Chapter Fourteen//Schwindelgefühl

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"Alex, ganz ruhig. Du kannst das doch alles, du brauchst keine Angst zu haben." Felix hatte seine Arme um mich geschlungen und hielt mich ganz fest. Ich hatte mein Gesicht in seiner Halsbeuge vergraben und inhalierte seinen vertrauten und beruhigenden Geruch.

"Nein, ich kann das nicht. Ich hab' bestimmt viel zu wenig gelernt und auch noch genau das Falsche", nuschelte ich in sein T-Shirt. Meine Stimme zitterte und mir war schlecht. Ich hoffte nur, dass ich mich nicht übergeben musste.

"Hör auf dir das immer einzureden. Du kannst das und das weißt du eigentlich auch." Er löste sich ein wenig von mir um mir in die Augen schauen zu können. Ich versank wieder in diesem unendlichen Blau. Sie glitzerten wie der Ozean in der Mallorquinischen Frühlings Sonne. "Und du gehst da jetzt rein und haust alle um!"

"Hm." Ich klang nicht wirklich überzeugt. Heute war meine mündliche Prüfung. Ich hatte mich für Pädagogik entschieden, da ich das Gefühl hatte, dass ich da am ehesten was reißen könnte.

Plötzlich wurde die Tür aufgestoßen und ich wirbelte herum. "Alexander Hazy." Mein Herz setzte einen Moment aus und mir wurde schwarz vor Augen. Ich spürte eine Hand an meinem Ellbogen, die mich stützte. "Du schaffst das", flüsterte mir Felix in's Ohr. Ich drehte mich zu ihm um und sofort legte er seine Lippen auf meine und gab mir einen kurzen, jedoch intensiven Kuss. "Ich warte bei deinem Auto auf dich, in Ordnung?" Ich nickte und löste mich aus seiner schützenden Umarmung.

Mit wackligen Beinen und zittrigen Händen folgte ich der Lehrerin in einen Klassenraum. Gegenüber von der Tafel waren drei Plätze, auf einem davon ließ sich die Lehrerin nieder, die mich gerade aufgerufen hatte. Zu meiner großen Erleichterung war auch Frau Peper dabei. Als sie hörte, wie wir herein kamen, sah sie von ihrem Block auf und lächelte mir aufmunternd zu.

"Hallo Herr Hazy. Setzen Sie sich doch", forderte Frau Peper mich freundlich auf. Erleichtert nicht stehen zu müssen, nahm ich mir einen Stuhl und ließ mich kraftlos darauf fallen. "Sie wissen wie das hier abläuft, oder? Wir geben Ihnen jetzt ein Thema und dann bitten wir Sie sich im Nebenraum darauf vorzubereiten. Alles klar?" Ich nickte nur, da ich wusste, dass meine Stimme versagt hätte. "Gut. Dann haben Sie hier Ihr Prüfungsthema und ab jetzt eine halbe Stunde Vorbereitungszeit. Wir sagen bescheid, wenn die Zeit vorbei ist." Frau Peper reichte mir einen Zettel, den ich mit zitternden Fingern entgegennahm.

Ich las ihn, wieder und wieder. Ich konnte nicht entziffern, was da stand. Meine Augen nahmen die einzelnen Buchstaben wahr, aber sie ergaben in meinem Gehirn kein zusammenhängendes Wort. Sekundenlang klebte mein Blick starr auf dem Blatt. Die Panik kroch langsam in mit hoch und verbreitete sich rasend schnell in meinem gesamten Körper. Ich hatte das Gefühl, die Welt würde sich rasend schnell drehen und meine Sicht verschwamm.

"Herr Hazy? Herr Hazy!" Mein Name drang wie durch eine dicke Watteschicht zu mir hindurch. Die Stimme klang ganz weit weg, und doch löste sie mich aus meiner Starre.

"Wie bitte?" Verwirrt blinzelte ich. Langsam klärte sich meine Sicht wieder und mein Gehirn verarbeitete die letzten Sekunden. Ich schaute in Frau Pepers blaue Augen, die mich über die Brille hinweg musterten und über denen ein Schatten der Besorgnis lagen.

"Sie müssen in das Nebenzimmer um sich vorzubereiten. Ist alles in Ordnung bei Ihnen? Brauchen Sie was zu trinken oder irgendetwas anderes?"

"N... nein, alles okay. Ich war gerade... ich habe gerade nur nachgedacht", stammelte ich hilflos. Langsam erhob ich mich von meinem Platz und schlurfte in das anliegende Klassenzimmer. In meinem Rücken konnte ich die Blicke von Frau Peper förmlich spüren.

