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Ich hatte die Kraft eines Pferdes bei Längen unterschätzt. Beim Galopp hatte ich Probleme mich auf dem Pferd zu halten. Nach zwei Stunden Ritt wusste ich, dass ich einen starken Muskelkater zu erwarten hatte. „Lasst uns hier eine Pause einlegen.", rief ich den anderen Reitern zu. Nach und nach wurden die Pferde angebunden. „Darf ich Ihnen zur Hand gehen?", hörte ich eine Stimme neben mir. Ich drehte mich zu ihr um und erkannte ihn. Keith Tirit stand vor mir. Auch wenn ich ihn seit etwa zwei Jahren nicht mehr gesehen hatte, so hatte ich ihn doch nicht vergessen. Er hatte lange lockige Haare in der Farbe von Rabenfedern. Seine dunkelgrünen Augen leuchteten und er lächelte mich höflich an. Er war schon früher außergewöhnlich schön gewesen, doch als ich ihn anblickte fragte ich mich wie ein scheinbar niederer Diener ein solches göttliches Geschenk erhalten könnte. Ich nickte ihm kurz zu und er hob mich sachte von meinem Pferd. „Danke.", flüsterte ich kurz und musste gegen die Röte ankämpfen, die in mein Gesicht schoss. Er schien es aber nicht zu bemerken, denn er hatte sich bereits weggedreht und sprach mit einem anderen Diener über was auch immer. Schnell fing ich mich wieder. Ich hatte so gehofft, dass diese Schwärmerei für den Diener meines Vaters über die Zeit abklingen würde. Immerhin war ich ein Mann und noch dazu der Sohn des Königs. Ich würde eines Tages eine Frau heiraten und viele Kinder zeugen. Ich wollte nur wissen ob sich andere Männer auch zu einem anderen Mann hingezogen fühlten. Schon oft hatte ich versucht mir einzureden, dass ich nur Interesse an ihm als Freund hatte und er nun mal außergewöhnlich schön war. Das war etwas, was niemand leugnen konnte oder auch nur versuchte. Meine schmerzende Brust, wenn er fort war und diese Euphorie, wenn er in meiner Nähe war machten mir aber bewusst, dass es anders war. Aber war das normal? Gibt es Menschen, die dasselbe fühlen? Auch wenn es eine Frau ist? War dieses starke Gefühl in meiner Brust normal oder war etwas falsch mit mir? Und wenn dieses Gefühl normal war, wieso fühlte ich es bei ihm und nicht bei einer Dame?

„Ist alles in Ordnung, mein Herr?", fragte er mich. Ich war wohl in Gedanken versunken. Ich schüttelte den Gedanken ab und gab ein kurzes: „Ja. Mir geht es gut.", von mir.

Als Keith während des Mahls neben mir saß konnte ich meine eigenen Gefühle nicht mehr unter Kontrolle halten. Wann immer er zu sprechen begann versuchte ich mein rasendes Herz in Griff zu bekommen, doch leider bemerkte er, dass etwas mit mir nicht stimmte und sah mich mit einem besorgten Blick an. Das Ganze wurde mir einfach zu viel. Ich meine, wieso musste er unbedingt so nah sein? Als sich unsere Hände versehentlich berührten entschied ich mich dazu die Situation nicht noch peinlicher zu machen. Also entschuldigte ich mich kurz bei allen wichtigen Leuten und tat als wäre mir nicht gut.

Ich fühlte mich fürchterlich abstoßend. Ich konnte meine Tränen nicht am Fließen hindern. Immer wieder sah ich das Abgelaufene vor Augen. Keith wie er einfach nur seiner Pflicht nachging und ich wie ich mich verhielt wie ein Besessener. Ich wollte meinen Kopf gegen die Wand schlagen. Hannah hatte vor etwa einer halben Stunde aufgegeben mich zu trösten und las stattdessen ein Buch, worüber war mir im Prinzip egal. Das ich weinte schien sie nicht im Geringsten zu stören. Plötzlich klopfte es an der Tür und ich schreckte zusammen. Hannah legte schnell ein Lesezeichen in die Buchseiten und bewegte sich auf die Tür zu. Vor der Tür fragte sie: „Wer ist da?" „Keith Tirit, Fräulein Hannah. Tarmin ist vorhin so schnell verschwunden und deswegen wollte ich fragen, ob denn bei ihm alles okay ist?" Hannah drehte sich zu mir um und drehte mit einem Augenrollen wieder der Tür zu. „Ja. Keine Sorge. Er fühlte sich nur nach dem Essen ein wenig müde und ging deshalb in sein Zimmer um sich zur Ruhe zu begeben." Es war offensichtlich, dass das gelogen war, aber trotzdem kam bald ein. „Ach so. Dann tut es mir leid gestört zu haben." Er klang irgendwie traurig, wobei das vermutlich Wunschdenken war. Nachdem er wieder gegangen war setzte sich Hannah wieder auf das Bett und sah mich mit einem durchdringenden Blick an. „Was sollen denn diese Kindereien? Findest du das nicht ein bisschen albern?" Als ich nicht antwortete wurde ihr Blick etwas weicher. „Was ist denn los?" Ich überlegte kurz ob ich ihr von meinen Gefühlen erzählen sollte und beschloss es einfach über mich zu bringen. „Du weißt ja sicherlich, dass Keith ein sehr...bemerkenswerter Mann ist." Ich war unsicher, aber ich wusste, dass ich es jetzt aussprechen musste. „Und mir ist in letzter Zeit aufgefallen, wie ich mich irgendwie angezogen fühle von ihm." Ihre Mimik wurde noch weicher und ich dachte erst sie wüsste was ich meinte. „Das ist verständlich. Keith ist sehr stark, sehr intellektuell und eine seltene Schönheit. Es ist nur normal, dass du dich für ihn interessierst. Es würde dir nicht schaden, jemanden wie ihn zum Verbündeten zu haben." Auch wenn sie nicht verstand was ich ihr sagen wollte war ich auch erleichtert. Sie war die Einzige, die mich richtig verstand. Auch wenn sie eine Frau und ich ein Mann war fühlte ich mich bei ihr beschützt. Sie war die beste Schwester, die man sich wünschen könnte.

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