Einleitung

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Es war ein ungewöhnlicher Zeitungsartikel: Ein großes Forschungsinstitut mit scheinbar gigantischem Budget suchte Teilnehmer für eine groß angelegte Studie, Teilnehmer von 5 bis 17 Jahren. Stattfinden sollte diese Studie in den Sommerferien, in einem Zeitraum von 4 Wochen in einer großzügigen Ferienanlage.

Die Vergütung war sehr gut, die Verpflegung war gesichert und mit lauter Gleichaltrigen sollte es auch mit einer Menge Unterhaltung und Spaß einhergehen. Die Nachfrage war anfangs schleppend, jedoch wurde die Resonanz immer besser, sodass zwei Monate vor Beginn die Maximalteilnehmerzahl tatsächlich erreicht war und zum Ende der Bewerbungsfrist sogar beinahe die doppelte Anzahl an Bewerbungen vorlag. Was die Leiter der Studie aber am meisten freute, war, dass sich Kinder aus allen möglichen Gesellschaftsschichten, aus ganz Deutschland und in gleichem Maße Männlein wie Weiblein angemeldet hatten.

Vier Wochen vor dem Beginn wurde jedem Bewerber ein Paket zukommen lassen, in dem die wichtigsten Regeln erläutert und zur Kenntnisnahme vorgelegt wurden. Als Ziel für die Studie wurden sowohl medizinische, psychologische, als auch soziale Erkenntnisse angegeben. Ein Fragebogen mit teils seltsamen, aber auch sehr privaten Fragen wurde ebenfalls zum Ausfüllen verlangt.

Schlussendlich konnte die Studienleitung die endgültigen Teilnehmer bekanntgeben und freute sich auf die Studie. Die Ferienanlage wurde vorbereitet und stand rechtzeitig zur Verfügung. Es konnte losgehen.

Mit Bussen wurden die Kinder aus den verschiedenen Gebieten und Regionen zur Anlage gebracht, insgesamt 210 Kinder, wovon jeweils 20 aus den Jahrgängen 17 bis 10 Jahre, sowie jeweils 10 aus den darunter liegenden Jahrgängen teilnahmen. Die Teilnehmer waren exakt aufgeteilt in 105 Jungs, und 105 Mädchen.

Unter den Teilnehmer gab es eine Handvoll Kinder mit Vorerkrankungen oder Behinderungen und den Eltern war es jederzeit möglich, das Kind aus der Studie zu holen. Allerdings wurde in diesem Fall darauf hingewiesen, dass die Entlohnung entweder entfällt oder auf die absolvierte Dauer reduziert wurde.

Als die Busse nacheinander eintrafen, war den Teilnehmer die Unsicherheit, die Angst aber auch die Vorfreude anzusehen. Die Teilnehmer wurden in den großen Saal geleitet, in welchem bereits mehrere große Tische standen, an denen sie Platz fanden.

Nachdem sich die allgemeine Unruhe gelegt hatte, begrüßte Fr. Prof. Dr. Habekunst die Teilnehmer. Sie stand stellvertretend für das Leitungsteam als Vorsitzende und hatte durch ihre prämierte Arbeit in der Kinder- und Jugendpsychologie auch ein gutes Händchen im Umgang mit Jugendlichen aller Altersklassen. Ihre lebhaft lustige Art kam gut an und es dauerte nicht lange, bis die Teilnehmer ihr bedingungslos zuhörten.

„Hallo alle zusammen, schön dass ihr alle unbeschadet hergekommen seid. Der eine oder andere kleine Unfall ist zwar passiert, aber bei der Anzahl der Teilnehmer auch völlig normal. Wir hoffen ihr werdet den Aufenthalt hier genießen, auch wenn er in vielerlei Hinsicht anders sein wird, als sich das mancher von euch gedacht hat. Wir arbeiten seit bald 10 Jahren an dieser groß angelegten Studie und sind deshalb sehr dankbar, dass ihr euch bereit erklärt habt, hieran teilzunehmen.

Ihr werdet gleich in eure Gruppen eingeteilt werden, mit denen ihr die nächsten Wochen verbringen werdet. Zumindest werdet ihr zusammen in den Schlafsälen sein, auch einige Zeit tagsüber. Es gibt ein vielseitiges Beschäftigungsangebot, da wird für jeden etwas dabei sein. Jedoch wollen wir die soziale Interaktion fördern und so wird es sein, dass ihr in begrenzten Zeitfenstern einer wechselnden Gruppe zugeteilt oder zugelost werdet. Wir bitten euch, diese Einteilung ernst zunehmen, da sie ein essenzieller Teil der Studie sind. Ihr könnt euch außerhalb der Zeitfenster mit allen Personen eurer Wahl treffen und Zeit verbringen, innerhalb der Zeitfenster nur mit den euch zugeteilten Personen.

Desweiteren werden wir die gesamte Zahl in zwei große Gruppen teilen mit unterschiedlichen Zielen. Nach der Hälfte der Zeit werden wir diese beiden Gruppen nach Bedarf tauschen, sodass jeder an jedem Studienziel teilnimmt. Diese Einteilung hat keinen Einfluss auf eure Kleingruppen, sondern dient lediglich der Studie.

Bitte beachtet auch die Sperrstunde, die in Abhängigkeit von eurem Alter gilt. Ab dieser Stunde gilt, dass ihr in euren Aufenthaltsräumen oder Schlafsälen zu sein habt. Unternehmungen oder Programmpunkte, die diese Sperrstunde beeinflussen, werden entsprechend kommuniziert.

Es gibt nun ein Eingewöhnungsprogramm, in welchem euch die Anlage und die Regeln noch einmal altersgerecht vermittelt werden. Bitte achtet die Hausordnung, Verfehlungen werden, um die Studie nicht zu gefährden, hart bestraft. Wir scheuen nicht davor, Teilnehmer, die sich danebenbenehmen aus dem Programm zu nehmen. Auch bitten wir euch, die Details der Studie vor Abschluss des Camps nicht nach außen zu tragen.

Ansonsten wünschen wir euch nun viel Spaß! Macht, wozu auch immer ihr Lust habt, mit wem und wann ihr möchtet."

Die einsetzende Stille wurde nur langsam vom zaghaften Stühlerücken unterbrochen.

Auf dem Vorplatz waren bereits mehrere Tische mit Personen aufgestellt. Die Teilnehmer wurden aufgefordert sich in Reihen anzustellen und registrieren zu lassen. Dabei wurden sie entweder der Studiengruppe „H" oder „W" zugeteilt und anschließend ihrer Altersgruppe. Zusätzlich bekamen sie ein Armband mit einem Chip. Dieser Chip diente zur Identifizierung, Speicherung von Daten und auch als Schlüssel zu den jeweiligen Schlafgebäuden. Jede Altersgruppe hatte einen eigenen Aufenthaltsraum mit Schlafsaal und Sanitärbereich. Auf dem Gelände standen mehrere Häuser, in denen diese Räumlichkeiten untergebracht waren. Jede Altersgruppe über 10 Jahren verfügte über geschlechtergetrennte Schlafsäle, die jüngeren wurden in einem gemeinsamen Schlafsaal untergebracht.

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