Piep piep piep!
Das laute Schrillen des Weckers riss mich aus meinen Träumen und holte mich zurück in die grausame Realität. Es war der erste Tag nach den Sommerferien und da mein Schlafrhytmus über die Ferien völlig zerstört worden war, lag ich gestern Nacht noch Ewigkeiten wach. Jetzt bereute ich es.
Von meinem Bett aus konnte ich durch die Vorhänge die aufgehende Sonne sehen. Sie versprach einen warmen Spätsommer Tag.
Entnervt haute ich auf die Snooze Taste des Weckers, der endlich Ruhe gab. Ich rieb mir über meine müden Augen und starre minutenlang auf meine Bettdecke. Ich brauchte morgens immer eine Weile, bis ich mich zum Aufstehen aufraffen konnte.
Schlaftrunken quälte ich mich aus meinem Bett. Sogleich vermisste ich die wohltuende Wärme. Ich schleppte mich in's Badezimmer und stellte mich unter die Dusche. Das heiße Wasser brachte Leben in meinen Körper und vertrieb langsam die Müdigkeit.
Ein wenig wacher band ich mir ein Handtuch um die Hüften und tapste zurück in mein Schlafzimmer. Ich griff mir eine schwarze Jeans und ein weißes T-Shirt, nichts spektakuläres. Hauptsache nicht auffallen.
Ich schnappte mir meinen Rucksack, den ich glücklicherweise schon gestern gepackt hatte und ging nach unten in die Küche.
"Morgen, Mama", begrüßte ich meine Mutter und schob mich an ihr vorbei, um mir einen Apfel zu nehmen.
"Guten Morgen, Alex. Bereit für dein letztes Schuljahr?"
"Hmpf." Ich gab nur einen undefinierbaren Laut von mir. Klar freute ich mich, dass ich nächstes Jahr meinen Abschluss hatte, aber trotzdem hatte ich Angst, was danach kommen würde.
"Ach komm, das wird bestimmt gut. Ich weiß noch, wie viel Spaß ich damals in meinem Abschlussjahr hatte..." Sie bekam wieder diesen glänzenden Ausdruck in den Augen, der immer auftauchte, wenn sie an ihre Schulzeit zurück dachte. Bevor das Ganze wieder in eine ewig lange "Geschichten-aus-meiner-Jugend-Stunde" ausarten konnte, drückte ich ihr einen Kuss auf die Wange und nahm mir meine Auto Schlüssel.
"Ich muss los, Felix wartet. Bis später!" Ihre Antwort hörte ich schon nicht mehr. Ich joggte zu meinem Auto und ließ mich seufzend auf den Fahrer Sitz fallen. Meinen Rucksack pfefferte ich auf die Rückbank. Ich steckte den Schlüssel in's Zündschloss. Nach ein paar Versuchen sprang der Wagen endlich an. Er war schon uralt und lief nicht mehr richtig, dennoch war er mein ganzer Stolz. Ich hatte ihn kurz nach meinem 18. Geburtstag zusammen mit Felix gekauft.
Und auf dem Weg zu eben diesem befand ich mich gerade. Vor seiner Haustür hupte ich zweimal. Das hatten wir damals so abgemacht, damit ich nicht immer aussteigen und klingeln musste. Nur Sekunden später sah ich auch schon, wie sich die Haustür öffnete und er zu meinem Wagen sprang. Er musste einmal um's Auto laufen und ließ sich dann stöhnend neben mich auf den Beifahrer Sitz fallen.
"Hi erstmal." Er drehte sich zu mir und strahlte mich an. Sofort setzte mein dummes Herz einen Schlag aus und mir blieb die Luft weg. Sein Duft erfüllte das ganze Auto und benebelte meine Sinne komplett. Ich schüttelte den Gedanken ab und schnauzte mich zur Selbstbeherrschung an.
"Hi!", begrüßte ich ihn. Er lehnte sich zu mir, um mich zu umarmen. Ich schloss die Augen und genoss seine Berührungen, die viel zu schnell wieder vorbei waren.
Während der Fahrt zur Schule redete er ohne Punkt und Komma. Er erzählte von seinen Ferien und wo er mit seiner Familie hingefahren war. Ich war die ganze Zeit zu Hause geblieben. Meine Eltern hatten mir zwar angeboten, sie zu begleiten, aber ich hatte abgelehnt, ich wollte lieber für mich alleine bleiben.
Auch erzählte Felix mir davon, dass er jetzt seinen Führerschein angefangen hatte. Alleine fahren könnte er aber noch nicht, da er ja erst nächstes Jahr volljährig wird.
Felix hatte damals eine Klasse übersprungen. Ich erinnere mich noch ganz genau, wie er nach den Sommerferien in die Klasse kam. Er strahlte ein enormes Selbstbewusstsein aus, für das ich ihn bis heute beneidete. Ich saß hinten in der Ecke, mit gesenktem Kopf, damit mich ja niemand ansprach. Ich war wie immer ganz alleine, Freunde hatte ich nicht. Ich traute mich nicht, jemanden anzusprechen und blieb deshalb immer für mich selbst.
"Such dir doch einen Platz aus", hatte der Lehrer ihn aufgefordert.
Sofort starrte ich wieder runter auf meinen Tisch. Er würde sich definitiv nicht neben mich setzten.
Doch zu meiner Verwunderung hörte ich plötzlich Schritte lauter werden. "Ist hier noch frei?", fragte Felix und lächelte mich freundlich an. Verblüfft nickte ich und starrte ihn mit offenem Mund an.
"Hi, ich bin Felix. Und du bist?", stellte er sich vor.
"Alex", nuschelte ich.
"Wie heißt du? Izzi?", fragte er mich und schaute mich ungläubig an. Ich musste lachen und schüttelte den Kopf. "Nein, ich heiße Alex."
"Alexander! Felix! Ruhe bitte!" Ich lief rot an und senkte den Blick. Den Rest der Stunde hatte ich kein einziges Wort mehr herausgebracht.
Doch nach der Stunde wartete Felix auf mich, um mit mir zusammen in die Pause zu gehen. Er erzählte mir, dass er vor 2 Jahren mit seiner Familie von Lübeck nach Köln gezogen war. Er hatte noch 5 weitere Geschwister, was ziemlich anstrengend sei.
Wir unterhielten uns die ganze Pause. Nach der Schule gingen wir zusammen nach Hause und redeten weiter. Noch nie hatte ich mich einem anderen Menschen so sehr geöffnet. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich ihm alles anvertrauen könnte. Und seit dem Tag waren Felix und ich unzertrennlich.
Die Erinnerung ließ mich lächeln.
Vor der Schule bog ich auf den Parkplatz ein und parkte mein Auto auf meinem Stammplatz. Felix stieg aus. Ich blieb noch einen Moment sitzen. Ich spürte, wie die gewohnte Nervosität in mir aufstieg und mein Herz schneller klopfte. Ich atmete tief ein und aus und versuchte mich zu beruhigen.
"Kommst du?", fragte Felix sanft.
Ich nickte, atmete ein letztes Mal tief durch, schnappte mir meinen Rucksack und öffnete die Auto Tür. Mit dem gewohnten mulmigen Gefühl im Magen und Felix an meiner Seite machten wir uns auf in Richtung Schulgebäude.
Song: Just One Yesterday - Fall Out Boy
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anxiety//dizzi
Fanfiction"Ich hatte panische Angst, dass Felix eines Tages keine Lust mehr auf mich haben könnte. Ich klammerte mich mit aller Macht an diese Freundschaft. So sehr, dass aus meiner freundschaftlichen Liebe ihm gegenüber mehr wurde. Ich hatte mich rettungslos...