Chapter Eleven//Nervosität

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"Ey Izzi, zieh mal die Beine ein." Felix hatte gerade sein Handgepäck verstaut und schob sich nun an mir vorbei, um zu seinem Sitz zu gelangen. Ich zog meine Beine, so weit es mir auf diesem engen Raum möglich war, an und ließ ihn durch.

Durch das kleine Flugzeug Fenster konnte ich sehen, dass am Horizont allmählich die Sonne aufging. Die Plexiglas Scheibe war beschlagen und kleine Tropfen des Kondenswasser liefen langsam daran hinab.

Doch bevor ich weiter den Sonnenaufgang beobachten konnte, zog Felix das Rollo herunter. Ich hatte ihm den Platz am Fenster überlassen, da ich nicht wirklich Lust hatte, während des Flugs auch noch mitansehen zu müssen, wie hoch wir flogen. Höhenangst in einem Flugzeug - das sich 10.000 Meter über der Erde befand - zu haben, ist nicht so richtig cool.

Heute ging es für eine Woche mit der gesamten Stufe auf Abschluss Fahrt nach Mallorca. Große Lust hatte ich nicht, da ich wusste, dass das wieder ein ziemliches Sauf Gelage werden würde, aber immer noch besser als im verregneten Deutschland zu hocken. Wir hatten Mitte März und die Sonne warf immer noch kalte Strahlen.

Ich drehte meinen Kopf nach links. Dort, auf der anderen Seite des Ganges, saß Marley. Er hatte sich Kopfhörer aufgesetzt, die Augen geschlossen und wippte zum Rhythmus des Beats. Im Laufe der letzten Monate hatte ich herausgefunden, dass er extrem musikalisch war. Man traf ihn eigentlich dauernd mit Kopfhörern an. Und wenn er gerade mal nicht Musik hörte, summte er irgendein Lied oder eine neue Melodie.

Ein Knacken und Rauschen unterbrach die allgemeine Unruhe." Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herzlich Willkommen an Bord. Die Flugzeit wird etwa 2 Stunde und 30 Minuten betragen. Schnallen Sie sich jetzt an und ziehen Sie Ihren Sitzgurt fest. Aus Sicherheitsgründen empfehlen wir Ihnen während des gesamten Fluges angeschnallt zu bleiben." Ich spürte, wie mir das Adrenalin durch die Venen schoss und meine Atmung stoßweise ging.

Ich schloss die Augen und versuchte mich darauf zu konzentrieren, meinen Puls und Herzschlag zu beruhigen. Plötzlich spürte ich, wie meine Finger verschränkt wurden. Ich öffnete meine Augen wieder und sah zu Felix, der mich beruhigend anlächelte. "Das wird schon halb so wild." Ich nickte nur verstärkte meinen Griff. Aufmunternd drückte er einmal kurz meine Hand. Ich schloss wieder meine Augen und atmete tief ein und aus.

Das Brummen der Motoren wurde immer lauter, bis es irgendwann zu einem bedrohlich klingenden Dröhnen wurde. Ein Ruck ging durch die Maschine und sie rollte los. Vor Schreck zog ich scharf die Luft ein und umklammerte Felix' Hand. Er strich mir mit dem Daumen über den Handrücken und versuchte mich so ein wenig zu beruhigen, was erstaunlich gut funktionierte.

Nun standen wir auf dem Rollfeld in Startposition. Die Motoren heulten auf und die Maschine beschleunigte. Ich spürte, wie ich in meinen Sitz gedrückt wurde. Der Druck in meinen Ohren und in meinem Kopf stieg immer weiter an, sodass das Dröhnen nur noch dumpf klang. Ein weiterer Ruck ging durch das Flugzeug und ich spürte, wie es abhob.

Nach einigen Minuten ließ der Druck in meinem Kopf nach und das Flugzeug befand sich wieder in einer waagerechten Lage. Nur halt mehrere tausend Meter über dem Boden. Ich öffnete vorsichtig meine Augen und wagte einen Blick nach draußen. Felix hatte das Rollo wieder hoch geschoben und so konnte ich sehen, dass wir gerade durch eine Wolkenschicht flogen, die mir die Sicht nahm. Doch als wir diese durchbrachen, sah ich, wie über den Wolken die Sonne aufging und den Himmel in ein rot goldenes Licht tauchte.

Ich lehnte mich in meinem Sitz nach hinten und versuchte mir nicht auszumalen, was alles passieren könnte. "Alles okay mit dir, Alexander?" Eine besorgte Frauen Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Frau Peper, unsere Stufenleiterin und meine Pädagogik Lehrerin, hatte sich zu mir nach hinten gebeugt und musterte mich. Ich nickte und versuchte zu lächeln, was kläglich scheiterte. "Er hat Flug - und Höhenangst", erklärte Felix ihr. Sie schaute mich mitfühlend an und tätschelte mir aufmunternd den Oberschenkel. Dann drehte sie sich wieder um und vertiefte sich erneut in das Gespräch mit unserem anderen Stufenleiter Herrn Patricks. Wir alle hatten die Vermutung, dass bei den beiden was lief, da sie dauernd heftig miteinander flirteten.

Ich lehnte meinen Kopf an Felix' Schulter und schloss wieder meine Augen. Sanft strich er mir durch die Haare. Ich genoss die Berührung, die mich davon ablenkte daran zu denken, dass ich noch mehr als zwei Stunden in dieser Höllenmaschine eingesperrt war.

Song: Flash mich - Mark Forster

Wer hätte damit nur gerechnet? :D Mittlerweile kann ich das Lied wahrscheinlich sogar schon rückwärts "singen".

anxiety//dizziWo Geschichten leben. Entdecke jetzt