Chapter Twelve//Schwitzen

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Während des Flugs döste ich immer wieder an Felix' Schulter ein. Er hatte sich Kopfhörer in die Ohren gesteckt und schaute leicht schmunzelnd einen Film.

Ich war wohl wieder eingenickt, denn als Felix mich leicht an der Schulter rüttelte, um mich aufzuwecken, konnte ich durch das Fenster sehen, dass wir sanken. Mit einem Ruck setzte die Maschine einige Minuten später auf. Einige Passagiere klatschten, ich war einfach nur erleichtert, dass ich es überlebt hatte. An den Rückflug in sieben Tagen wollte ich gar nicht denken.

Wir sammelten unsere Sachen zusammen und drängten uns mit den Anderen nach draußen. Sobald ich aus dem Flugzeug stieg, schlug mir ein Schwall unangenehm schwüle Luft entgegen und ich blinzelte gegen das gleißende Sonnenlicht. Es war gerade mal 10 Uhr und die Sonne brannte schon heiß vom Himmel.

Ich ging die Treppe zum Bus hinunter, der uns zum Flughafen Gebäude fuhr. Im Bus war es noch schlimmer. Die Luft war abgestanden und es roch penetrant nach Schweiß.

Ich hatte mir meine Jacke ausgezogen und um die Hüften gebunden. Vor meinen Augen tanzten helle Lichtpunkte und ich spürte, dass meine Beine mich nicht mehr lange tragen würden. Ich lehnte mich gegen Felix und er legte einen Arm um meine Schulter, um mich zu stützen.

Am Flughafen angekommen, stolperte ich regelrecht panisch aus dem Bus und rettete mich in das klimatisierte Gebäude. Felix und der Rest meiner Stufe folgten mir und gemeinsam warteten wir auf unsere Koffer. Mit diesen juckelten wir zum nächsten Bus, der uns in unser Hotel bringen sollte.

Erschöpft von der Hitze ließ ich mich neben Felix fallen. Immerhin hatte dieser Bus eine Klimaanlage. Ich beobachte die vorbeiziehende Landschaft. Hin und wieder konnte man am Horizont das Meer aufblitzen sehen, bevor es wieder von Hotels und Häusern versteckt wurde.

Nach etwa einer Stunde Fahrt, die ziemlich holprig und kurvenreich war, kamen wir an unserem Hotel an. Ich wankte blass aus dem Bus, der kalte Schweiß stand mir auf der Stirn. Was ein Höllentrip, kurvige Straßen bekamen meinem Magen nicht. "Geht's?", erkundigte sich Felix und legte seine Hand auf meine Schulter. Ich nickte schwach und ließ mich auf die Bordsteinkante sinken. Felix holte unsere Koffer aus dem Laderaum des Busses und stütze mich auf dem Weg zum Hotel.

Unsere Lehrer checkten für uns ein und jeder von uns bekam ein Zweier Zimmer. Natürlich teilte ich meins mit Felix. Wir suchten unsere Zimmer Nummer und inspizierten die Räume. Das Erste, was mir auffiel, war, dass es nur ein Doppelbett gab. Ich schluckte. Na toll, das könnte ja was werden.

Felix ließ seinen Koffer achtlos mitten im Raum stehen und machte einen Hechtsprung auf's Bett und hüpfte darauf herum. "Komm her, Izzi, mach mit!", forderte er mich lachend auf. Eigentlich wollte ich nicht, aber ich ließ mich breitschlagen und gemeinsam sprangen wir kichernd auf dem Bett.

Verschwitzt, aber glücklich fielen wir nebeneinander in die Kissen. Ich hielt mir den Bauch und rang nach Atem. Mir ging es für einem Moment gut und ich genoss dieses Gefühl von Unbeschwertheit. Ich schaute rüber zu Felix und bemerkte, dass er mich ebenfalls betrachtete. So lagen wir da, unsere Gesichter nur Zentimeter voneinander entfernt und versunken in unseren Gedanken und in die Augen des jeweils Anderen.

Felix war der Erste, der verlegen den Blick senkte und sich räusperte. "Ich, eh, ich muss noch Videos schneiden", nuschelte er. Er stand auf, holte seinen Laptop aus dem Koffer und stöpselte seine Kopfhörer ein.

Eine Weile beobachtete ich, wie er mit zusammen gekniffen Augen konzentriert seine Videos schnitt. Doch mir fielen immer wieder die Augen zu, bis ich mich nicht mehr dagegen wehrte und die Müdigkeit mich überrollte.

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"Izzi, wach auf", flüsterte Felix. Grummelnd wälzte ich mich auf die andere Seite. "Mag nicht." "Komm schon, Marley war gerade hier und hat bescheid gesagt, dass wir noch los wollen." Ich gähnte herzhaft und drehte mich wieder zu Felix um. "Wohin denn? Und wer ist wir?" "Du, ich, Marley und noch ein paar von seinen Kumpels. Wir wollen in die Stadt, 'n bisschen feiern." Erst jetzt bemerkte ich, dass Felix frisch geduscht und fertig gestylt war.

Ich ging zu meinem Koffer, schnappte mir Klamotten, die mir am angemessensten für so was erschienen und verschwand im Bad.

Gut zwanzig Minuten später war ich fertig. Zögernd trat ich vor Felix. "Kann ich so gehen?", fragte ich ihn unsicher. Er schaute von seinem Laptop auf und ich konnte sehen, wie sich seine Augen kurz überrascht weiteten. Schnell hatte er seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle und setzte ein schiefes Grinsen auf. "Definitiv, damit wirst du heute Abend ein paar Herzen brechen."

Mir war das unangenehm und ich überlegte, was ich darauf antworten sollte, doch ein lautes Klopfen an der Tür rettete mich. Ich öffnete und davor standen Marley und ein paar andere Jungs, die ich schon mal flüchtig mit ihm zusammen gesehen hatte. "Seid ihr beide fertig?", fragte Marley und schaute mich voller Vorfreude an. Felix tauchte hinter mir auf. "Jap, kann losgehen." Ich nahm mir noch schnell mein Portemonnaie, Handy und die Zimmer Karte. Dann machten wir uns auf den Weg in den Club.

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Es war heiß. Heiß und laut. Ich konnte kaum etwas von dem verstehen, was mir das Mädchen neben mir in's Ohr brüllte. Ich nickte und hoffte, dass es keine Frage war.

Von der bis zum Anschlag aufgedrehten Musik und den schnell wechselnden Stroboskop Lichtern bekam ich Kopfschmerzen. Ich rief dem Mädchen ein knappes "Sorry!" zu und flüchtete mich in Richtung Ausgang. Ich drängte mich an all den verschwitzten Leuten vorbei, die alleine oder eng umschlungen zu zweit tanzten. Keiner von denen schien noch sonderlich nüchtern zu sein. Ich schaute mich immer wieder um, ob ich Felix oder Marley in der Menge ausmachen konnte, doch keines der Gesichter kam mir bekannt vor.

Draußen auf der Straße angelangt atmete ich tief durch. Ich wusste wieder, wieso ich in keine Clubs ging.

Ich überlegte, wo ich jetzt hingehen sollte und entschied mich für den Strand. Ich schlenderte in Richtung Meer und ließ die bunten Lichter der Clubs und Bars hinter mir.

Am Strand angekommen, setzte ich mich gut einen Meter vom Wasser entfernt in den kalten Sand. Ich zog meine Beine an meine Brust, umschlang sie mit meinen Armen und legte mein Kinn auf meine Knie. Verträumt blickte ich auf's Meer hinaus, in dem sich der Schein des Mondes und der Sterne spiegelte. Eine schmale Mondsichel stand hoch oben am Himmel und spendete fahles Licht. Die Geräusche der Feiernden waren nur noch leise zu hören und allmählich blendete ich sie komplett aus.

Ich dachte nach. Über mich, über Felix, über unsere Freundschaft und über meine Gefühle ihm gegenüber. Ich wusste, dass das so nicht weitergehen konnte, da mich diese Gefühle langsam zerstörten. Viel länger konnte ich ihm nicht die heile Welt vorspielen.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als ich hinter mir Schritte im Sand knirschen hören konnte.

Song: 20qm - Casper

anxiety//dizziWo Geschichten leben. Entdecke jetzt