Ich schloss die Tür hinter mir und ließ mich an der Wand nach unten gleiten. Mein Gesicht versteckte ich in meinen Händen. Ich zwang mich tief ein- und auszuatmen, so wie Felix es mir geraten hatte.

Felix...

Allein der Gedanke an ihn beruhigte mich und allmählich konnte ich meine Gedanken ordnen. Ich warf einen Blick auf den Zettel, den ich immer noch in meiner Hand umklammerte. Diesmal konnte ich die Aufgabe lesen und ich hätte tanzen und weinen und schreien können vor Freude. Genau mit diesem Thema hatte ich mich im Unterricht am liebsten beschäftigt.

Ich stand auf und marschierte von einer Wand zur anderen und wieder zurück und versuchte mir alles, was wir in Unterricht dazu besprochen hatten, in's Gedächtnis zurück zu rufen. Ich schloss die Augen um mich besser konzentrieren zu können. So bemerkte ich auch nicht, wie schnell die Zeit vorbeiging.

"Herr Hazy?" Erschrocken zuckte ich zusammen. Frau Peper stand in der Tür und wartete anscheinend darauf, dass ich reinkam. Ich schluckte und folgte ihr dann zurück in's Klassenzimmer. Die anderen beiden Lehrer, deren Namen ich nicht mal wusste, schauten mich erwartend an. Frau Peper nickte und lächelte mir aufmunternd zu.

Ich schloss die Augen und stellte mir Felix vor. Seine Lippen, seine Wangenknochen, seine Haare, seine Augen, alles. Ich stellte mir vor, wie er neben mir stand und meine Hand hielt. Es beruhigte mich und ich öffnete wieder die Augen. Ich fixierte meinen Blick auf einen nicht definierten Punkt an der Wand und fing an zu reden.

Ich war unsicher. Meine Stimme war nicht mehr als ein heiseres Flüstern. Doch von Minute zu Minute fasste ich Selbstvertrauen. Nach zwanzig Minuten hatte ich alles gesagt und schaute das erste Mal wieder zu den Lehrern. Ich konnte in ihren Gesichtern keinen Anflug von jeglichen Emotionen lesen. Panik keimte wieder in mir auf. Oh Gott, ich hatte verkackt. Ich war durchgefallen, definitiv.

Doch dann sah Frau Peper mich an und alle Sorgen lösten sich sofort wieder in Luft auf. Sie nickte und schenkte mir ein verschwörerisches Lächeln. Ich hatte es geschafft.

Erleichtert verabschiedete ich mich und mit großen Schritten durchquerte ich den Raum. Sobald ich aus der Tür raus war, lief ich los. Ich rannte durch die verlassenen Flure, vorbei an unzähligen Klassenzimmern. Ich ließ alles hinter mir und stürmte auf den Ausgang zu. Ich riss die große Doppeltür auf und trat nach draußen.

Die Luft war glasklar und angenehm warm. Vereinzelte Sonnenstrahlen hatten sich ihren weg durch die Wolkendecke gekämpft. Ich streckte mein Gesicht dem Himmel entgegen und atmete tief durch. Dann fing ich wieder an zu rennen. Ich fühlte mich frei, alle Anspannung war abgefallen. Nie wieder müsste ich zurück in dieses Drecksloch mit all diesen Menschen, die ich zu tiefst verachtete.

Ich rannte auf den Parkplatz und da sah ich ihn. Lässig gegen meinen Wagen gelehnt und mit einem breiten Lächeln auf den Lippen wartete er dort auf mich. Als er mich ebenfalls sah, breitete er die Arme aus und ich fiel ihm um den Hals. Er schlang seine Arme um meinen Oberkörper und hielt mich ganz fest. Ich hatte meine Nase wie immer in seiner Halsbeuge vergraben und atmete tief durch.

Felix lockerte seine Umarmung ein wenig und nahm mein Gesicht vorsichtig in seine Hände. Energisch legte er seine Lippen auf meine und ich seufzte glücklich.

Sanft löste er seine Lippen von meinen, was ein mürrisches Schnauben meinerseits und ein Lachen seinerseits zur Folge hatte. Er sah mir fest in die Augen und lächelte.

"Bereit für das, was die Zukunft bringt?"

"Solange ich bei dir bin habe ich keine Angst."

Song: Wer weiß - Alligatoah

Sorry, ich war faul und demotiviert as fuck. Sonntag hatte ich dann Geburtstag und krank bin ich auch noch geworden. Geilo.

anxiety//dizziWo Geschichten leben. Entdecke jetzt