17. Zerbrechlich wie eine Blume, Waffen für einen Jäger und Matt
„Was wollen sie von mir?", fragte Ruby, doch ihre Stimme zitterte und ihre Augen standen voller Tränen, also nur ein halb so selbstbewusstes Auftreten wie es ursprünglich geplant war.
„Ach, bist du dir sicher, dass ich nicht nur etwas zu essen und ein bisschen reden will?" Er verzog das Gesicht zu einem spöttischen Lächeln und Ruby hatte ihren Mut schon an dem Punkt aufgebraucht, als sie die erste Frage gestellt hatte. Etwas enttäuscht, dass sie nicht antwortete verzog Cedric das Gesicht. „Natürlich hast du Recht, das wäre wohl zu schön um wahr zu sein.", er lachte über seinen eigenen Kommentar und warf das rosafarbene Gebäck mit einer schnellen Bewegung aus dem Handgelenk über seinen Schulter. Rubys Blick blieb die ganze Zeit auf der Leckerei liegen, die nun hinten zwischen ein paar Zweigen im Dreck, unfähig den Blick auf den Mann, der vor ihr empor ragte, zu richten. „Ich möchte in der Tat etwas von dir." Sie hörte wie er näher kam, auch wenn das nicht nötig war den Sekunden später konnte sie seinen Atem auf ihrer Wange spüren. Sie atmete lang und zitternd aus und eine Träne lief ihr über das Gesicht. Dann sah sie ihm in die Augen. Am liebsten hätte sie sofort wieder weggesehen, aus Angst ihn zu verärgern, aber sie zwang sich dazu weiterzumachen, sie wollte keine Angst mehr haben und sie wollte endlich, dass das alles ein Ende hatte. „Und das wäre?", sagte sie und das Zittern in ihrer Stimme war kaum mehr zu hören. Die eine Hand hatte sie immer noch auf den Waldboden gestützt, mit der anderen wischte sie sich nun energisch die eine Träne von der Wange, wobei sie eine leichte Spur Erde auf ihrer Haut hinterließ. Cedric grinste breit und richtete sich wieder auf, sodass er erneut auf sie hinabsehen konnte. „Deinen gespielten Mut kannst du dir sparen, das ist genau das was ich nicht von dir will." Trotz seinen Worten, versuchte sich Ruby nichts anmerken zu lassen. „Gut, dann sagen sie doch endlich was sie wollen."
„Ich will, dass du genau so feige warst wie bisher, darin bist du doch am besten. Darin dich vor Gefahr fernzuhalten und Leute im Stich zu lassen, nicht wahr Kleines. Du weißt, was ich mit dir mache wenn du nur daran denkst die Polizei einzuschalten, ich bin nur nochmal hier um dich daran zu erinnern, dass das ganz und gar nicht gut für dich ausgehen wird. Ich verlass mich auf deine Angst. Wenn du deinem schlechtem Gewissen nachgibst wirst du das bereuen, schneller als du denkst." Da waren sie wieder, die ihr wohlbekannten Tränen. Sie konnte einfach nichts dagegen tun, eine nach der anderen rannen sie ihr übers Gesicht und tropften ihr auf die Jeans an den angezogenen Knien. Und schließlich nachdem die gefühlt tausendste Träne gefallen war nickte sie und Cedric lächelte wieder breit, was ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Dann ging er langsam zu einem der Bäume an denen weitere von den kleinen weißen Blumen blühten und riss eine von ihnen aus. „Siehst du dieses kleine, zarte Blümchen?", Sie nickte langsam, „Nun, sieh es als Symbol. Vielleicht überleben die Blumen den Schnee und vielleicht denkst du, dass das Stärke ist." Das Schneeglöckchen lag auf seiner großen Handfläche und plötzlich wie aus dem Nichts, schloss er seine Finger um die kleine Pflanze und zerdrückte sie vor ihren Augen. „Aber egal wie stark du denkst das sie ist. Sie hat keine Chance gegen etwas stärkeres und genauso wenig hast du oder einer deiner Freunde eine gegen mich. Also überlege dir besser gut, ob du etwas unternimmst oder du endest so wie diese Blume." Mit diesen letzten Worten ließ er das Schneeglöckchen vor Rubys Füßen fallen, drehte sich um und ging. Sie sah nicht ob er schon weg war oder nicht, denn alles worauf sie achten konnte war die kleine, zarte Blume zu ihren Füßen und sie konnte in dem Moment nicht anders als daran zu denken, dass sie sie vielleicht doch nicht an Yuki erinnerte. Als sie sah wie zerbrechlich die Blume in Wirklichkeit war erinnerte sie sie eher an sie selbst.
***
„Wach auf.", sagte Hunter ungeduldig und rüttelte den Jungen an der Schulter. Es war schon fast zwölf Uhr Mittags und Alex schlief immer noch. Er dagegen, war schon wach gewesen, als der erste Sonnenstrahl durch das Fenster geschienen hatte. Er hatte eine Weile nachgedacht und war schließlich zu dem Schluss gekommen, dass er in seine und die Wohnung seines Vaters musste, bevor er auch nur irgendetwas wegen Yuki unternahm. Doch er hatte nicht unbedingt Lust auf seinen Vater treffen, deswegen sollte er ein paar Vorkehrungen treffen. Er hatte zwar immer noch keine Ahnung wie er Yuki helfen sollte, aber eins hatte er in den paar Tagen gelernt: Er war ziemlich mies im Pläne schmieden. Er seufzte und schüttelte den schmalen Körper des Jungens erneut, dessen Schnarchen ihn den gesamten Vormittag noch mehr beim Denken gehindert hatte, als seine Anwesenheit und Hunters Unfähigkeit es sonst taten. Doch endlich schlug Alex seine Augen auf und gähnte demonstrativ. Als er erkannte, wer ihn geweckt hatte verzog er abwartend das Gesicht. „Nein, bevor du fragst, ich habe immer noch keinen Plan." Alex zog sich die Decke über den Kopf und man konnte ihn gedämpft durch den Stoff fragen hören, warum er ihn dann geweckt hätte. „Ich muss etwas erledigen, ich lass dich hier nicht allein, ich hab keine Lust, dass dir etwas zustößt und ich mich dann mit deinen Eltern und Brüdern anlegen muss, das sind mir viel zu viele." Alex schlug die Decke wieder weg und sah Hunter mit großen Augen an. „Hilft, dass was du erledigen musst, der Mission?"