Endgegner

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Unterwegs machte Karl uns auf etwas aufmerksam: "Meine Schwestern sind auf dem Weg zur Factory. Deshalb haben wir eine Chance Rose zu retten. Sie ist oben in Mutter Mirandas Schlafgemach. Ich werde sie ablenken, während ihr euch reinschleicht und das Kind holt." Heisenberg wandte sich an meinen Bruder: "Ethan, du weißt, wo der Ausgang des Dorfes ist. Verlasst es und kehrt nie wieder her. Verstanden?"

Er nickte verständnisvoll und folgte Karl die Treppe hinauf. Niedergeschlagen blieb ich am Fuße der Treppe stehen und spürte eine unheimliche Sehnsucht in mir aufsteigen. Nie wieder in meinem Leben würde ich Karl sehen und das machte mir schwer zu schaffen. Als ich mich fing, trabte ich den beiden hinterher und folgte ihnen einen Korridor entlang. Vorsichtig schlichen wir Stück für Stück zum Schlafgemach des dunklen Engels und ich spürte, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete. Plötzlich hob Karl die Hand, wodurch wir stehen blieben. "Bleibt hier stehen und macht keinen Mucks. Ich gehe rein und sehe nach, ob sie da ist", flüsterte er leise und hielt seinen Zeigefinger auf die Lippen, "wenn die Luft rein ist, hole ich Rose damit ihr endlich verschwinden könnt." "Warte, sollte ich sie nicht lieber holen?", fragte Ethan aufdringlich und rückte näher zu ihm, "wenn Rose schreit, fliegen wir alle auf. Also lass mich sie holen." Karl schüttelte den Kopf und führte seinen Zeigefinger zum Boden: "Nein, Papa. Du bleibst hier und gibst auf deine Schwester acht. Ich will sie nicht schon wieder verlieren." Dieser Satz gab mir Schmetterlinge im Bauch und so kroch Karl beinahe auf allen Vieren den restlichen Flur entlang. Bis hin zur Schlafzimmertür, wo er sich aufrecht hinstellte, an die Tür klopfte und einige Sekunden auf eine Antwort wartete. Nichts. Sorgsam drückte Karl die Türklinke herunter und betrat den reichlich großen Raum, der sich über mehrere Zimmer streckte. Neben dem großzügig verzierten Himmelbett war ein Kinderbett aufgebaut, das rundherum einen rosanen Vorhang hatte. Auf Zehenspitzen tippelte Karl in seinen schweren Springerstiefeln zum Kinderbett und schob die Gardine zur Seite. Überrascht wandte er sich um, denn das Bett war leer. Seine Pupillen weiteten sich erschrocken, denn hinter ihm baute sich Lady Dimitrescue auf und zog ihm ihre langen Klauen quer übers Gesicht. "Ahh!", brüllte er vor Schmerz. Auf der Stelle wollte ich zu ihm, doch Ethan hielt mich auf. Wir hatten uns in einem Abstellraum versteckt und sahen, wie Salvatore mit Rose an uns vorbeilief. Er ging zu seinen Geschwistern in den Raum und fragte breit lächelnd: "Darf ich das Baby noch länger behalten?" Mit hochgezogener Augenbraue und gespitzten Lippen antwortete Lady D: "Nein, bring sie zu Donna. Sie weiß, was sie damit macht und dann komm in die Kapelle." Sie richtete sich an Heisenberg: "Dort wird sich Mutter Miranda dann um dieses Kind kümmern." Traurig nickte der tapsige Fischmensch und watschelte aus dem Raum heraus. Fest in den Händen hielt er meine Nichte und lief mit flottem Schritt an uns vorbei. Wir ihm unauffällig hinterher. Besorgt schaute ich kurz zurück zu Karl, der von Alcina und ihren Töchtern gefesselt und dann aus dem Fenster geflogen wurde. Gehetzt zog mich mein Bruder hinter sich her und brabbelte: "Vergiss den Spinner! Du hast was Besseres verdient!"

Später folgten wir Lord Moreau durch das halbe Dorf bis hin zum Haus der Benevientos. Geräuschlos beobachteten wir den Fischmutanten, wie er an die Haustür klopfte und von Donna hereingelassen wurde. Mein Bruder schnappte sich eine Axt, die an ein Gartenhäuschen gelehnt stand und schlich ohne zu warten zum Haus. Gewalttätig schlug er die Tür ein und drang ein. Vor Schreck sprang Moreau seiner Schwester in die Arme und starrte auf den schnaufenden Ethan. "Gebt mir meine Tochter, ihr Monster!", bellte er aggressiv und holte bedrohlich mit der Axt aus. Voller Tatendrang nahm ich ihm von hinter die Waffe aus den Händen und sprach: "Das können wir auch anders lösen, Bruder." "Wie? Diese Monster..." "Monster? Das waren einmal ganz normale Menschen. Du kannst sie nicht töten, nur weil du nicht das innere ihrer Person kennst...Nur weil du Angst hast", unterbrach ich ihn und stellte die Axt neben den Kamin im Wohnzimmer. Zu Tränen gerührt kam Donna zu uns und sagte: "Dass du das in uns siehst, habe ich nicht gedacht. Du scheinst mehr Herz in dir zu haben, als Mutter Miranda erwähnte und aus diesem Grund sollten wir uns mal zusammen setzen. Und dieses Mal nehme ich keinen Tee von Heisenberg an." Sprachlos fiel mir meine Kinnlatte runter und ich stotterte ungläubig: "H...Heisenberg war das? Ich dachte, es wäre Lady Dimitrescue gewesen." "Nein, sie war lediglich diejenige, die dich letzten Endes abgeholt hat, da Karl nie aufgetaucht ist. Scheinbar hatte er das auch nicht vorgehabt. Möglichrweise wollte er dafür sorgen, dass du eben denkst, dass Alcina das war, damit du aus dem Dorf verschwindest...Er hätte alles für dich getan", erklärte Lady Beneviento und verschränkte die Arme vor dem Körper. Ethan schüttelte verwirrt den Kopf und fragte, während er Moreau Rose abnahm: "Warum zum Teufel vertraut ihr uns? Es ist ja nicht so, als solltet ihr einfach so den Feinden eurer geliebten Mutter Miranda vertrauen." Bevor Donna antworten konnte, tapste Salvatore lieblich grinsend zu uns und zog an Ethans Ärmel. In seiner linken Hand hielt Moreau etwas und so streckte mein Bruder ebenfalls den Arm aus. Irritiert nahm Ethan das Etwas an und zeigte mir den rosanen Schnuller seiner Tochter. "Danke", hauchte er erstaunt und sah Salvatore hinterher, der sich zurück neben Lady Beneviento hockte. Daraufhin gestand sie: "Um auf deine Frage zurückzukommen. Nie im Leben hätten wir dir vertraut. In keinster Weise." Donna wandte sich zu mir um und fuhr fort: "Kurz nachdem meine Schwester Lady Dimitrescue dich mitgenommen und im Schloss eingesperrt hatte, kam Karl die Haustür hinein gestürmt. Aufgeregt fuchtelte er mit den Armen und schlug sich schluss endlich mit der Hand ins Gesicht. Eine Sekunde später war er ruhiger und erzählte uns, dass er Lady D mit dir gesehen hatte. Heisenberg war so aufgelöst, sodass ich sogleich eine Packung Taschentüchter holte. Doch die brauchte er nicht. Ohne jegliche Erklärung verkündete er, dass er dich retten, seine Versprechung einlösen und deine Familie retten helfen würde. Dazu meinte Karl, dass wir dir vertrauen können. Danach haben wir ihn nicht mehr gesehen." Selbst Ethan konnte man die Tränen in den Augen ansehen. Gesammelt posaunte er frei heraus: "Und jetzt? Wie konnte ich nur?! Karl im Schloss nicht zur Hilfe kommen!? Ich war so ein Dummkopf!" "Ihr hättet ihm nicht helfen können. Alcina wäre dazu bereit gewesen euch aufzuschlitzen. Verschwindet einfach aus dem Dorf. Damit würdet ihr Heisenberg mehr helfen", bat uns Donna sanft und zeigte auf die Tür. Ich schüttelte den Kopf und rannte heraus. Mein Bruder mir hinterher. "Was soll das, (Y/N)? Was hast du nun vor?" "Kennst du dieses Gefühl, wenn du dir einfach nicht sicher bist, ob das, was du vor hast, dumm und naiv ist? So ein Gefühl habe ich jetzt gerade und um ehrlich zu sein will ich Karl helfen. Mutter Miranda wird ihn wahrscheinlich wegen Verrats hinrichten." "Liebst du ihn?", fragte er trocken und schaukelte Rose sachte hin und her. Schwer atmend verneinte ich und antwortete: "Das tut nichts zur Sache. Ich will ihn nur da raus holen." "Gut, aber dann komme ich mit dir!", bestätigte mir Ethan.

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