8 | Der frühe Vogel kocht den Kaffee

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Das Piepen des Weckers riss mich am nächsten Morgen etwas unsanft aus meinem Schlaf. Mit halb geöffneten Augen suchte ich den Knopf, der das lästige Geräusch schließlich zum Schweigen brachte. Für ein paar weitere Minuten kuschelte ich mich tiefer in meine Bettdecke und versuchte mich an den Traum zu erinnern, aus dem mich das penetrante Piepen gerissen hatte. Es gelang mir nicht.

In der Wohnung war es noch still, da Melle und Freddie noch zu schlafen schienen. Auf leisen Sohlen schlich ich zur Küche und begann Kaffee zu kochen. Die Sonne war schon über den Dächern aufgegangen und hüllte die Umgebung in ein warmes rotes Licht. Ich öffnete die Fenster und ließ eine frische Brise in die Wohnung hineinströmen. Geräusche von Verkehr und Vogelgezwitscher, drangen zu mir hinauf und ich atmete tief ein. Kurz schloss ich die Augen und versuchte dieses friedliche morgendliche Gefühl in mir aufzunehmen.

„Schon wach?", murmelte Freddie, der auf einmal in die Küche getreten war und sich nun ausgiebig und geräuschvoll reckte. Er kam wohl geradewegs aus seinem Bett, denn er trug nur Boxershorts und ein T-Shirt, das beim Recken hochrutschte und für einen kurzen Augenblick den Blick auf Freddies braungebrannten Bauch freigab.

„Du weißt doch, der frühe Vogel kocht den Kaffee", witzelte ich und überprüfte, ob die Kaffeemaschine schon durchgelaufen war. Gähnend angelte Freddie zwei Becher aus dem Regal und stellte Milch und Zucker auf den Tisch.

Ich schenkte uns beiden einen Kaffee ein und setzte mich gegenüber von ihm auf einen Stuhl. Seine Arme hatte Freddie auf dem Küchentisch aufgestützt und hielt damit seinen Kopf fest, während er schlaftrunken mit einem Auge in die Sonne blinzelte.

„Tschiep", hörte ich Freddie leise zwitschern und musste lächeln. Als er aus seiner Schlafstarre aufsah, grinste er mich schelmisch an und griff nach seinem Becher.

„Interessanter Abend, gestern", sagte er wie beiläufig und nippte vorsichtig an seinem Kaffee.

„Interessant?", wiederholte ich, nicht sicher, ob das die passende Beschreibung für den Abend war.

„Nett?", schlug Freddie etwas unsicher vor.

„Nett?" Beleidigt zog ich eine Augenbraue hoch.

„Schön?", fragte Freddie versöhnlich und sah mich dabei fast liebevoll an.

„Aufregend?", schlug ich vorsichtig vor und spürte, wie meine Füße anfingen zu kribbeln, als ich auf eine Antwort wartete. Ein leises Lächeln huschte über Freddies Gesicht, doch ehe er antworten konnte, unterbrach Melle unser Gespräch, als sie in die Küche kam.

„Ihr habt sie doch nicht mehr alle, so früh aufzustehen und mir meinen Schönheitsschlaf zu rauben", motzte sie und stemmte in übertriebener Weise ihre Hände in die Hüfte. Auch Melle hatte noch immer ihre Schlafklamotten an und setzte sich schließlich an den Tisch, nachdem wir uns kleinlaut entschuldigt hatten.

„Wo ist der Kaffee?", fragte sie etwas besser gelaunt und stellte einen weiteren Becher auf den Küchentisch.

„Von wegen Schönheitsschlaf", murmelte Freddie leise. „Das bringt doch auch nichts mehr", stichelte er und grinste mir zu. Ich schmunzelte zurück. Doch wäre es mir lieber gewesen, wenn Melle nur ein paar Sekunden später aufgetaucht wäre und ich stattdessen eine Antwort von Freddie bekommen hätte. Nun war ich es, der zu viel preisgegeben hatte und nicht mehr zurückkonnte.

Mit einigen großen Schlucken leerte ich meinen Kaffee und ging ins Badezimmer, um zu duschen und Zähne zu putzen. Ich hatte keine Lust in einen exzentrischen Streit zwischen Melle und Freddie verwickelt zu werden. Denn so lieb ich die beiden auch hatte, sie schienen es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, sich ihre Zuneigung zueinander in Sticheleien und Streitereien auszudrücken, was mir morgens einfach noch zu anstrengend war.

Als ich wieder in die Küche kam, kochten bereits Eier auf dem Herd und Freddie kam mit einer Tüte Brötchen zur Tür herein

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Als ich wieder in die Küche kam, kochten bereits Eier auf dem Herd und Freddie kam mit einer Tüte Brötchen zur Tür herein.

„Melle?", schrie er durch die halbe Wohnung. „Wie lange kochen die Eier schon?"

„Fünf Minuten!", schrie sie durch die Badezimmertür zurück.

„Müsst ihr euch denn immer anschreien?", grinste ich Freddie an. Der nickte enthusiastisch und begann mit einem Löffel in dem Topf herumzurühren. Nach dem ersten Kaffee war er wieder ganz der Alte und aufgedreht wie immer.

„Und jetzt?", schrie er an Melle gewandt und veranlasste sie mit tropfend nassen Haaren und nur mit einem Handtuch umwickelt aus dem Badezimmer zu kommen.

„Hier steht eine Eieruhr!", fuhr sie Freddie an und griff nach der roten Paprika, die noch drei Minuten anzeigte. „Kannst du das sehen? Drei Minuten, verdammt!", schrie sie und fuchtelte mit der Uhr direkt vor Freddies Nase herum. Sie schien tatsächlich bald die Nerven zu verlieren.

„Du musst ja nicht gleich so schreien", sagte Freddie beinahe leise und betont gelassen.

„Argh", schnaufte Melle und stampfte wütend in ihr Zimmer.

Freddie grinste breit, als er die nassen Flecken auf dem Küchenboden betrachtete. Ich schüttelte amüsiert den Kopf.

„Verscherz es dir nicht mit ihr", mahnte ich ihn.

„Wieso", grinste er gut gelaunt, während er kaltes Wasser in eine Schale füllte. „Ich darf doch jetzt bei dir fernsehen."

Blue Birds - Short StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt