6 | Frech und Frei - Was ist schon dabei?

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Auf dem Balkon standen bereits ein paar Leute. Wir warteten, bis sich ein paar von ihnen wieder in die Wohnung begeben hatten. Freddie baute uns einen Joint und roch an ihm, als er fertig war.

„Herrlicher Duft der Freiheit", sagte er übertrieben und sog den süßen Duft ein.

„Komm schon", sagte ich ungeduldig. „Oder soll ich ihn anmachen?"

„Schon gut, du Junkie", frotzelte er und suchte nach seinem Feuerzeug. Ich zückte meines und hielt ihm die Flamme hin.

Er nahm den Joint in den Mund und schirmte ihn vor der kalten Luft ab. Als seine Hände meine berührten, ließ ich versehentlich das Feuerzeug ausgehen. Sofort zündete ich es erneut und er senkte seinen Kopf über meine Hände. Genüsslich nahm er den ersten Zug und ich sah den Joint verführerisch glühen.

Freddie legte seinen Kopf in den Nacken und inhalierte den süßen Duft des Grases. Langsam ließ er den Rauch durch Mund und Nase entweichen. Zufrieden lächelnd hielt er ihn mir vor die Nase. Ich nahm ihn und zog den süßen Rauch ein. Als ich ihn wieder entweichen ließ, sah ich Freddie zufrieden grinsen. Er nahm meine Hand und entwendete mir den Joint. Gierig sog er den Rauch ein und schloss genüsslich die Augen.

Seine Gesichtszüge wurden immer weicher und er schien sich zu entspannen. Als er sie wieder öffnete, war bereits ein glasiger Blick in seine Augen getreten. Bereits nach dem zweiten Zug spürte auch ich, wie meine Beine weicher wurden und ich die Welt um mich herum vergaß. Ich schloss die Augen und atmete die kalte Herbstluft ein. Ein Hauch von Kaminduft und Tannennadeln lag in der Luft.

Mein Geruchssinn war geschärft und ich nahm schon wieder den Duft war, der von Freddies Haaren ausging. Er umspielte leicht meine Nase und mischte sich mit dem süßlichen Rauch des Grases. Ich nahm noch einen Zug und überließ Freddie den Rest. Er vertrug davon viel mehr als ich, da er eh ab und zu rauchte.

„Wollen wir wieder rein?", fragte ich nach einer Weile und Freddie nickte. Langsam und bedächtig, betraten wir das Wohnzimmer, in dem es schon ziemlich voll geworden war. Ich folgte Freddie zu einem kleineren Raum, in dem auch Melle und George mit ein paar Freunden saßen. Als Melle uns anblickte, musste ich unwillkürlich kichern. Sie hatte manchmal so einen vorwurfsvollen Blick drauf, der von meinen Eltern stammen konnte.

„Gar nichts!", antwortete ich auf ihre ungestellte Frage und duckte mich hinter Freddie. Der grinste ebenfalls, konnte sich aber noch ganz gut beherrschen.

„War ja klar, dass ihr beiden nicht warten konntet, bis wir zuhause sind", meckerte sie.

„Ich glaube, sie ist sauer", flüsterte ich in Freddies Ohr und legte meine Hände auf seine Schultern, um nicht umzufallen.

„Ich glaube, sie kann uns hören", flüsterte Freddie zurück und kicherte.

Melle verdrehte die Augen, doch lächelte uns an. „Wenn ihr hierbleiben wollt, müsst ihr auch mitspielen!", sagte ein hübsches Mädchen und erst jetzt erkannte ich, dass in diesem Zimmer Flaschendrehen gespielt wurde.

„Oh, wie geil", kicherte Freddie. „Das habe ich das letzte Mal in der neunten Klasse gespielt", freute er sich. Sofort saß er auf dem Boden und packte meinen Arm. „Hinsetzten, Ben", befahl er. „Wir spielen jetzt Flaschendrehen!"

Ich spürte, wie alle im Zimmer uns ansahen und die Mädchen, die bis dahin in der Überzahl gewesen waren, sich freuten, dass nun zwei attraktive Jungen mitspielten. Das Licht im Raum war gedimmt und im Hintergrund lief leise Musik. Ich ließ mich neben Freddie auf ein Kissen sinken und sah in die Runde.

Mir gegenüber entdeckte ich das Mädchen, das ich zuvor schon in der Küche getroffen hatte. Ich nickte Steffie grinsend zu und beobachtete dann, wie ein anderes Mädchen nach der leeren Weinflasche griff und sie drehte. Die Flasche kam zum Stillstand und zeigte auf George, der breit zu grinsen begann.

„Schon wieder?", maulte Melle, die anscheinend vorher ausgewählt worden war, jemanden zu küssen.

„Ich kann ja nichts dafür", verteidigte sich George, immer noch grinsend und zog Melle zu sich heran. „Du willst es doch auch", flüsterte er amüsiert und drückte ihr einen Kuss auf den Mund.

„War das etwa schon alles?", hörte ich Freddie neben mir kichern. „Soll das etwa ein Kuss gewesen sein?", fragte er ungläubig in die Runde.

„Na dann zeig du doch mal, wie ein anständiger Kuss mit jemandem Fremden funktioniert, du Angeber!", setzte Melle beleidigt entgegen und begann mit viel Schwung die Flasche zu drehen.

Ich sah zu, wie die Flasche sich ein paar Mal um ihre eigene Achse drehte und schließlich zum Stehen kam. Sie zeigte geradewegs auf mich. Noch ehe ich richtig verstanden hatte, was vor sich ging, begannen die anderen in der Runde laut zu lachen.

„Das geschieht dir nur recht", kicherte Melle und kramte ihr Handy aus der Tasche. „Na los, Freddie! Zeig uns, wie man richtig küsst!"

Blue Birds - Short StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt