Kapitel 10

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Meinen Namen auf der Schiefertafel stehen zu sehen war schon irgendwie seltsam. 'Felix' stand dort in schön schnörkeliger Schrift geschrieben. Den Namen ausgeschrieben zu sehen war irgendwie nochmal etwas komplett anderes als ihn zu hören und damit gerufen zu werden. Es gefiel mir so genannt zu werden, aber es löste auch Schuldgefühle in mir aus, da ich die anderen deswegen anlügen musste. Leon war der erste, der sich den Ball schnappte und versuchte das Runde ins Eckige zu schießen.

Zu Vanessas und meinem Bedauern schaffte er dies leider auch und war damit automatisch eine Runde weiter. Nach ihm war Marlon an der Reihe, welcher es ebenfalls schaffte sich für eine weitere Runde zu qualifizieren. Als Maxi zum Schuss ansetzte hatte ich für einen kurzen Moment die Befürchtung das danach an dieser Stelle kein Grashalm mehr wachsen würde, so viel Wucht hatte er. Nun war ich an der Reihe.

Nervös legte ich mir den Ball vor meinen Füßen zurecht und ging einige Schritte zurück um Anlauf zu nehmen. 'Okay Feli du schaffst das! Jetzt bloß nicht in Panik geraten.',versuchte ich mich ein wenig verzweifelt zu beruhigen und atmete ein paar mal tief durch. "Worauf wartest du denn? Haste etwa Schiss gekriegt oder was?",kam es provozierend von demjenigen von dem ich diese Worte gerade am wichtigsten gebrauchen konnte, natürlich handelte es sich bei diesem Jemand um Leon.

Allerdings hatte ich sie auch am ehesten von ihm erwartet. Ich warf ihm zur Antwort einen entnervten Blick zu. 'Na warte dir werd ichs zeigen!',durch diese Worte wutentbrannt, steuerte ich geradewegs auf den Ball zu und beförderte ihn mit einem heftigen Tritt in Richtung Tor. Zu meinem Glück warf sich Markus in die gegenüberliegende Ecke des Tores, auf die ich gezielt hatte und somit hatte ich meinen Treffer versenkt und war vorerst weiter.

Triumphierend reite ich mich wieder hinten ein, wobei ich mit einem stolzen Grinsen klarstellte das Leon sich gehörig in mir getäuscht hatte was das Fußballspielen anging. Mürrisch dreinblickend schaute er mich an "Jetzt bild dir mal bloß nix darauf ein, das war pures Anfängerglück!",raunte er in meine Richtung. Man der gönnte einem auch wirklich garnix. Auch die anderen, die nach mir drankamen schafften es eine Runde weiter.

Alle bis auf Fabi. Schon als er auf den Ball zulief merkte man, dass mit ihm irgendwas nicht stimmte. Er hatte mal wieder nur Augen für Vanessa und versemmelte seinen Elfmeter komplett. Der Ball flog im hohen Bogen über das Tor hinweg. Ihm schien es aber nicht im geringsten zu interessieren das er gerade seine Chance vertan hatte und er schenkte seiner Angebeteten einen weiteren verträumten Blick. 'Ich hoffe ich verlieb mich niemals, das ist ja mal sowas von nervig!',dachte ich mir und schüttelte verständnislos den Kopf.

"Mein Gott das gibt es doch nicht!",beklagte sich Marlon entrüstet. "Und ob es das gibt! Und das wird euch allen so ergehen! Allen!",meinte Vanessas Oma, die den Schiedsrichter spielte, schadenfroh. Und tatsächlich verfehlte jeder in der darauffolgenden Runde seinen Torschuss. Eines musste man Markus wirklich zu Gute halten, er war als Torwart sehr unparteiisch und versuchte lediglich jeden einzelnen Ball zu halten, anstatt seinen Freunden durch einen unfairen Trick zum Sieg zu verhelfen.

"Na was hab ich gesagt, dass war reines Anfängerglück.",drückte mir Leon besserwisserisch grinsend den Spruch rein, als ich erneut am Zug war und verschoss. 'Tief durchatmen Feli, er ist es nicht wert!',hielt ich mich selbst davon ab auf ihn los zu stürzen und eine Prügelei mit ihm anzufangen. Wenig später verging dann allerdings auch ihm das Lachen, da auch er seinen Elfmeter vergab und somit aus dem Spiel war. Der letzte Schuss galt Vanessa, die ein selbstbewusstes Grinsen auf den Lippen hatte und ohne zu zögern, oder auch nur mit der Wimper zu zucken, den Ball in die Kiste katapultierte.

Auch mir stahl sich jetzt wieder ein schadenfreudiges Lächeln aufs Gesicht. Jetzt verstand ich auch warum Fabi sie so toll fand. Sie hatte es ihnen mal so richtig gezeigt und hatte dabei den Eindruck gemacht als wären Angst und Unsicherheit ein Fremdwort für sie. "Kacke verdammte, du hast gesagt das du sie plattmachen willst!",fuhr der braunhaarige Anführer nun Markus an und schubste ihn aus dem Tor.

"Der letzte Schuss zählt nicht Nessi! Jetzt gehts gegen mich!",bestimmte er, ohne auf ihre Einwilligung zu warten und stellte sie in Bereitschaft. Ich verdrehte innerlich die Augen darüber das er sich schon wieder so aufführte als müsste alles und jeder immer nach seiner Pfeife tanzen. Doch sie ließ sich nicht von seinem aufmüpfigen Verhalten beeindrucken und nahm ein weiteres Mal Anlauf. Sie wollte gerade den Ball vom Rasen fegen, da hielt ihre Großmutter sie zurück.

Diese lief schnell zu ihr hinüber und drückte ihrem Enkelkind die potthässlichen rosafarbenen Stöckelschuhe in die Hand, die die Jungen ihr zuvor geschenkt hatten. Verdutzt sahen wir Vanessa dabei zu wie sie sich die Dinger, die sich als Schuhe schimpften, überzog und abermals zum Schuss ansetzte. Mein ganzer Körper verkrampfte sich fast vor Anspannung, da ich gerade so sehr mit ihr mitfieberte.

"Wenn der trifft gehst du auf die Bretter!",sagte ihre Oma einschüchternd zu Leon und räumte dann wieder das Spielfeld. Oh man, wie sehr ich mir gerade wünschte so eine coole Oma zu haben. Gebannt sahen wir Vanessa dabei zu wie sie abermals zum Schuss ansetzte und mit diesen abscheulich rosa Schuhen ihren Treffer auch direkt versenkte. Leon hatte als Torhüter keine Chance gegen sie gehabt. Jubelnd fiel sie ihrer Oma um den Hals und beide umarmten sich glücklich.

Ich freute mich mit ihr, während die anderen lange Gesichter zogen. Das Ganze hatte ihnen wohl die Sprache verschlagen, denn niemand sagte auch nur einen Ton. Gut, für Maxi war das ja normal, die anderen hatte ich bis jetzt jedoch noch nie so schweigsam erlebt wie in diesem Augenblick. 'Das hat wohl gesessen.',dachte ich belustigt und schaute Leon grinsend an.

Er wandte den Blick allerdings beschämt von mir ab. Diese Niaderlage hatte ihm wohl den Wind so stark aus den Segeln genommen, dass er jetzt nicht einmal mehr die Kraft dazu besaß mir wie gewohnt einen blöden Spruch an den Kopf zu werfen. Im stillen genoss ich also diesen triumphierenden Sieg, auch wenn es genau genommen nicht meiner war.

Vanessa war diejenige die das Spiel gewonnen hatte und hatte es sich somit auf ehrliche Weise verdient in die Mannschaft aufgenommen zu werden. Obendrein hatte sie außerdem damit bewiesen, dass sie das furchtloseste und wildeste Mädchen war, dass die Jungs bis jetzt kennengelernt hatten. Naja, das hieß solange sie mich noch nicht in meiner wahren Natur erlebt hatten.

DWK - Die mit dem Feuer spielt Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt