schulter und bewegte sich dann aus dem Zimmer.
Nun war ich mit meinem Vater alleine.
Seine sonst immer strahlenden Augen waren geschlossen und sein Gesicht sah nicht so freundlich aus, wie sonst immer. Es war keine Spur von Lebendigkeit zu sehen. "V-vater...Bitte geh nicht jetzt, wir brauchen dich...ohne dich stürzt unsere Familie noch ein Stück weiter in den Abgrund. Bitte... Bleib...", wisperte ich.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Mein Vater lag nur still da. Wieder lief mir eine Träne über die Wange und ich wischte sie diesmal nicht weg, ich ließ es zu. Er antwortete einfach nicht.
Als ich schon dabei war, aufzustehen und alles hinter mir zu lassen, hörte ich, wie sein Bett knarzte.
„V-Vater?"„Thea... du bist hier...", hörte ich die vertraute Männerstimme hinter mir.
„Dad!"
Ich drehte mich wieder um und setzte mich an die Bettkante. Schnell nahm ich seine Hand und versuchte ihn mit meinen Worten zu beruhigen.
„Es wird alles gut werden...Ich verspreche es..."
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Last Hope
MaceraNachdem ihre Schwester von der Seerettung gesucht wird, der Vater wegen eines Unfalls im Koma liegt und die Mutter ihren Job verloren hat, schöpfen Thea und Dylan trotzdessen ein wenig Hoffnung.