Robin & Maria (Teil 1/2)

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~ Das Bild gehört mir nicht.

„Noch ein Stück, dahinten ist dann ein Hügel. Wir sind fast da."

Maria nickte nur abwesend. Sie war mehr darauf bedacht, nicht über den langen Saum ihres Kleides zu stolpern und nebenbei auf Wrolf zu achten.

Deshalb merkte sie auch nicht, dass eine dunkel gekleidete Gestalt leise von einem Ast heruntersprang, Robin packte und hinter einen dicken Baumstamm zerrte. Maria sah kurz auf ihre Füße. Als sie dann wieder aufblickte, war der große Hund aus ihrer Sicht verschwunden.

„Wrolf?", rief sie laut. „Wrolf!" Von dem getreuen Tier war nichts zu sehen. Verwirrt drehte sie sich zu ihrem Begleiter um.

„Robin, hast du - ", sie brach ab. Robin war weg. Genauso wie Wrolf. Hier konnte etwas nicht stimmen.

Vorsichtig machte sie ein paar Schritte zurück, stapfte über den unebenen Waldweg, den sie eben heruntergekommen waren. „Robin?", fragte sie leise. Wollte er ihr etwa einen Streich spielen? Aber für so etwas hatten sie keine Zeit, es galt, diesen Baum zu finden. Und noch wichtiger, die Perlen bevor sie dem Coir de Noir in die Hände fielen.

Ein beunruhigender Gedanke flatterte in ihr Bewusstsein. Hatte Robin sie womöglich im Stich gelassen? Oder noch schlimmer, sie verraten? Was, wenn die De Noirs hier hinter den Büschen lauerten, um sie ein für alle Mal zu töten?

Sie schluckte hart, ging aber trotzdem weiter. Ein Ast knackte. Die Härchen auf Marias Armen stellten sich auf, und auf einmal schien eine kalte Brise durch den Wald zu wehen. Sie fröstelte. Dennoch wagte es nicht, noch einmal nach ihrem Begleiter zu rufen.

Vorsichtig näherte sie sich der Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Ein dicker Baumstamm. Sie meinte, wage einen großen Schatten dahinter auszumachen. Menschlich möglicherweise?

Maria nahm ihren Mut zusammen und machte ein paar große Schritte um den Baum herum. Dann stieß sie einen schrillen Schrei aus.

„Noch einen weiteren Mucks von dir, Prinzesschen", zischte Dulac, einer der gefürchtetsten Männer des Cours, während er sein langes Messer noch ein wenig stärker gegen Robins Hals drückte, „und ich schlitz ihm die Kehle auf."

Maria sah, wie geweitet Robins Augen im Angesicht der Bedrohung waren. Er hatte Angst. Verdammt nochmal, sein eigener Clan würde ihn umbringen! Sie blieb genau da stehen, wo sie war. Sein Leben sollte nicht auf Grund ihrer Fehlentscheidungen beendet werten.

Dulac grinste. „Brav so." Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf die umstehenden Bäume. „Kommt raus und helft mir!" Mehr und mehr dunkle Gestalten lösten sich aus den Wipfeln und landeten lautlos auf dem weichen Waldboden.

Einer von ihnen packte Maria am Arm. Sie versuchte zwar, sich zu befreien und zerrte kraftvoll, aber es klappte nicht.

Dulac nahm jetzt endlich seine behandschuhte Hand von Robins Mund und über ließ es zwei anderen aus dem Clan, ihn festzuhalten und weiter gegen den Baumstamm zu drücken. Auch der Sohn des Cour de Noirs versuchte sich ihnen zu entwinden, schrie sie aus Wut und Frustration an, aber zu zweit waren auch sie stärker. Die Lage schien aussichtslos. Einer wischte Robin seinen Hut vom Kopf. Er begann, stillzuhalten.

„So und jetzt", erklärte Dulac mit einem zähnefletschenden Lächeln, „warten wir auf deinen Vater."

Maria warf einen besorgten Blick über ihre Schulter, als würde der dunkle Anführer bereits mit gezücktem Messer hinter ihr stehen. Aber da waren nur die Bäume, die leise im Wind rauschten. Sie sah zurück zu Robin und ihre Blicke begegneten sich.

Sie musste sich eingestehen, wie erleichtert sie darüber war, dass das Messer nicht mehr an seiner Kehle saß. Und vor allem war sie glücklich, dass er sie nicht verraten hatte. Dennoch saßen sie jetzt fest und während sie gezwungen waren, zu warten, verstrichen die letzten Stunden des Tages.

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