Chapter Six//Herzrasen

3.1K 259 86
                                    

Ich wollte gerade weiter nachbohren, doch der altbekannte Skype Ton eines eingehenden Anrufs erlöste ihn und mir blieb meine Antwort erspart.

Felix sprang auf und nahm den Anruf entgegen. "Hi Simon!", begrüßte er den Anrufer.

"Hallo!", ertönte eine helle Männer Stimme die, zugegeben, wirklich sympathisch klang. "Bereit für die Aufnahme?"

"Klaro!", rief Felix begeistert. Er stöpselte sich die Kopfhörer in die Ohren, so dass ich Simons Stimme nicht mehr hören konnte. Mit zusammen gekniffenen Augen und konzentriertem Blick fummelte er an seinem Computer rum.

"Okay, kann los gehen. 3... 2... 1...", zählte er runter. "Jo meine Lieben Joonges! Willkommen zu einer weiteren Folge. Heute sogar zusammen mit einem Special Guest, nämlich dem guten Simon aka Ungespielt!"

Während der gesamten Aufnahme beobachtete ich Felix. Ich hatte mich mit dem Rücken an die Wand gelehnt und spielte mit meinem Handy rum. Jedoch konnte ich mich nicht wirklich darauf konzentrieren, immer wieder schielte ich zu Felix rüber.

Ohne Vorwarnung brüllte er plötzlich wie irre rum. Ich zuckte erschrocken zusammen und kreischte einige Stimmlagen höher als gewohnt, was sich äußerst männlich anhörte. Felix fing an zu lachen. "Ja, und das im Hintergrund ist mein Freund Izzi. Sag doch mal Hi, Izzi!" - "Hallo!", rief ich zaghaft und lächelte schüchtern, auch wenn man das in der Aufnahme nicht sehen konnte.

Felix nahm noch einige Minuten auf und beendete dann die Folge. "Wenn's euch gefallen hat, lasst doch einen Daumen nach oben da, schaut auch bei dem lieben Simon vorbei, der Link zu ihm ist unten in der Beschreibung. Macht's gut, haut'er rein und tschüss!", verabschiedete er sich und hielt die Facecam zu. Danach beendete er die Aufnahme und stöpselte seine Kopfhörer raus, so dass ich Simon wieder über die Lautsprecher hören konnte.

"... mega viel Spaß gemacht! Morgen wieder?", fragte dieser begeistert.

"Klar, gerne", stimmte Felix zu.

"Sag mal, wer ist denn dieser ominöse Izzi?", fragte Simon und ich konnte aus seiner Stimme heraus hören, dass er dreckig grinste.

"Mein bester Freund. Izzi, komm doch mal her!", sagte Felix und winkte mich zu sich heran. Zögerlich stand ich von seinem Bett auf und ging zu Felix.

Ich beugte mich über Felix' Schulter, um Simon besser sehen zu können. Ich war Felix so nahe, dass mein Atem seine Wange streifte und seine Nackenhaare sich aufstellten. Aber ich dachte mir nichts weiter dabei.

"Hallo", begrüßte ich Simon schüchtern und winkte in die Kamera. Simon hatte wilde Dreadlocks, ein Lippen Piercing und ein äußerst ansteckendes Grinsen, das er mir gerade schenkte.

"Hallo Izzi. Komm mal mehr in's Bild, man sieht dich ja gar nicht richtig."

Unerwartet griff Felix nach meinem Handgelenk und zog mich kurzerhand auf seinen Schoß. Perplex starrte ich ihn an, was sowohl Simon als auch Felix zum Lachen brachte.

"Und ihr seid sicher nicht mehr als nur beste Freunde?", lachte Simon und zwinkerte uns zweideutig zu. Sofort fing mein Herz an zu rasen, was nicht nur an der ungewohnten und doch angenehmen Nähe zu Felix lag. War es so offensichtlich, dass ich in Felix verliebt war? Erschrocken schaute ich Simon an.

"War doch bloß ein Witz!", beschwichtigte dieser.

Wir skypten noch eine Viertel Stunde mit ihm, aber ich konnte mich nicht wirklich auf das Gespräch konzentrieren. Ich musste immer wieder an das denken, was Simon gesagt hatte.

Und ihr seid sicher nicht mehr als nur beste Freunde?

Außerdem machte mir Felix' Nähe zu schaffen. Meine Oberschenkel kribbelten durch die Berührung und langsam wurden sie taub. Sein Atem kitzelte meinen Nacken und ich wurde ganz nervös. Und als wäre das noch nicht genug, hatte er seine Arme um meinen Bauch geschlungen, so dass ich nicht von seinem Schoß runterrutschen konnte. Mein Herz schlug die ganze Zeit viel zu schnell.

Nachdem Simon sich verabschiedet und das Gespräch beendet hatte, sprang ich von Felix' Schoß auf. Viel länger hätte ich es nicht mehr ausgehalten, ohne dass etwas passiert wäre, was ich später bereut hätte.

"Ich, äh, muss jetzt auch los. Ich muss noch Hausaufgaben machen und... ja", stotterte ich und kratzte mich verlegen am Kopf.

"Willst du echt schon gehen? Hausaufgaben kannst du doch auch noch später machen. Bitte!", bettelte Felix. Er schaute mich aus großen Hundeaugen an und schob seine Unterlippe nach vorne. Lachend schüttelte ich den Kopf. "Nein, ich muss wirklich was machen. Solange ist es nicht mehr bis zum Abi."

"Pff, Abi. Dafür kann man auch später noch lernen." Er lehnte sich auf seinem Schreibtisch Stuhl nach hinten und drehte sich im Kreis, indem er sich immer wieder an der Tisch Kante abstieß. "Meine Jugend ist mir zu wertvoll, um sie mit lernen zu verschwenden."

Felix hatte sich noch nie groß was aus lernen und Hausaufgaben gemacht. Und trotzdem gehörte er immer mit zu den Besten. Er hatte das große Glück, dass ihm alles einfach so zu flog.

"Naja, du kannst das auch alles. Außerdem sind die Arbeiten bei mir viel wichtiger, du weißt ja, dass ich mündlich nicht so gut bin." Beschämt starrte ich auf meine Hände, mit denen ich nervös rumspielte.

Felix stand auf, nahm meine Hände in seine und hob mein Kinn hoch, so dass ich ihm in die Augen sehen musste. Sie waren so blau wie der Ozean und ich hatte das Gefühl, ich würde rettungslos ertrinken.

"Du schaffst das, Alex", flüsterte er. Ich nickte stumm und aus einem Impuls heraus warf ich mich in seine Arme. Felix schien einen Moment überrascht von der plötzlichen Umarmung, doch er hatte sich schnell wieder gefasst und legte seine Arme um mich. Ich krallte mich in den Stoff seines T-Shirts und hatte mein Gesicht in seiner Halsbeuge vergraben und atmete seinen berauschenden Duft ein.

Viel zu schnell löste er sich wieder von mir. Verlegen schaute ich auf meine Fußspitzen.

"Ich muss jetzt wirklich los", sagte ich mit schwacher Stimme.

"Ist gut, wir sehen uns morgen. Und Alex?"

"Ja?"

"Du musst keine Angst haben, wenn ich neue Freunde finde. Du wirst immer an erster Stelle stehen."

Song: Wenn ich groß bin - SDP

anxiety//dizziWo Geschichten leben. Entdecke jetzt