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Ich hatte keine Verbindung aufbauen können. Wütend trat ich gegen die Reifen des demolierten Autos und fluchte leise. Meine Schläfe und meine Schulter schmerzten und ich hatte Durst. „Yara?", fragte Thomas etwas panisch. Ich drehte mich um. „Da ist jemand!" Ich packte ihn am Arm und zog ihn ins Gebüsch. „Los, weiter. Wir müssen eine Straße finden und dann den nächsten Ort erreichen. Das ist unsere einzige Chance!" Vorsichtig bahnten wir uns den Weg durch den Wald. „Weißt du wo wir langlaufen?", fragte Thomas nach einiger Zeit. „Wir bewegen uns parallel zur Straße", antwortete ich. „Wäre es nicht einfacher auf der Straße zu laufen?" „Natürlich. Aber auch gefährlicher." Plötzlich hörten wir Stimmen. Abrupt blieb ich stehen. „Verdammt, findet sie! Wir können uns nicht erlauben, dass sie plaudern!", rief eine tiefe Stimme. „Scheiße!", zischte ich und drückte mich in ein Gebüsch. „Hier lang!" Ich zog Thomas hinter mir her in Richtung der Straße. Vielleicht konnten wir per Anhalter zur nächsten Stadt fahren. Ich wollte grade aufatmen, da prallte ich gegen einen Körper. „Hey, was...?" Ein Mann drehte sich zu mir um. „Hab ich euch!" Er entsicherte seine Waffe und richtete sie auf mich. Blitzschnell duckte ich mich und sprang ihn an. Wir gingen zu Boden und ein Schuss löste sich. Die Kugel prallte in einen Baumstamm. Die Faust des Angreifers traf mich hart im Magen. Ich rollte herum und packte Kinn und Kopf. Dann verdrehte ich seinen Kopf hart. Ich hörte Thomas aufkeuchen, als es knackte und der Körper des Mannes leblos zusammensackte. „Warum hast du ihn getötet?", fragte er entsetzt und fassungslos. „Wir oder er?", fragte ich verbissen und schnappte mir die Waffe. „Weiter jetzt!" Natürlich ließ es mich auch nicht kalt, dass ich grade jemandem das Leben genommen hatte aber dazu war ich ausgebildet geworden. Das war mein Job. Als wir auf die Straße kamen versteckte ich die Waffe unter meiner Jacke. „In welche Richtung?", fragte er ratlos. Ich richtete mich nach links. Am Rand der Straße rannten wir hoffentlich in Richtung einer Stadt. Ich hatte fast die Hoffnung aufgegeben, noch auf ein Auto zu treffen aber schließlich hörten wir doch ein Brummen. Ich stellte mich mitten auf die Straße und winkte. Ein grüner Landrover kam auf mich zu und bremste. Misstrauisch war ich jederzeit dazu bereit die Waffe zu ziehen, falls es sich um einen der Terroristen handelte. „Können sie uns mitnehmen in die nächste Stadt?", fragte ich als das Auto zum Stehen kam. „Natürlich, springt rein!" Die Frau deutete auf die Ladefläche des Autos und ich half Thomas hinein, dann kletterte ich selbst hinauf. Jetzt, wo es fast so schien, als ob alles gut gehen würde, spürte ich die Erschöpfung ganz deutlich. „Sind wir jetzt gerettet?", fragte Thomas leise. Ich zuckte mit den Schultern. „Sehen wir gleich." Und aufs Stichwort ging ein Kugelhagel auf den Truck nieder und erschoss die Frau. Der Truck geriet ins Schleudern und ich packte Thomas. „Halt dich verdammt noch mal fest!", schrie ich. Panisch sah er mich an. Ich sprang von der Ladefläche und klammerte mich ans Autodach. „Yara!", schrie Thomas aber ich antwortete nicht. Das Auto war langsamer geworden, jedoch schien der Fuß der Frau noch immer auf dem Gaspedal zu liegen. Mehrfach schlug ich gewaltsam gegen die Fensterscheibe bis sie brach. Glassplitter bohrten sich in meine Hand und ich spürte das Blut meine Hand entlanglaufen. Ich biss die Zähne zusammen und zwängte mich in den Fahrerraum. Die Reste der Scheibe schrammten schmerzvoll an mir entlang und zerrissen mein T-Shirt. Scheiße freute ich mich auf eine warme Dusche. Verbissen stieß ich die Frau auf den Beifahrersitz und riss das Lenkrad um bevor wir in den Wald fuhren. Eine Kugel hatte sie an der Schläfe getroffen. Sie war sofort tot gewesen. Ich packte ihr Bein, das zwischen Mittelkonsole und Sitz klemmte und drehte es zur Seite, bis ich an die Pedale drankam. Dann gab ich Gas. Ich drückte mich in meinen Sitz als weitere Kugeln an mir vorbei sausten und sich in die Windschutzscheibe bohrten. Ich sah in den demolierten Außenspiegel und entdeckte zwei Jeeps hinter uns. Sie kamen immer näher. Ich drückte das Gaspedal durch und schrie:„ Thomas, bist du noch da?" „Ja aber nicht mehr lange!" Ich drehte mich kurz um und sah, dass er sich kaum noch halten konnte, er würde jeden Moment von der Ladefläche geschleudert werden. „Ich warne dich, lass ja nicht los!", rief ich noch, dann sah ich das Straßenschild am Rand. Noch 1 Meile bis zur nächsten Stadt. Ich hätte vor Erleichterung heulen können, als ich den Helikopter sah. Sind wir denn so wichtig, als dass sie jetzt schon den Helikopter schicken? Plötzlich knallte es und der Truck sackte zur rechten Seite ab. Hatten diese Idioten uns schon wieder einen Reifen durchgeschossen?! Glücklicherweise fuhr das Auto immer noch. Doch der Helikopter landete 100m vor uns auf der Straße und zwang mich zu einem abrupten Stopp. Thomas wurde gegen die Scheibe geschleudert, die den Fahrerraum mit der Ladefläche verband. „Bist du okay?", rief ich. Er nickte. Ich sprang aus dem Auto und hob die Waffe um auf die Leute zu zielen, die aus dem Helikopter sprangen, als ich nach vorne geschleudert wurde. „Yara!", schrie Thomas. Ich spürte Blut meinen Rücken hinunterlaufen, doch ich drehte mich um. Thomas drückte sich gegen die Seite des Trucks und war völlig ungeschützt. Ich spürte, wie mir schwarz vor Augen wurde, doch ich zerrte ihn hoch und schützte ihn. Dann drehte sich die Welt um mich und ich schlug hart auf dem Asphalt auf. Und dann fiel ich in ein tiefes, schwarzes Loch. Das Letzte, das ich dachte war, dass ich versagt hatte. Ich würde sterben und Thomas würde zurück zu den Terroristen gehen. Ich spürte wie ich hochgehoben wurde. Dann ertönten von vorne und von hinten Schüsse. Schließlich hörte ich gar nichts mehr. Alles wurde still und schwarz.

Ein Bodyguard mit FolgenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt