Chapter Five//Versprecher

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Ich überlegte einen Moment. Sollte ich wirklich? Ich könnte Zeit mit Felix verbringen und eventuell seine Freunde kennen lernen. Aber was ist, wenn sie mich nicht mochten? Sie dachten, dass ich langweilig war?

Ich haderte mit mir selbst, bis ich mich am Ende doch dazu überwinden konnte mitzukommen.

"Ja, ich würde gerne dabei sein", flüsterte ich immer noch etwas unsicher.

"Super! Du wirst sehen, das wird mega cool. Simon ist total nett, wir haben schon 'n paar mal miteinander geskypet und er hat genau unseren Humor!", schwärmte er.

"Hmmhm."

Ich parkte vor Felix' Haus und zusammen stiegen wir aus. Während wir den kurzen Weg durch den Vorgarten zur Haustür liefen, schrieb ich meiner Mama, dass ich bei Felix zu Mittag essen und wahrscheinlich erst abends nach Hause kommen würde. Sie wird nichts dagegen haben, sie liebte Felix fast so sehr wie ich ihn. Als ich ihn ihr das erste Mal vorstellte, hätte sie ihn beinahe zu Tode gedrückt.

Felix schloss die Tür auf und ich folgte ihm in den Hausflur.

"Hallo Mama! Ich hab' Alex mitgebracht!", rief Felix in Richtung Küche. Wir zogen Schuhe und Jacke aus und warfen unsere Rucksäcke unter die Garderobe. Ich folgte Felix in die Küche, wo er seine Mutter begrüßte und sich an den Esstisch setzte.

"Hallo Frau von der Laden", begrüßte ich sie ebenfalls höflich und setzte mich auf den Platz neben Felix.

"Hallo Alex, schön dich wieder zu sehen. Aber ich habe dir doch schon tausend Mal gesagt, dass du mich Kristina nennen sollst", lachte sie. "Ich hoffe, du hast Hunger, du bist ja immer noch viel zu dünn."

"Mensch Mama, jetzt lass Alex doch in Ruhe", meckerte Felix. "Jaja, ist ja gut. Hol lieber mal deine Geschwister runter, das Essen ist fertig", wehrte Kristina ab.

Felix stand auf und ging in den Flur. "Bennet! Jil! Gibt Essen!"

"Toll, das hätte ich auch gekonnt", sagte Kristina und verdrehte die Augen. "Dann mach' es doch", konterte Felix und drückte ihr einen Kuss auf die Wange."

Von der Treppe her konnte ich die schnellen Schritte von Bennet und Jil hören und fast augenblicklich stürmten sie in die Küche. Als Jil mich sah, fingen ihre Augen an zu leuchten. Sie rannte auf mich zu und fiel mir um den Hals. "Alex!", kreischte sie begeistert. Ein wenig überfordert erwiderte ich ihre Umarmung, Felix beobachtete das Ganze nur grinsend. Er hatte mir mal verraten, dass sie ihm erzählt hatte, dass sie in mich verknallt war. Seit dem hatte ich keine Ahnung, wie ich mich in ihrer Gegenwart verhalten sollte. Ich meine, ich konnte ja schlecht was mit 'ner 13 jährigen Anfangen, vor allem wo ich doch in ihren Bruder verliebt war.

Vorsichtig löste ich mich aus ihrer Umarmung und schob sie unauffällig ein Stück von mir fort. "Ich will neben Alex sitzen!", rief sie und ließ sich auf den noch freien Platz neben mir fallen. Ein wenig gequält erwiderte ich ihr strahlendes Lächeln.

"Jil, jetzt lass doch mal den armen Alex in Ruhe!", tadelte Kristina sie.

"Musst du gerade sagen!", mischte sich nun auch Felix in das Gespräch ein. "Wer versucht ihn denn hier immer zu mästen?"

"Ist ja gut, ist ja gut! Und jetzt esst lieber was, sonst wird es kalt." Mit diesen Worten stellte sie die Schüsseln mit den Nudeln und der Tomaten Soße auf den Tisch. Sofort machten sich alle hungrig über das Essen her.

Ich war gerne bei Felix, es war immer was los. Während des Essens erzählten alle wild durcheinander von ihrem Tag. Bei mir zuhause war das ganz anders. Ich war Einzelkind und da mein Vater immer von früh morgens bis spät abends arbeiten musste, waren meine Mutter und ich meistens alleine, so dass es eigentlich immer recht still im Haus war.

Sobald wir fertig mit dem Essen waren, stand Felix auf, packte mich am Handgelenk und zog mich die Treppe hoch in sein Zimmer. Völlig fertig und pappsatt ließen wir uns nebeneinander auf sein Bett fallen. Erschöpft schloss ich meine Augen.

Ich spürte, wie Felix neben mir sich auf die Seite drehte. Ich öffnete wieder meine Augen und sah Felix an, der seinen Kopf in seine Hand stütze und mich nachdenklich musterte.

"Was ist los?", fragte ich.

"Was? Ach so, ich habe gerade nur nachgedacht", murmelte er verträumt. "Wie kann es eigentlich sein, dass du noch nie eine Freundin hattest? Du bist attraktiv, liebevoll und hast das größte Herz der Welt."

Ich war völlig überrumpelt von der Frage und starrte ihn einfach nur mit offenem Mund an. Er fand mich attraktiv?

"Ich... Ich weiß es nicht", stammelte ich, nachdem ich mich wieder gefasst hatte. "Aber ich könnte dich das Gleiche fragen."

"Ja, das könntest du in der Tat. Weißt du, bei mir ist das so: Ich will nicht einfach eine Beziehung haben, um nicht alleine zu sein. Wenn ich eine Beziehung führe, dann will ich eine Richtige. Mit Herzrasen, Kribbeln im Bauch und Schlaflosen Nächten. Ich will dieser Person "Guten Morgen" und "Schlaf Gut" Nachrichten schicken. Ich möchte diese Art von Beziehungen, wo du jede wache Minute an diese Person denken musst und die dir selbst in deinen Träumen nicht aus dem Kopf geht. Ich möchte eine Beziehung, bei der ich vollständig und rettungslos verliebt bin." Er starrte auf die Bettdecke und malte mit seinem Finger Muster in den Stoff.

Sprachlos betrachtete ich ihn. Ich wusste nicht, dass ein solcher Romantiker in ihm steckte.

"Und du hast diese Person, bei der du das alles fühlst, noch nicht getroffen?" hakte ich vorsichtig nach.

"Doch, habe ich", widersprach er überraschenderweise. "Aber ich glaube nicht, dass er diese Gefühle erwidert."

Er?

Song: Battle Scars - Lupe Fiasco, Guy Sebastian

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