Kapitel 2

155 5 2
                                    

Die Strahlen der Sonne kitzelten mich an der Nasen. Verschlafen gähnte ich und blinzelte gegen die Heiligkeit an, die mein gesamtes Zimmer durchflutete. Moment mal, Sonnenstrahlen? Verwundert sprang ich vom Bett auf und riss das Fenster auf. Tatsächlich, es hatte aufgehört zu regnen und die dunklen Gewitterwolken hatten sich vom Himmelszelt verzogen. Mein Herz machte vor Freude einen kleinen Sprung. Hastig zog ich mich an und rannte die Treppenstufen hinunter.

"Einen Augenblick, immer langsam mit den jungen Pferden!",ertönte die Stimme meines Vaters auf einmal hinter mir, als ich gerade aus der Tür ins Freie stürmen wollte. "Wo willst du denn so früh morgens hin?",stellte er mich zur Rede. Ich überlegte einen Augenblick wie ich es ihm am besten erklären sollte. "Ich muss die Lösung für meine Probleme finden!", antwortete ich und hoffte er würde nicht weiter nachhaken. "Aha, na gut dann viel Erfolg dabei.", meinte er und ging dann wieder seiner Lieblingsbeschäftigung nach, dem Putzen. Wie der Wind rannte ich raus, bis ich am Ende der Straße angekommen war.

Dort erblickte ich auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen Jungen, dessen Haare mindestens genauso rot waren wie die Tomaten, die er mit seinem Fahrrad geradewegs umgebrettert hatte. Interessiert beobachtete ich wie der Gemüseverkäufer ihn mit einem sehr starken Akzent anschrie und versuchte ihn wegzuscheuchen. Der Junge ging allerdings gar nicht auf seine Beschwerde ein, sondern rappelte sich blitzschnell wieder auf und lief ohne sein Rad aufzuheben wie vom Teufel gejagt davon. Ich überlegte nicht lange und folgte ihm unbemerkt.

Nach einer Weile befanden wir uns an einem Ort den ich bislang noch nicht gesehen hatte, seitdem ich hier lebte. Ein riesiger, mit Schlamm und Pfützen überzogener Platz lag vor meinen Augen. Der Regen hatte wohl seinen Tribut gefordert und den Boden voll und ganz aufgeweicht. Ihn umhüllte ein Hölzerner Zaun, über dessen Eingangstor in fetten orangenen Buchstaben das Wort 'Teufelstopf' prangte. Bei diesem Namen stellten sich bei mir die Nackenhaare auf. Ich hatte schon viel von diesem Ort gehört, da meine Mutter mir oft davon erzählt hatte als ich noch kleiner gewesen war. Ich hatte es jedoch immer für ein Märchen gehalten. Doch jetzt stand ich hier und es war um Unendlichkeiten besser als in ihren Erzählungen.

Mit einem sicheren Abstand beobachtete ich wie der Junge, welcher vielleicht gerade einmal ein oder zwei Jahre jünger als ich sein mochte, zum Eingang des Sportplatzes lief und kurze Zeit später mit einem verstörten Gesichtsausdruck wieder zurück gelaufen kam. Blitzschnell versteckte ich mich hinter einem Busch, damit er mich nicht bemerkte. Wie von der Tarantel gestochen rannte er wieder Richtung Stadt. Verwundert verließ ich mein Versteck, als ich sicher war das die Luft rein war. Langsam und vorsichtig schlich ich den kleinen hügel hoch und wagte einen vorsichtigen Blick.

Jetzt verstand ich warum er Hals über Kopf die Flucht ergriffen hatte. Auf dem Bolzplatz hatte sich eine Gruppe an Jungs versammelt, die Fußball spielte. Es handelte sich dabei aber nicht um irgendwelche Jungs, der dicke Michi und seine Kumpels hatten den Teufelstopf unter Beschlag genommen. Über den dicken Michi wurde auch viel erzählt an diesem Ort. Er war angeblich gerade erst neun Jahre alt gewesen, als er einem Hund die Ohren abgerissen haben soll, welche er heute immer noch als Glücksbringer mit sich herumtrug.

Ob diese Gerüchte auch wirklich stimmten wusste ich allerdings nicht. Ich sah ihnen eine Weile zu wie sie spielten und gelegentlich herumgröhlten, wenn einer von ihnen ein Tor geschossen hatte. Nachdem der rothaarige verschwunden war stoben die älteren Jungs in alle Richtungen auseinander und versteckten sich überall auf dem großen Platz verteilt. "Was zum Teufel haben die denn jetzt vor?",dachte ich laut murmelnd vor mich hin und ein großes Fragezeichen hing über meinem Kopf.

Plötzlich hörte ich hinter mir Schritte. Aus meiner Intuiton heraus lief ich den Hügel hinab und ging hinter dem hohen Holzzaun in Deckung. Eine größere Gruppe Jungs, die alle mehr oder weniger in meinem Alter waren kam wie aufgescheuchte Raben auf den Fußballplatz zugerannt. Mucksmäuschenstill hockte ich, mein Ohr an die dicht aneinander gereiten Holzbretter gedrückt in meinem Versteck und lauschte konzentriert, um mitzuverfolgen was auf der anderen Seite vor sich ging.

DWK - Die mit dem Feuer spielt Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt