18. Ein ungewolltes Date, Angst, Egoismus und Spion Alex

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18. Ein ungewolltes Date, Angst, Egoismus und Spion Alex


Bevor er nochmal klingeln konnte schnappte ich mir schnell einen Schlüssel, öffnete die Tür und schloss sie hinter mir. Ich konnte spüren, dass er mich ansah, aber ich wagte es nicht zurückzublicken, ich hatte ein schlechtes Gewissen. Meine Mutter hatte immer gesagt, dass das manchmal gut sei, weil das beweisen würde, dass man überhaupt ein Gewissen hätte. Aber ich war mir da nicht so sicher. Ein schlechtes Gewissen hatte man doch nur, wenn man dachte, dass man etwas falsch gemacht hatte und ich hatte anscheinend ziemlich viel falsch gemacht. Ich hätte Matt nicht ignorieren sollen, man sah ja wohin das führte, hier war er doch nur in größerer Gefahr als weit weg von hier. Er räusperte sich, „Ich hab dir Blumen mitgebracht." Ich sah auf und er streckte mir einen hübschen kleinen Strauß hin. Ich hatte nicht einmal gewusst, dass man im Winter Blumen kaufen konnte. Vorsichtig nahm ich die sie entgegen, wobei unsere Hände sich leicht streiften, doch immer noch sah ich ihn nicht an. „Danke", erwiderte ich schwach und sah auf meine Füße, die in hellrosa und pink gestreiften Socken steckten. Ich wollte gerade die peinliche Stille unterbrechen, als sich die Tür hinter uns öffnete. „Matt", hörte ich ihre Stimme und ich schloss die Augen, seinen Namen aus ihrem Mund zu hören machte mir Angst. „Mrs. White", entgegnete er abwesend und ich hob endlich den Blick. Als ich in seine dunkelblauen Augen blickte, bildete sich ein Kloß in meinem Hals, doch ich war nicht in der Lage wieder weg zu sehen. „Möchtest du nicht hereinkommen?", fragte Victoria ihn und er blickte sie verwundert an, als hätte er völlig vergessen, dass sie hier war. „Nein, ich bin ehrlich ehrlich gesagt etwas auf dem Sprung, aber ich wollte Yuki fragen, ob sie nicht heute Abend Zeit hat, wir... wir haben uns länger nicht mehr gesehen und ich wollte mit ihr essen gehen." Er richtete die Frage aber eher an meine Stiefmutter als an mich, vielleicht hatte er Angst, dass ich ihn schon wieder abblitzen lassen würde. Doch das würde ich diesmal so oder so nicht machen müssen, Victoria würde mir niemals erlauben das Haus zu verlassen, sie dachte nur, dass ich weglaufen würde. „Na dann ist es ja perfekt." Verwundert drehte ich mich zu ihr um, „Yuki hat heute den ganzen Tag frei, wie wäre es wenn du sie um 18:30 Uhr abholst?" Langsam verwandelte sich meine Verwunderung in Unglauben, was hatte sie vor? Doch Matt grinste nur breit und verabschiedete sich höflich. Sah wohl so aus, als hätte ich heute ein wirklich ungewolltes Date mit meinem Freund.

Als die Tür hinter Victoria und mir ins Schloss fiel, drehte sie mir den Rücken zu und machte sich daran, wieder in ihr Schlafzimmer zu verschwinden, doch ich packte sie am Arm. „Was sollte dass, du hast gesagt ich soll nicht nach draußen gehen!" Sie drehte sich langsam um und entfernte meine Hand mit angewidertem blick von ihrem Arm. „Ich habe niemals etwas der gleichen gesagt, ich hab dir durch empfohlen wieder wegzulaufen."

„Aber was hindert mich daran es jetzt zu tun?", fragte ich sie provozierend, obwohl ich ihr ansah, dass ich für sie wie ein offenes Buch war. Sie lachte nur, „Oh, ich weiß, dass wirst du nicht tun, du darfst das Haus verlassen wann du willst, du musst es mir nur sagen, sonst könnte ich das vielleicht doch als Flucht sehen und das wird Konsequenzen haben. Was deinen Freund angeht, ich bin mir sicher du hast deinen Entschluss schon gefasst." Ich sah zu Boden. „Gut, dann tu was du tun musst und komm wieder zurück. Wenn du irgendwelche Dummheiten im Kopf hast, streiche sie sie lieber gleich wieder, es wird nicht funktionieren." Ich nickte und sah dann auf, direkt in ihre kalten Augen. „Keine Sorge, ich versichere dir ich hab mich damit abgefunden, alles was du immer wolltest wirst du bekommen." Ich wollte meine Worten erreichen, dass sie sich beruhigte und das hatte ich auch, doch nach ihnen wurden ihre Blick noch kälter, wenn überhaupt möglich. „Dummes, naives Kind." sagte sie an und blickte zur Seite. „Alles was ich immer wollte, ist schon seit vielen Jahren verschwunden."


***


„Grammy? Grammy bist du hier?", rief Ruby in die Stille des Hauses hinein. Doch niemand antwortete, wahrscheinlich war sie oben und schlief über ihrer Strickarbeit, wie sie es in letzter Zeit öfter tat, dachte sie sich und ging in die Küche. Sie sah sich vorsichtig um und griff dann zum Telefon. Mit zittrigen Fingern wählte sie die drei Ziffern. Einige Zeit lang schwebte ihr Finger über der vierten Taste, die die Verbindung herstellen würde. Die Verbindung zur Polizei, die sie schon vor langer Zeit hätte verständigen soll. Sie hätte es einfach wagen sollen. Früher hatte ihre Grandma den sieben Jungs und ihr immer Geschichten erzählt. Während sie Tee oder Kakao getrunken und Plätzchen gegessen hatten, die im Mund zerschmolzen, lauschten sie ihren Geschichten von Helden, von Liebe und Hass, Mut und Angst. Am Ende hatte Grammy ihnen immer eines gesagt. Angst war dazu da sie zu überwinden.

A Kind of FairytaleWhere stories live. Discover now