Amy

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Nico führte mich zurück in die Haupthalle und die imposante Treppe hinauf in den zweiten Stock. Wir liefen durch etliche Gänge bis Nico vor einer schlichten Holztüre mit der Nummer 10 darauf stehen blieb.

„Hier ist dein Zimmer. Ich lasse dich einmal allein, dann kannst du dich ausruhen. Ich hole dich um acht zum Essen ab. Passt das?"

„Und wo gehst du hin?", fragte ich leicht panisch. Er konnte mich hier nicht allein lassen.

„Ich gehe auch auf mein Zimmer", sagte er leicht amüsiert. „Und statte dann meiner werten Schwester noch einen kurzen Besuch ab. Aber wenn du etwas brauchst, lass dich einfach von irgendjemandem zu meinen Gemächern führen." Ich nickte.

„Dann ist gut, dankeschön. Bis dann." Nico winkte mir zu und setzte dann seinen Weg durch die Gänge fort. Ich öffnete die Tür und betrat das Zimmer. Es war nicht groß, aber geschmackvoll eingerichtet. Ein großes Fenster, ein kleiner Schreibtisch, eine Sitzecke und ein großes Himmelbett. Alles aus dunklem Holz. Eine Tür führte vom Hauptraum in ein kleines Bad. Es duftete angenehm nach Zitronenmöbelpolitur. Ich warf meinen Rucksack auf das große Bett, fischte meinen Kulturbeutel heraus und ging ins Bad, um mich frisch zu machen. Danach lag ich gelangweilt auf dem bequemen Bett und bedauerte, dass dieses Zimmer keinen Fernseher hatte. Als ich auf die Standuhr in der Ecke schaute, war es erst fünf Uhr. Das waren noch drei Stunden bis Nico mich abholen würde. Da ich nicht genau wusste, wo ich hindurfte oder was ich tun sollte, beschloss ich Nico einen Besuch abzustatten. Ich rappelte mich auf, warf schnell einen prüfenden Blick in den Spiegel und band meine schwarzen Locken zu einem Pferdeschwanz. Da ich nun halbwegs vorzeigbar aussah, trat ich in den Gang hinaus. Glücklicherweise lief gerade ein Engel vorbei.

„Entschuldigen Sie?" Der Engel wandte sich zu mir. „Könnten Sie mich bitte zu Nicos Zimmer führen?" Der Engel, den ich für einen Bediensteten hielt, schaute mich verwundert an. Vielleicht gar kein Bediensteter? Oder hatte ich ... Ups! Jetzt wusste ich, was ich vergessen hatte. Ich hätte vielleicht nicht einfach Nico sagen sollen, so ganz ohne Titel. Immerhin war er ein Prinz.

„Ich meinte zu den Gemächern des Prinzen", stammelte ich peinlich berührt. Jetzt grinste der Engel verhalten.

„Natürlich. Folgen Sie mir bitte", sagte er freundlich und führte mich den Gang hinunter. Einige Gänge und Treppen weiter blieb er vor einer Holztüre stehen. Zwei Wachen waren in dem Gang positioniert.

„Die Gemächer des Prinzen", sagte er und klang dabei recht belustigt. Wieder überzog leichte Röte meine Wangen.

„Danke, dass Sie mich hergeführt haben", sagte ich. Er nickte mir noch einmal zu und setze dann seinen Weg fort. „Darf ich zu Ni ... ich meine zu Prinz Nico?", fragte ich die Wachen bedacht darauf, nicht den gleichen Fehler ein zweites Mal zu machen. Sie nickten und einer von ihnen klopfte gegen die Türe.

„Ja?", rief Nicos melodiöse Stimme.

„Sie haben Besuch, Eure Hoheit", sagte die Wache.

„Dann lass ihn bitte herein", befahl seine Stimme. Die Wache öffnete die Türe und winkte mich hinein. Ich trat durch die Tür in Nicos Zimmer. Wobei eigentlich waren es vier Zimmer: Eine kleine Eingangshalle, eine geschlossene Türe, die mit Bad beschriftet war, eine offenstehende Türe, die in ein geschmackvoll eingerichtetes Wohnzimmer führte und eine weitere offene Türe, die zu einem Schlafzimmer führte. Als ich vorsichtig durch die letzte Tür spähte, sah ich Nico, der auf einem großen Himmelbett lag und las. Ich blieb stehen und wollte mich gerade bemerkbar machen, da er noch nicht von seiner Lektüre aufgeschaut hatte, als Nico den Kopf hob.

„Amy", begrüßte er mich erstaunt.

„Hallo", sagte ich verlegen. Nico legte das Buch auf sein Nachtkästchen und erhob sich geschmeidig von seinem Bett. „Was führt dich hier her?", fragte er, als er vor mir stehen blieb.

Black WingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt