Kapitel 19 - Jezebel

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Jezebel lehnte sich gelangweilt gegen einen der wenigen Felsen, welche die Monotonie der Landschaft unterbrachen. Grünlicher Nebel strömte um ihre Beine und das fahle Mondlicht wirkte durch das Leuchten des Ritual-Pentagramms nur umso trüber. Ihre Hand strich abwesend über das dünne Fell ihres Unterarmes. Der kühle Wind, der von den Bergen herunter wehte, war nur an ihrer empfindlichen Nasenspitze zu fühlen.

Die Untoten hatten sich vor dem Tunnelausgang aufgestellt und auf ihre Anweisung hin einen kleinen halbkreisförmigen Wall aufgeschaufelt. Direkt davor standen Nahkämpfer mit morschen Holzschildern und rostigen Schwertern. Auf dem Wall direkt hinter ihnen Skelette mit Speeren. Der Nebel waberte über die Untoten und sickerte langsam in sie und ihre Ausrüstung hinein. Knochen wurden fester, Lücken im Fleisch schlossen sich. Rost verschwand langsam von den Waffen und das morsche Holz festigte sich.

Es war ungefähr so spannend, wie Buchhaltern bei der Arbeit zuzusehen. Jezebel hörte hinter sich ein Geräusch und sah sich um. Sie konnte gerade noch sehen, wie Umbramar rückwärts im Nebel verschwand. Natürlich, der Tollpatsch war mal wieder über seine eigenen Füße gestolpert. Wie man einen Charakter generieren konnte der so miserable physische Werte hatte, war ihr ein reines Rätsel.

Sie stutzte. So lange dürfte selbst dieser ungeschickte Klotz nicht brauchen um seine Beine zu sortieren. Ob er es geschaffte hatte mit dem Kopf auf einen Stein zu fallen? Bei der niedrigen Konstitution von Herrn Krügers Avatar konnte ihn das mit etwas Pech sofort ausschalten. Kopfschüttelnd setzte sie sich um das Pentagramm herum in Bewegung. Er hatte sie gewarnt nicht hinein zu treten, da das unberechenbare Reaktionen des Rituals hervorrufen konnte. Sicher hatte er nur keine Lust das Ding nochmal in den Boden zu ritzen. Das hatte beim ersten Mal schon eine Ewigkeit gedauert.

Sie zuckte zusammen, als ihre Nasenspitze nervös zu zucken begann. Sie unterdrückte einen Fluch. Die Designer hätten die Reaktion ihrer Rasse auf die Wahrnehmung potentieller Gefahren ruhig etwas weniger genau an das Verhalten von Hasen anpassen können. Schnuppern war hier besonders nutzlos, da der schweflige Geruch des nekromantischen Nebels alles andere verdeckte.

Sie sah sich um. Sie konnte nicht den Finger darauflegen, aber irgendetwas hatte sich verändert. Alles was sie sah, wirkte normal. So normal es mitten in einem nekromantischen Ritual sein konnte. Der Nebel waberte bis auf Brusthöhe und ab ihrer Hüfte konnte sie nichts mehr erkennen. Zum Glück war der Boden hier glatt und sie hatten vor dem Ritual alle Hindernisse entfernt. Dann sah sie es. Die Untoten, die bisher starr auf ihrer Position gestanden hatten, sahen sich um. Zwei der Speerkämpfer schritten vom Wall herunter.

„Herr Krüger... Ich meine, Umbramar! Steh endlich auf und kümmere dich um deine Untoten. Die geraten außer Kontrolle!"

Etwas strich an ihrem Bein vorbei. Sie stieß einen Überraschungsruf aus. Kein schrilles Quietschen. Wer das behauptete, dem würde sie den Arm ausreißen. Sie sah sich um. Zum Glück hatte das niemand geh... Gestalten erhoben sich aus dem Nebel. Nicht geordnet nacheinander wie bisher, sondern überall gleichzeitig. Jezebel rannte in einem Halbkreis um das durch den Nebel leuchtende Pentagramm herum. Sie stieß mit dem Fuß gegen ein Hindernis. Etwas packte ihr Bein! Die Mana-Adeptin lenkte Magie in ihre Körperkraft und riss die Skelethand mit dem nächsten Schritt von ihrem Arm ab. Der immer noch feste Griff schnürte ihr das Blut ab. Sie musste anhalten und die Knochenhand mit dem anderen Bein mit einem kräftigen Tritt abstreifen. Der Nebel wölbte sich neben ihr nach oben und ein Zombie in Plattenrüstung hob im Aufstehen eine riesige Zweihandaxt. Ein schneller Schritt brachte sie direkt vor seine Brust, wo sie den faulen Atem des Zombies riechen konnte. Sie drehte sich, verpasste ihm einen Tritt aus der Drehung heraus, sprang über ihn und rannte weiter. Die Beinmuskeln eines Hasenvolk waren der einzige Grund, warum sie mit der Wahl ihrer Rasse halbwegs zufriden war. Eben erwachende Skelette hieben mit Schwertern nach ihr. Sie wich den tollpatschigen Hieben aus. „Umbramar! Hier gerät alles völlig außer Kontrolle!"

Dungeon der Assassinen (Band 1: Questgeber)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt